Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
sein Herz vor Schreck hämmerte wie verrückt. Als er Alby sah, hielt er inne.
Alby schien gar keine Angst zu haben, er wirkte eher … verwirrt. Überrascht. Das Sirenengeheul erfüllte die Luft.
»Was ist los?«, fragte Thomas. Er atmete erleichtert auf, da Alby nicht davon auszugehen schien, dass die Welt gleich untergehen würde – trotzdem war Thomas es leid, ständig Herzrasen zu bekommen.
»Ist ja nicht normal« war das Einzige, was Alby sagte, während er mit zusammengekniffenen Augen über die Lichtung blickte. Wie Thomas merkte, gab es in den Ställen am Bluthaus viele, die suchend und offensichtlich nicht weniger verwirrt um sich blickten. Ein kleiner, magerer Kerl, der voller Schlamm war, schrie zu Alby hinüber.
»Was heißt denn das?«, wollte der Junge wissen, wobei er seltsamerweise in Thomas’ Richtung sah.
»Keine Ahnung«, murmelte Alby geistesabwesend.
Thomas konnte es nicht länger aushalten. »Alby! Was geht hier vor sich?«
»Die Box, du Neppdepp, die Box!«, stieß Alby hervor, als er im Laufschritt, der Thomas leicht panisch vorkam, die Mitte des Hofs ansteuerte.
»Was ist damit?«, wollte Thomas wissen, als er ihm hinterhereilte. Red mit mir! , hätte er am liebsten geschrien.
Aber Alby gab keine Antwort, verlangsamte auch nicht seinen Schritt, und als sie der Box näher kamen, waren Dutzende von Jungen zu sehen, die auf dem Hof herumflitzten. Thomas bemerkte Newt und rief nach ihm, versuchte seine Angst zu unterdrücken und von irgendjemandem eine vernünftige Erklärung zu bekommen.
»Was ist los, Newt?«, schrie er.
Newt sah zu ihm hinüber, nickte und kam inmitten des ganzen Chaos seltsam ruhig auf ihn zu. Er hieb Thomas auf den Rücken. »Heißt, dass wieder ein Frischling in der Box raufkommt.« Er machte eine Pause, als ob Thomas beeindruckt sein müsste. » Jetzt. «
»Ja und?« Als Thomas Newt genauer ansah, merkte er, dass er eigentlich eher verwundert als ruhig wirkte – vielleicht sogar ein wenig aufgeregt.
»Wie, ja und?«, gab Newt zurück, wobei sein Unterkiefer ein wenig herunterklappte. »Wir haben noch nie zwei Neue in einem Monat gekriegt, Frischling, und erst recht nicht zwei Tage hintereinander.«
Und damit rannte er in Richtung Gehöft.
Nach geschlagenen zwei Minuten hörte die Sirene endlich auf zu heulen. In der Mitte des Hofs hatte sich eine Menschentraube rund um die Stahltür versammelt, durch die er erst gestern gekommen war, wie Thomas überrascht feststellte. Gestern?, dachte er . War das wirklich erst gestern?
Jemand berührte ihn am Ellbogen. Chuck war wieder da.
»Und, wie geht’s, wie steht’s, Frischling?«
»Gut«, sagte er, obwohl das nun wirklich gelogen war. Er zeigte auf die Tür über der Box. »Warum flippen die andern aus? Sind wir nicht alle so angekommen?«
Chuck zuckte die Achseln. »Keine Ahnung – ich glaube, es war immer ganz regelmäßig. Einen im Monat, jeden Monat, selber Tag. Vielleicht haben die Schöpfer gemerkt, dass du ein Riesenfehler bist, und haben jemand geschickt, um dich zu ersetzen.« Er kicherte und stieß Thomas mit dem Ellbogen in die Rippen; sein albernes Gegluckse machte ihn Thomas komischerweise sympathischer.
Thomas sah seinen neuen Freund mit einem gespielt genervten Blick an. »Du gehst mir auf den Zeiger. Aber ehrlich.«
»Kann sein, aber wir sind Kumpels, stimmt’s?« Jetzt lachte Chuck richtig, eine Art quietschendes Schnauben.
»Na, ich hab ja keine große Wahl, was?« Aber die Wahrheit war: Er brauchte einen Freund und Chuck war schon in Ordnung.
Der Kleine verschränkte die Arme und wirkte höchst zufrieden. »Gut, dass wir das geklärt haben, Frischling. Ohne Kumpel kommt man hier nicht weit.«
Thomas packte Chuck zum Spaß am Kragen. »Gebongt, Kumpel , aber hör sofort auf mich ›Frischling‹ zu nennen. Ich heiße Thomas. Sonst schmeiß ich dich das Loch runter, wenn die Box wieder weg ist.« Er ließ Chuck los, weil ihm ein Gedanke gekommen war. »Wart mal, habt ihr schon mal –«
»Schon versucht«, unterbrach ihn Chuck, bevor er ausreden konnte.
»Was versucht?«
»Mit der Box zurückzufahren, nachdem sie eine Lieferung gebracht hat«, antwortete Chuck. »Klappt nicht. Das Ding rührt sich nicht von der Stelle, solange es nicht total leer ist.«
Jetzt fiel Thomas wieder ein, dass Alby ihm das bereits erzählt hatte. »Das wusste ich, aber was ist mit –«
»Schon versucht.«
Thomas musste ein Stöhnen unterdrücken – der Typ nervte allmählich.
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