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Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dashner
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Grab stand, das mit einer schmutzigen Scheibe aus Kunststoff oder Glas bedeckt war, die Ränder von Dreck überkrustet. Er spähte hinein, versuchte zu erkennen, was hinter der Scheibe sein mochte, und keuchte, als er es erkannte. Es war ein Fenster – hinter dem die staubigen Überreste eines verrotteten Leichnams lagen.
    Mit einer Gänsehaut am ganzen Körper beugte Thomas sich weiter vor. Es war gruselig, aber er wollte es trotzdem genau sehen. Das Grab war kleiner als normalerweise – nur die obere Hälfte des Toten lag darin! Er dachte an das, was Chuck von dem Jungen erzählt hatte, der sich in dem dunklen Loch abgeseilt hatte, nachdem die Box wieder weg war, und dort von etwas in der Luft entzweigeschnitten worden war. Kaum lesbar waren die Worte in die Scheibe eingeritzt:
    Dieser halbe Strunk soll euch allen eine Warnung sein: Durch den Schacht unter der Box kann man nicht entkommen.  
    Thomas verspürte den seltsamen Drang zum Kichern – es kam ihm einfach zu lächerlich vor, um wahr zu sein. Andererseits fand er sich selbst zum Kotzen, dass er so gefühllos war. Kopfschüttelnd trat er zur Seite, um weitere Namen von Toten zu lesen, als plötzlich ein Zweig knackte, diesmal direkt vor ihm, hinter den Bäumen auf der anderen Seite des Friedhofs.
    Noch ein Knacken. Dann noch eins. Es kam immer näher. Und in der Dunkelheit war nichts zu erkennen.
    »Wer ist da hinten?«, rief er mit zittriger, hohl klingender Stimme – es klang, als ob er in eine dumpfe Röhre sprechen würde. »Jetzt aber echt – das ist nicht lustig.« Er wollte sich nicht eingestehen, dass er eine Heidenangst hatte.
    Statt einer Antwort gab die Person das heimliche Herumgeschleiche auf und fing an zu rennen, krachte durch das Unterholz und umkreiste Thomas. Der stand wie versteinert da, von Panik überwältigt. Der Unbekannte war jetzt nur noch wenige Meter entfernt, wurde immer und immer lauter, bis Thomas den Schatten eines mageren Jungen durch das Gebüsch huschen sah, der mit einem seltsamen Humpeln auf ihn zurannte.
    »Wer zum –?«
    Der Junge krachte durch das Unterholz, bevor Thomas zu Ende sprechen konnte. Er sah nur ein Blitzen leichenblasser Haut und ein riesengroßes Auge – das Spukbild eines Albtraums – und schrie auf, versuchte wegzurennen, aber es war zu spät. Die Gestalt sprang hoch und stürzte sich auf ihn, packte ihn mit erstaunlich kräftigen Händen und riss ihn zu Boden. Im Fallen spürte Thomas ein morsches Grabkreuz, das sich in seinen Rücken bohrte, bevor es entzweibrach und eine lange Schürfwunde in seiner Haut hinterließ.
    Thomas schlug nach dem Angreifer, versuchte ihn abzuschütteln, doch er war nicht zu greifen, eine ständige Bewegung von Haut und Knochen, die auf ihm saß. Es war wie ein Gnom aus einem Nachtmahr, aber Thomas wusste ja, dass es einer der Lichter sein musste, irgendjemand, der den Verstand verloren hatte. Er hörte, wie Zähne aufeinanderklapperten, ein fürchterliches Klack-klack-klack  – dann durchfuhr ihn Schmerz wie ein Schwerthieb, als der Junge ihm die Zähne in die Schulter schlug und zubiss.
    Thomas brüllte laut los, der Schmerz wirkte wie ein Adrenalinstoß auf ihn. Er stieß sich mit beiden Händen von der Brust des Angreifers ab, drückte die Arme durch, bis er die um sich schlagende Gestalt über sich mit seiner ganzen Kraft auf Abstand hielt. Schließlich ließ der Junge los – ein lautes Krachen ertönte, als ein weiteres Grabkreuz dran glauben musste.
    Thomas kroch auf Händen und Knien von ihm weg, er keuchte wie verrückt und konnte endlich einen richtigen Blick auf den wahnsinnigen Angreifer werfen.
    Es war der kranke Junge.
    Es war Ben.

 
     
    Es sah nicht so aus, als ob es Ben wesentlich besser ging, seit Thomas ihn im Gehöft gesehen hatte. Außer einer Unterhose hatte er nichts an und die kreidebleiche Haut spannte sich straff wie ein Tuch über seinen Knochen. Der Körper war immer noch mit den grün pulsierenden Adersträngen überzogen – allerdings nicht mehr ganz so schlimm wie am Vortag. Er stierte Thomas aus blutunterlaufenen Augen an, als wollte er ihn auffressen.
    Ben ging in die Hocke und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor. Auf einmal hatte er ein Messer in der hochgereckten rechten Hand. Thomas war fassungslos.
    »Ben!«  
    Thomas blickte in Richtung der Stimme, wo er zu seinem Erstaunen plötzlich Alby am Rand des Friedhofs stehen sah, in dem schwachen Licht nicht mehr als ein Phantom. Erleichterung überwältigte

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