Die Auserwählten - Im Labyrinth (German Edition)
hatte das Gefühl, als wären Jahre seit seiner Ankunft vergangen, dabei war es erst eine Woche her.
Die beiden Jungs nahmen ihr Essen mit nach draußen und fanden ein paar Minuten später an der Westmauer eine Stelle zum Picknicken. Sie lehnten sich mit dem Rücken in den dicken Efeu und blickten hinaus zu den anderen, die geschäftig auf der Lichtung arbeiteten. Thomas zwang sich dazu, etwas zu essen. Er musste bei Kräften bleiben; man konnte ja nie wissen, was ihn als Nächstes überfallen würde.
»Hast du so was schon mal erlebt?«, fragte Thomas nach einer Weile.
Newt sah ihn mit plötzlich todernstem Gesicht an. »Was Alby da gerade gemacht hat? Nein. Noch nie. Allerdings hat auch noch nie jemand versucht von der Verwandlung zu erzählen. Sie weigern sich immer darüber zu reden. Alby hat es versucht – das muss der Grund gewesen sein, warum er sich so verrückt benommen hat.«
Thomas hörte auf zu kauen. Konnte es sein, dass diejenigen, die für das Labyrinth verantwortlich waren, sie irgendwie kontrollierten? Das war ein fürchterlicher Gedanke.
»Wir müssen Gally finden«, sagte Newt, während er von einer Möhre abbiss. »Der Arsch ist abgehauen und hat sich irgendwo versteckt. Wenn wir fertig sind mit Essen, muss ich ihn suchen und in den Bau stecken.«
»Echt?« Thomas konnte nicht anders: Der Gedanke freute ihn. Zu gern würde er höchstpersönlich die Tür hinter Gally zuknallen, abschließen und den Schlüssel wegwerfen.
»Dieser Gnom hat damit gedroht, dich umzubringen, und wir müssen dafür sorgen, dass so was nie wieder vorkommt. Er wird dafür büßen, dass er sich so bescheuert verhält. Er kann von Glück sagen, dass er nicht verbannt wird. Du weißt, wie ich über Ordnung denke.«
»Allerdings.« Thomas sorgte sich nur, dass Gally ihn noch mehr hassen würde, wenn er seinetwegen im Knast landen würde. Mir doch egal , dachte er. Ich habe keine Angst mehr vor diesem Deppen.
»Hier ist der Plan, Tommy: Heute bleibst du den ganzen Tag bei mir. Morgen geht’s ab in den Bau. Danach kümmert sich Minho um dich, und von den restlichen Strünken hältst du dich erst mal ein bisschen fern, okay?«
Thomas war damit einverstanden. Er sehnte sich danach, ein bisschen allein zu sein. »Wunderhübsch. Und Minho trainiert mich dann?«
»Genau – du bist ja jetzt Läufer. Minho bringt dir alles bei. Das Labyrinth, die Karten, alles. Gibt viel zu lernen. Ich erwarte von dir, dass du schuftest wie ein Berserker.«
Die Vorstellung, bald wieder im Labyrinth unterwegs zu sein, schreckte Thomas nicht wirklich, sondern freute ihn sogar ein bisschen. Er nahm sich fest vor, genauso hart zu arbeiten, wie Newt das von ihm erwartete, damit er nicht mehr ständig nachzugrübeln brauchte. Im Grunde wollte er bloß weg von der Lichtung. Anderen aus dem Weg zu gehen war sein neues Lebensmotto.
Die Jungen aßen schweigend ihre Brote auf, dann kam Newt endlich auf das Thema zu sprechen, das ihm wirklich auf dem Herzen lag. Er zerknüllte seine Serviette zu einer Kugel und sah Thomas direkt in die Augen.
»Thomas«, fing er an, »du musst etwas akzeptieren. Wir haben es mittlerweile zu oft gehört, um es zu leugnen, und jetzt müssen wir darüber reden.«
Thomas wusste, was nun kommen würde, fürchtete sich aber trotzdem davor.
»Gally hat’s gesagt. Alby hat’s gesagt. Ben hat’s gesagt«, fuhr Newt fort. »Sogar das Mädchen hat’s gesagt – als wir sie aus der Box geholt haben.«
Er machte eine Pause, aber Thomas brauchte nicht nachzufragen, was er meinte. Er wusste es bereits. »Sie haben gesagt, dass alles anders wird.«
Newt wandte kurz den Blick ab. »Richtig. Und Gally, Alby und Ben sagen, dass sie dich in ihren Erinnerungen nach der Verwandlung gesehen haben – und wenn ich sie richtig verstanden habe, dann nicht, wie du Blümchen gepflanzt und alten Damen über die Straße geholfen hast. Gally ist der Ansicht, dass etwas an dir so derart faul ist, dass er dich umbringen will.«
»Newt, ich weiß nicht –«, fing Thomas an, aber Newt ließ ihn nicht aussprechen.
»Ich weiß , dass du dich an nichts erinnern kannst, Thomas! Hör auf das ständig zu wiederholen – das kannst du dir sparen! Keiner von uns kann sich an irgendwas erinnern und es geht uns total auf den Sack, dass du uns ständig darauf hinweist. Die Sache ist doch die, dass etwas an dir anders ist, und wir müssen herausfinden, was das ist.«
Thomas wurde von Wut gepackt. »Na toll, und wie sollen wir das bitte schön
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