Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dashner
Vom Netzwerk:
Kälte war nicht unerträglich, nur so völlig anders als die schreckliche Hitze tagsüber. Er dachte über die Erinnerungen nach, die ihm in der letzten Zeit im Schlaf gekommen waren. Konnten sie noch Spätfolgen der Verwandlung sein? Kam sein Gedächtnis zurück?
    Der Gedanke war nicht nur angenehm. Natürlich wollte er, dass seine Gedächtnisblockade endlich geknackt wurde – er wollte unbedingt wissen, wer er war und woher er kam. Aber gleichzeitig fürchtete er sich auch vor dem, was er dann womöglich über sich selbst herausfinden würde. Über seine Rolle bei den schrecklichen Dingen, die ihn hierhergebracht und seinen Freunden das alles angetan hatten.
    Er musste schlafen. Mit dem ständigen Tosen des Windes in den Ohren versank er endlich wieder im diesmal traumlosen Schlaf.
    Er erwachte im stumpfen, trüben Morgengrauen. Eine dichte Wolkendecke bedeckte den Himmel. Die endlose Wüste um sie herum sah in dem grauen Licht noch trostloser aus. Die Stadt war nur noch ein paar Stunden entfernt. Die Häuser waren wirklich sehr hoch; einer der Wolkenkratzer verschwand sogar in dem niedrig hängenden Nebel. Und die vielen kaputten Fensterscheiben sahen wie reißende Zähne in einem aufgesperrten Maul aus, das auf etwas zu fressen wartete, was vom Sturm herangeweht wurde.
    Die Windböen rissen immer noch an Thomas, und es fühlte sich an, als hätte sich eine dicke Dreckschicht für immer und ewig in sein Gesicht eingegraben. Er kratzte sich am Kopf und merkte, dass seine Haare vor lauter Staub steif abstanden.
    Die meisten Lichter waren bereits auf den Beinen, beobachteten den Wetterumschwung und unterhielten sich für ihn unhörbar: Er hörte nichts als das Brüllen des Windes.
    Minho kam auf ihn zu, wobei er sich mit wild flatternden Kleidern geradezu in den Wind lehnen musste. »Wird ja auch Zeit, dass du wach wirst!« Er brüllte aus vollem Hals.
    Thomas rieb sich die verkrusteten Augen und stand auf. »Wo kommen bloß die ganzen Wolken her?«, schrie er zurück. »Ich dachte, wir wären mitten in der Wüste!«
    Minho blickte hinauf zu der Masse dunkelgrauer Wolken, die sich über ihnen zusammenzog. Er sprach Thomas direkt ins Ohr. »Na ja, irgendwann regnet’s auch in der Wüste mal. Komm, iss schnell was – wir müssen unbedingt los. Vielleicht schaffen wir’s bis zur Stadt und können uns irgendwo unterstellen, bevor wir klatschnass sind.«
    »Und was ist, wenn wir hinkommen, und ein Rudel Cranks wartet auf uns?«
    »Dann kämpfen wir gegen sie!« Minho runzelte die Stirn, als sei er enttäuscht, dass Thomas so eine blöde Frage stellen konnte. »Was sollen wir denn sonst tun? Wir haben fast nichts mehr zu essen und brauchen dringend Wasser.«
    Thomas wusste natürlich, dass Minho Recht hatte. Außerdem hatten sie sich gegen Dutzende von Griewern zur Wehr gesetzt; da dürfte ein Trupp halb verhungerter, kranker Irrer ja wohl kein allzu großes Problem für sie darstellen. »Na schön, dann lass uns losgehen. Ich esse im Gehen.«
    Wenige Minuten später liefen sie wieder auf die Stadt zu. Der graue Himmel schien jeden Augenblick platzen und Wasser über sie ausschütten zu wollen.
    Sie waren nur noch wenige Kilometer von den ersten Gebäuden entfernt, als sie auf einen alten Mann stießen, der in mehrere Decken gewickelt auf dem Rücken im Sand lag. Jack hatte ihn als Erster bemerkt, und die anderen drängten sich im Kreis um den Alten und starrten auf ihn hinunter.
    Als Thomas den Mann eingehender betrachtete, drehte sich ihm der Magen um, aber er konnte den Blick trotzdem nicht abwenden. Der Unbekannte musste mindestens hundert Jahre alt sein – es konnte aber auch sein, dass er nur der vielen Sonne wegen so alt wirkte. Ein faltiges, ledriges Gesicht. Schorf und Schrund auf dem Kopf, wo die Haare hätten sein müssen. Dunkle, verbrannte Haut.
    Er lebte und atmete gleichmäßig, blickte aber mit leeren Augen in den Himmel. Als warte er darauf, dass ein Gott erschien, der sein jämmerliches Leben beendete und ihn mitnahm. Es gab keinerlei Anzeichen, dass er die Ankunft der Lichter bemerkt hatte.
    »Hey, Sie! Alter Mann!«, schrie Minho, taktvoll wie immer. »Was machen Sie hier mitten in der Wüste?«
    Bei dem tobenden Wind hatte schon Thomas Mühe, Minhos Worte zu verstehen; der Greis würde vermutlich nichts davon mitbekommen. Aber ob er auch blind war?
    Thomas schob Minho aus dem Weg und kniete sich direkt neben den Kopf des Mannes. Es war herzzerreißend, wie traurig er aussah. Thomas streckte

Weitere Kostenlose Bücher