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Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dashner
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die Hand aus und bewegte sie vor den Augen des Alten hin und her.
    Nichts. Kein Lidschlag, keine Bewegung. Erst als Thomas die Hand zurückzog, schlossen sich die Augenlider des Mannes ganz langsam, dann gingen sie wieder auf. Ein einziges Mal.
    »Sir?«, fragte Thomas. »Äh, mein Herr?« Die Worte klangen seltsam, er musste sie irgendwo aus den trüben Tiefen seiner Vergangenheit gefischt haben. Seit seiner Ankunft auf der Lichtung hatte er sie noch nie ausgesprochen. »Können Sie mich hören? Können Sie reden?«
    Der Mann blinzelte wieder langsam ein Mal, sagte aber nichts.
    Newt kniete sich neben Thomas und schrie gegen den Wind an. »Der Typ ist eine Goldmine, wenn wir was über die Stadt aus ihm rausholen können. Er wirkt harmlos, und wahrscheinlich weiß er, was uns erwartet, wenn wir die Stadt betreten.«
    Thomas seufzte. »Schon, aber er scheint uns nicht zu hören und erst recht nicht mit uns reden zu können.«
    »Mach weiter«, sagte Minho hinter ihm. »Ich ernenne dich zu unserem Botschafter, Thomas! Bring den Typ zum Reden, damit er uns ein bisschen was aus der guten alten Zeit erzählt.«
    Aus irgendeinem Grund wollte Thomas etwas Schlagfertiges antworten, aber ihm fiel partout nichts ein. »Okay«, sagte er.
    Er rutschte so nah an den Kopf des Mannes heran, dass er ihm aus kurzer Distanz direkt in die Augen schauen konnte. »Sir? Wir brauchen unbedingt Ihre Hilfe!« Es kam ihm unhöflich vor, ihn so anzuschreien, aber er hatte keine Wahl. Hoffentlich verstand der Alte das nicht falsch. Das Geheul des Windes wurde immer stärker. »Bitte sagen Sie uns, ob es sicher ist, die Stadt zu betreten! Wenn Sie Hilfe brauchen, können wir Sie auch hintragen. Hallo? Hallo!«
    Die verhangenen Augen des Mannes hatten an ihm vorbei in den Himmel geschaut, aber jetzt bewegten sie sich doch, ganz langsam, bis sie ihn anblickten. Wie eine dunkle Flüssigkeit, die langsam in ein Glas floss, füllten sie sich mit Verstehen. Seine Lippen öffneten sich, aber außer einem kleinen Huster kam nichts heraus.
    Thomas schöpfte Hoffnung. »Ich heiße Thomas. Das sind meine Freunde. Wir sind schon seit ein paar Tagen in der Wüste unterwegs und brauchen dringend Wasser und etwas zu essen. Was würden Sie …?«
    Er sprach nicht weiter, als die Pupillen des Mannes sich in einem Anflug von Panik hin und her zu bewegen begannen.
    »Keine Sorge, wir tun Ihnen nichts«, sagte Thomas schnell. »Wir … wir sind die Guten. Aber es wäre wirklich wichtig, dass –«
    Die linke Hand des Mannes kam unter den Decken, in die er gewickelt war, hervorgeschossen und umklammerte Thomas’ Handgelenk mit geradezu beängstigender Kraft. Vor Schreck schrie Thomas auf und versuchte instinktiv, seinen Arm wegzureißen, schaffte es aber nicht. Er konnte nichts gegen die eiserne Faust, mit der er ihn festhielt, tun.
    »Hey!«, schrie er. »Lassen Sie mich los!«
    Der Mann schüttelte den Kopf, doch in seinen trüben Augen stand eher Angst als Angriffslust. Sein Mund öffnete sich wieder, und ein heiseres, unverständliches Geflüster kam heraus. Sein eiserner Griff lockerte sich nicht.
    Thomas gab den Versuch auf, seinen Arm zu befreien, entspannte sich und brachte sein Ohr näher an den Mund des Unbekannten heran. »Was haben Sie gesagt?«, schrie er.
    Wieder sprach der Mann, mit einer kratzenden Stimme, die beunruhigend, geradezu gruselig war. Die Worte Gewitter und Grauen und schlechte Menschen konnte Thomas verstehen. Nichts davon klang besonders ermutigend.
    »Noch einmal, bitte!«, schrie Thomas, den Kopf immer noch so zum Mund des Alten hinuntergebeugt, dass sein Ohr nur wenige Zentimeter über dem Gesicht des Mannes war.
    Diesmal verstand Thomas das meiste, nur ein paar Worte fehlten. »Gewitter kommt … voller Grauen … es bringt … bleibt weg … schlechte Menschen.«
    Urplötzlich schoss der Alte hoch ins Sitzen, die Augen weit aufgerissen, das Weiße rund um die Iris leuchtend. »Gewitter! Gewitter! Gewitter!« Er wiederholte das Wort immer wieder, bis ihm schließlich ein dicker Speichelfaden aus dem Mund tropfte und wie das Pendel eines Hypnotiseurs an seiner Unterlippe hin und her schwang.
    Er ließ Thomas los, der sich sofort zurückzog. Während er auf dem Hintern von dem Greis wegrutschte, nahm die Heftigkeit des Sturms zu, die starken Böen verwandelten sich in orkanartige Windstöße, das reine Grauen, genau wie der Mann gesagt hatte. Alles versank im Gebrüll der tosenden, wütenden Luft. Thomas hatte das Gefühl, ihm

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