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Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition)

Titel: Die Auserwählten - In der Brandwüste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dashner
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nach Kupfer und Asche roch.
    Der Himmel wurde noch bedrohlicher, die Staubwolke noch dunkler. Thomas merkte, dass er nicht einmal mehr alle aus seiner Gruppe sehen konnte. Nur die paar Gestalten direkt vor ihm. Im gespenstischen Weiß der Blitze wurden sie für einen Augenblick sichtbar und verschwanden dann wieder. Das grelle Licht blendete Thomas, so dass er noch weniger sehen konnte. Sie mussten es zum Hochhaus schaffen. Sie mussten es erreichen, sonst hatten sie keine Chance.
    Und wo blieb bloß der Regen?, fragte er sich. Wo war der Regen? Was für ein fürchterliches Gewitter war das?
    Ein Blitz vom reinsten Weiß fuhr im Zickzack aus dem Himmel und schlug direkt vor ihm in den Boden ein. Thomas schrie, ohne sich zu hören, und machte die Augen automatisch zu, als ihn etwas – die elektrische Entladung oder eine Druckwelle – seitlich zu Boden schleuderte. Er bekam keine Luft mehr, als er auf dem Rücken landete und ein Hagel von Dreck und Steinen auf ihn herunterregnete. Er spuckte, wischte sich das Gesicht ab und schnappte wie ein Wahnsinniger nach Luft, während er auf alle viere und dann auf die Füße zu kommen versuchte. Endlich bekam er wieder Luft und atmete keuchend ein.
    Jetzt war ein dauernder hoher Ton zu hören, der so wehtat wie Nägel auf seinem Trommelfell. Der Sturm wollte ihm die Kleider vom Leib fetzen, Sand prasselte gegen seine Haut, Dunkelheit umschwamm ihn wie ewige Nacht, die nur von den Blitzen zerrissen wurde. Und dann sah er es, ein grauenhaftes Bild, das im grellen Aufleuchten und Verlöschen der Lichtblitze noch gruseliger aussah.
    Es war Jack. Er lag in einem kleinen Erdkrater am Boden und hielt zuckend sein Knie umklammert. Darunter war nichts – Schienbein, Sprunggelenk und Fuß waren von dem elektrischen Bombardement aus dem Himmel ausgelöscht worden. Blut, das wie schwarzer Teer aussah, strömte aus der scheußlichen Wunde und vermischte sich mit der Erde zu einem Schlamm des Grauens. All seine Kleider waren verbrannt, und er lag nackt da, mit Brandwunden am ganzen Körper. Er hatte keine Haare mehr. Und es sah aus, als wären seine Augäpfel …
    Thomas wirbelte herum und ließ sich zu Boden fallen, als er alles ausspie, was in seinem Magen war. Es gab nichts, was sie noch für Jack tun konnten. Unmöglich. Gar nichts. Und doch lebte er noch. Der Gedanke beschämte ihn, aber Thomas war froh, dass er seine Schreie nicht hören konnte. Er glaubte nicht, dass er es ertragen konnte, noch einmal in Jacks Richtung zu schauen.
    Jemand packte ihn und zog ihn auf die Füße. Minho. Er sagte etwas, und Thomas konzentrierte sich und las es ihm von den Lippen ab. Wir müssen weiter. Wir können nichts machen.
    Jack , dachte er. Oh, Gott, Jack.
    Mit von der Kotzerei brennenden Eingeweiden, einem schmerzhaften Fiepen in den Ohren und völlig unter Schock vom Anblick des vom Blitz getroffenen und zerfetzten Jungen stolperte er hinter Minho her. Links und rechts von sich sah er Schattengestalten, andere Lichter, aber nicht viele. Es war zu dunkel, und die Blitze zuckten zu kurz auf, um viel zu sehen. Nur Staub und Schmutz und die dunkel aufragende Form des Gebäudes jetzt fast vor ihnen. Jede Hoffnung auf Ordnung oder Zusammenbleiben war verloren. Jetzt war jeder der Lichter ganz auf sich selbst angewiesen – sie konnten nur hoffen, dass es alle irgendwie schaffen würden.
    Wind. Elektrische Entladungen. Wind. Erstickender Staub. Wind. Das schmerzhafte Ohrgeräusch. Wind. Er stolperte weiter, den Blick auf Minho wenige Schritte vor ihm geheftet. Jacks Schicksal ließ ihn kalt. Es war ihm egal, ob er für den Rest seines Lebens taub war. Die anderen waren ihm auch egal. Das Chaos um ihn herum schien all seine menschlichen Regungen abzutöten und ihn zum Tier werden zu lassen. Er wollte nur noch überleben, es zu dem Haus schaffen, hineinstürmen. Leben. Wenigstens diesen Tag überleben.
    Sengendes weißes Licht explodierte vor ihm und schleuderte ihn wieder durch die Luft. Er schrie, als er nach hinten gerissen wurde, und versuchte wieder auf die Füße zu kommen – die Detonation hatte genau an der Stelle stattgefunden, an der Minho rannte. Minho! Thomas schlug mit einer Wucht auf dem Boden auf, die durch und durch ging, als wäre jedes Gelenk in seinem Körper gestaucht worden und müsste sich erst wieder einrenken. Er achtete nicht auf den Schmerz, richtete sich auf, rannte weiter, in seinem Blickfeld nichts als Dunkelheit voll tanzender Nachbilder – Amöben aus lila Licht.

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