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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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afrikanischen Dorf.
    »Vielleicht kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Niels ignorierte sie und nahm die Postkarte von der Pinnwand.
    »Ist das Maria?«
    Niemand antwortete. Die Schwestern sahen sich an. ›Das sind meine Kinder. Ich hoffe, es geht Euch gut, da zu Hause im kalten Norden. Ich vermisse unsere Gespräche in der Kaffeepause.‹ Dann ein Smiley, gefolgt von ›Liebe Grüße, Maria‹.
    »Maria Deleuran?«
    »Ja.«
    »Hat sie Kinder?«
    »Warum?«
    »Hat Maria Deleuran Kinder?«
    Eine unerklärliche Stille senkte sich über den Raum.
    »Nein«, sagte die Matrone schließlich.
    »Wann hat sie freibekommen? Sind Sie sich wirklich sicher, dass sie nicht mehr im Haus ist? Da drüben hängt doch eine Jacke.« Er zeigte auf einen leeren Stuhl, auf dessen Lehne eine Jacke hing. »Ist das ihre?«
    Eine Schwester erhob sich und lächelte ihn freundlich an.
    »Hören Sie: Maria hat heute um 14 Uhr freibekommen. Sie hatte Frühschicht. Das können Sie auch dem Dienstplan entnehmen.«
    Die Schwester studierte die Tabelle an der Pinnwand. »Vielleicht hat sie ein bisschen länger gearbeitet, aber jetzt ist sie auf jeden Fall nicht mehr hier. Wenn Sie wollen, kann ich ihr aber eine Nachricht hinterlassen. Ich mache das gern.«
    Die alte Matrone unterbrach sie. »Sie geht nicht ans Telefon.«
    »Hat sie vielleicht eine Freundin hier im Haus?«, fragte Niels. »Eine, mit der sie sich manchmal nach der Arbeit trifft.«
    »Ich bin ihre Freundin.«
    Niels drehte sich um. Die Frau hatte bis jetzt geschwiegen. Er warf einen Blick auf ihr Namensschild: ›Tove Fanø, Krankenschwester‹.«
    »Trifft sie hier im Haus noch andere, Tove? Das Krankenhaus ist ja groß.«
    »Ich glaube nicht.«
    »Freunde oder vielleicht jemanden, den sie liebt? Oder Kollegen von der Hilfsorganisation?«
    Tove dachte nach und schüttelte den Kopf. Niels sah die Matrone an. Sie zuckte mürrisch mit den Schultern.
    »Mögen Sie sie?«
    »Was?«
    »Haben Sie Kinder? Haben alle hier drinnen Kinder?«
    Verwirrte Blicke.
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt.«
    Alle nickten. Bis auf Marias Freundin. Tove. Sie war bestimmt schon Mitte vierzig. Niels sah sie an. Da nahm sie die Hände zur Seite und präsentierte einen großen, runden Bauch. Sie war schwanger.

73.
    73.
    Büro der Finanzverwaltung, Rigshospital, 15.27 Uhr
    Normalerweise zog Hannah die Stunden gleich nach Sonnenuntergang vor. Wenn man wie sie mitten im Leben ins Stocken geraten war und nicht mehr weiterkam, konnten die hellen Stunden hart sein. Menschen voller Elan, auf dem Weg zur Arbeit oder von dort wieder nach Hause, Schulen und Kindergärten. Was die Menschen tagsüber taten, zeigte ihr schonungslos, wie leer ihr Leben war. Keine Arbeit, keinen Mann, und das Schlimmste von allem: auch keinen Sohn mehr. Dann ging die Sonne unter, die Menschen verschwanden, und das Leben wurde für Hannah Lund wieder etwas leichter. Doch heute war das ganz anders.
    Sie stand auf, trat ans Fenster und sah in die Sonne, die sich hinter den Bäumen versteckte. Sie sah wie eine blasse, flache Scheibe aus, die sich weigerte, ihre Wärme mit diesem Teil der Welt zu teilen. Aber einen Moment würde sie ihnen noch erhalten bleiben. Auf der anderen Seite des Flurs wurde noch gearbeitet. Ein Fernseher lief. Hannah konnte sich nicht dagegen wehren, sie wurde von dem hektischen Tumult, der sich auf der Mattscheibe abspielte, in den Bann gezogen. Auf der Klimakonferenz war etwas passiert. Irgendjemand war zusammengebrochen. Menschen in Anzügen umringten den Erschöpften, während andere Wasser und eine Decke holten. Hannah konnte sich lebhaft vorstellen, wie es jetzt im Bella Center aussah: Es musste schrecklich sein. Stickige, verbrauchte Luft, viel zu viele Menschen und viel zu wenig Zeit. Wer würde da nicht umfallen?
    »Ja, wer sagt’s denn!«
    Casper blickte begeistert von seinem Bildschirm auf. »Ich habe noch einen Engel gefunden.« Hannah ging zurück zu Casper und Thor, der über die Tastatur gebeugt dasaß.
    »Lass hören«, sagte sie.
    »In der Abteilung für medizinische Parasitologie. Professor Samuel Hviid. Neunundvierzig Jahre alt. Laut Einwohnermeldeamt kinderlos. Aber jetzt hör mal zu.« Casper sah zu Hannah auf, ehe er fortfuhr: »Hviid forscht seit fünfzehn Jahren über die Bekämpfung von Malaria. Er ist einer der weltweit anerkanntesten Malariaexperten. Man kann davon ausgehen, dass seine Arbeit rund um den Äquator bereits gut einer halben Million Menschen das Leben gerettet hat.«
    »Und der

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