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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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blieb sitzen.
    »Nur für zwei Minuten, es ist wichtig, bitte.«
    Die Sekretärin nahm seufzend die Fernbedienung und drückte auf ein paar Knöpfe, bis man etwas hörte: »Jetzt wird er, wie wir auf den Bildern sehen können, durch das Bella Center getragen«, sagte der Kommentator. Casper war hinter Hannah aufgetaucht.
    »Denkst du das Gleiche wie ich?«
    »Möglich.«
    Der Reporter fuhr damit fort, genau das zu beschreiben, was man auf den Bildern sehen konnte: »Jetzt kommen sie an der Presseloge vorbei. Zwei Ärzte begleiten den Mann, dem allem Anschein nach ein Tropf gelegt worden ist.«
    »Jetzt komm schon, sag uns den Namen«, forderte Hannah ungeduldig. Und wie auf Kommando fasste er die Ereignisse zusammen: »Es war ein sehr kritischer Zeitpunkt, mitten in den Verhandlungen, als der Klimabeauftragte der NGOs, Yves Devort, kollabiert ist. Er ist jetzt auf dem Weg ins Rigshospital.«
    Casper und Hannah stürzten wieder zu ihrem Rechner.
    Google: NGO. Copenhagen und … Casper buchstabierte den Namen: »Yves Devort.«
    »Wir haben nur noch eine Viertelstunde«, sagte Hannah. »Kann der Rettungswagen so schnell hier sein?«
    »Kaum.«
    Casper hatte Yves Devort bereits gefunden. Ein gut aussehender Mann. So französisch wie Baguette.
    »Fünfzig Jahre alt. Ob er Kinder hat, sehe ich hier aber nicht. Und auch nicht, ob bei der französischen Polizei etwas gegen ihn vorliegt.«
    Im Fernseher: Tumult. Chaos. Menschen, Demonstranten, Rettungswagen, Sicherheitsbeamte und Polizisten.
    Niels rief an. Hannah nahm das Gespräch entgegen: »Niels?«
    Er klang außer Atem. »Ich habe mich verlaufen.«
    »Wo bist du? Nenn mir irgendein Schild, das du siehst.«
    »Orthopädie, Abteilung 2162.«
    Hannah sah zu Thor. »Wie kommt man am schnellsten von der Orthopädie, Abteilung 2162 zur Kardiologie?«
    »Sag ihm, dass er zum nächsten Aufzug laufen soll.«
    »Hast du das gehört, Niels? Es ist 15.33 Uhr. Du hast noch genau fünfzehn Minuten.«
    »Hannah?«
    »Ja, Niels.«
    »Das klappt nicht. Wir schaffen das nicht.«
    Hannah zögerte. Sah zum Fernseher. Der Krankenwagen hatte das Bella Center noch nicht verlassen. Die Sanitäter trugen Yves Devort gerade aus dem Tagungsgebäude. Sie überlegte, ob sie Niels von dem kollabierten Klimatologen erzählen sollte.
    Dann sagte Hannah mit heiserer Stimme: »Niels, was du da machst … das ist so fantastisch.«
    Ihre Stimme versagte fast beim letzten Wort. Fantastisch . Sie war den Tränen nah.
    »Das ist zu viel, Hannah. Ich würde am liebsten aufgeben.«
    »Nein, Niels. Du versuchst, einen guten Menschen zu finden. Nur einen guten Menschen.«
    »Aber ich finde doch immer nur ihre Fehler. So war das von Anfang an: Ich suche nach dem Guten, finde aber das … das Schlechte. Die Fehler.«
    Hannah hörte Niels’ Atem durch das Telefon. Sie hatte ein unangenehmes Gefühl im Bauch, das sie an die Situation erinnerte, als Gustav und sie diesen Unfall gehabt hatten. Damals hatte sie den Wagen gefahren. So war es Gustav am liebsten. Sie hinter dem Steuer und er mit dem Dirigentenstab in der Hand. ›Achte auf die Geschwindigkeit, Hannah. Du musst jetzt gleich abbiegen, Hannah.‹ Sie hatten sich an diesem Tag gestritten, wie so oft zuvor, so dass sie mit zu hohem Tempo auf die Autobahnausfahrt zugefahren war. Weit draußen auf dem gepflügten Acker waren sie endlich zum Stehen gekommen, und Gustavs schmucker Volvo war voller Lehm gewesen.
    Es ging um das Gefühl, das sie in jenem Sekundenbruchteil gehabt hatte, in dem ihr definitiv bewusst geworden war, dass sie zu schnell für die Kurve waren und dass es dieses Mal nicht gutgehen konnte – denn exakt dieses Gefühl hatte sie jetzt auch.
    »Hannah?«, fragte Niels.
    »Ja.«
    »Wer ist das? Wer wird da gerade mit dem Krankenwagen hierher gebracht?«
    »Das untersuchen wir noch. Bist du wieder bereit?«
    »Ja.«
    »Du musst in Abteilung 2142. Kardiologie. Poul Spreckelsen.«
    Niels beendete das Gespräch.
    Casper sah vom Bildschirm auf. »Ich fange jetzt mit den Patienten an.«
    Sie nickte ihm zu. Er war nicht zu stoppen. Dann wanderte ihr Blick wieder zum Fernseher. Der Rettungswagen war jetzt unterwegs. Er fuhr auf die Autobahn in Richtung Rigshospital. Eskortiert von Streifenwagen, die ihm den Weg frei machten.
    Wieder klingelte das Telefon.
    »Niels?«
    »Du musst mir helfen. Ich weiß nicht, ob ich das schaffen kann. Du bist näher dran.«
    Er war vollkommen außer Atem. Oder waren das Tränen?
    »Okay, Niels.«
    »Gry … das ist sie,

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