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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wenn er dann über Indianer nachdenken musste, die keine richtigen Indianer waren, und über Adoptionen und   … wie hatten die beiden überhaupt einfach aus dem Nichts auftauchen können?
    Katherine stieß ihn an.
    »Lass das!«, sagte sie. »Du musst wach bleiben, damit du was essen kannst.«
    »Essen?«, murmelte Jonas und machte die Augen wieder auf. »Was denn?«
    »Wir sind mit dem Kanu zum Angeln rausgefahren – also, vor allem Brendan und Antonio«, erklärte Katherine. »Das können sie
     richtig gut, wenn sie mit ihren Markern zusammen sind, weißt du. Weil die Marker sich damit auskennen. Erinnerst du dich noch
     an das Paddel, das wie ein Rechen aussieht?«
    »Das ist eine Angel?«, fragte Jonas.
    »Eher ein Netz«, sagte Katherine. »Aber du warst ziemlich dicht dran.«
    Jonas wären Cheeseburger und Pommes lieber gewesen, aber der Fisch roch wirklich gut. Außerdem war er keines von Zweis mysteriösen
     Pellets.
    »Komm mit«, sagte Katherine und zog ihn am Arm.
    Jonas ließ sich von ihr zum Feuer führen. Überrascht stellte er fest, wie schwach er sich immer noch fühlte. Das konnte doch
     gewiss nicht nur vom Paddeln, Wassertreten und Schwimmen kommen.
    Ich war schon müde, bevor ich aus dem Boot fiel, überlegte er. Aber so mies habe ich mich erst gefühlt, nachdem dieser Kerl
     auf mich draufgefallen ist   … mich angesprungen   … und gerammt hat.
    Sein Verstand schreckte immer noch davor zurück, sich mit diesem Moment zu befassen. Jonas stolperte an den beiden Jungen
     vorbei, die von einem improvisierten Gestell am Feuer Fische herunternahmen. Einen nachdem anderen legten sie die garen Fische auf große Blätter – anstelle von Tellern, wie Jonas annahm.
    »Äh, hallo«, murmelte er, weil er es irgendwie unhöflich fand, gar nichts zu sagen.
    Er glaubte zu bemerken, dass einer der Jungen sich kurzfristig von seinem Marker löste, um ihn mit einem steifen Nicken zu
     begrüßen, doch er war sich nicht sicher.
    »Das ist Brendan«, sagte Katherine. »Er ist sehr nett. Aber er und Antonio versuchen die meiste Zeit mit ihren Markern zusammenzubleiben,
     außer wenn sie sicher sind, dass die Marker sich für eine Weile nicht von der Stelle rühren.«
    Irgendetwas an ihrer Formulierung störte Jonas, aber sein Verstand arbeitete noch nicht gut genug, um den Grund dafür herauszufinden.
    In diesem Moment sagte der andere Junge   – Antonio? – etwas zu Brendan, was Jonas nicht richtig mitbekam. Er konnte nicht einmal sagen, ob es Englisch oder eine andere
     Sprache gewesen war.
    »Sie sprechen einen Algonkin-Dialekt«, sagte Katherine.
    »Woher weißt du das?«, fragte Jonas. War das noch etwas, was er im Gemeinschaftskundeunterricht hätte lernen müssen?
    »Sie haben es mir gesagt«, erklärte Katherine. »Wir waren draußen im Kanu lange zusammen.«
    Zum ersten Mal fiel Jonas auf, dass Katherine im Gesicht einen Sonnenbrand hatte und, er fasste sich ins eigene Gesicht, er
     ebenfalls. Er warf einen Blick über die Schulter und sah, wie tief die Sonne am Himmel stand.
    »Dann habt ihr den ganzen Tag im Kanu gesessen?«, fragte er. »Und ich habe die ganze Zeit über geschlafen?«
    »So ziemlich«, sagte Katherine. »Verstehst du jetzt, warum wir uns Sorgen gemacht haben?«
    Jonas tat das mit einem Achselzucken ab. Er wollte vor zwei Jungen, die er nicht einmal kannte, keine allzu klägliche Figur
     abgeben. Aber wie konnte er den ganzen Tag durchgeschlafen haben?
    Antonio nutzte den Augenblick, um aufzustehen und sich zu recken, wobei er einen perfekten Waschbrettbauch zur Schau stellte.
     Jonas fühlte sich bei diesem Anblick noch kläglicher als zuvor, denn er hatte das Gefühl, als wären seine eigenen Muskeln
     wie aus Gummi, wund und schlapp. Allerdings hatte er nicht die Absicht, dem anderen zu zeigen, wie ihm zumute war, und musterte
     ihn mit eindringlichem Blick.
    Plötzlich stutzte er.
    »Moment!«, sagte er. »Dich kenne ich doch! Hast du nicht ein Sweatshirt mit Totenkopf angehabt? Damals in der Höhle?«
    In der Höhle im Zeittunnel, an jenem Tag, als Jonas erfahren hatte, dass er zu den verschollenen Kindern der Geschichte gehörte,
     war auch eine Gruppe Jugendlicher mit Totenkopf-Sweatshirts gewesen. Sie hatten sich Jonas und Katherine gegenüber nicht gerade
     vor Freundlichkeit überschlagen. Und wenn er nicht so viele andere Sorgen gehabt hätte, hätte er sich wohl vor ihnen gefürchtet.
    Jetzt schien der Junge, der vor ihm stand, zu erzittern,sein modernes Ich löste

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