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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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uns mithilfe der Kameras – welche ganz sicher irgendwo angebracht sind – beobachten. Kurz darauf habe ich eine Entscheidung getroffen. »Also, ich weiß nicht, wie es euch allen ergangen ist, aber ich bin bei beiden Tests nicht bis zum Ende gekommen.«
    Alle starren mich mit weit aufgerissenen Augen an, die Gabeln auf halbem Wege zum Mund. Einige Sekunden vergehen, dann gesteht Nicolette: »Ich auch nicht.«
    »Und ich genauso wenig.« Das kam von Malachi. Er schaut seinen Mitbewohner Boyd an. »Und du?«
    Boyd starrt mit gerunzelter Stirn auf seine Stampfkartoffeln. »Nein. Ich habe in der Matheprüfung fünf leere Seiten abgegeben.«
    »Bei mir waren es sogar fünfeinhalb«, gesteht Zandri.
    Zwei schlanke hellhäutige Kandidaten, die am Tisch hinter Zandri sitzen, drehen sich zu uns um. Zwei identische Augenpaare ruhen auf unseren Gesichtern. Nur an der Haarlänge kann man die beiden unterscheiden. Einer hat lange Haare, der andere kurze. Der Junge, der seine Mähne hinten im Nacken zusammengebunden hat, erkundigt sich: »Habt ihr gerade gesagt, dass ihr nicht alle Prüfungsfragen geschafft habt?«
    Ich sehe, wie die anderen am Tisch erstarren, und seufze. So viel dazu, dass der Lärm unser Gespräch übertönt. Ich hebe das Kinn und erwidere: »Für mich waren es einfach zu viele Aufgaben, als dass ich sie alle hätte lösen können. In Geschichte bin ich beinahe fertig geworden. Aber in Mathe habe ich mir wahrscheinlich zu viel Zeit zum Nachrechnen gelassen.«
    Die Zwillinge mit den grünen Augen wechseln einen Blick. Ohne ein Wort erheben sie sich, nehmen ihre Teller und setzen sich auf die leeren Stühle an unserem Tisch. Der Langhaarige sagt: »Du hast keine Ahnung, wie gut es tut zu hören, dass jemand zugibt, mit dem verdammten Test nicht fertig geworden zu sein.« Er streckt mir seine Hand hin. »Ich bin Will. Mein Bruder Gill und ich stammen aus der Madison-Kolonie.«
    Madison. Nur ein paar Stunden von Five Lakes entfernt. Mein Vater ist im Laufe der letzten zwei oder drei Jahre einige Male dort gewesen. Irgendetwas dort in der Erde hat ihre Ernte vernichtet. So wie sich die Zwillinge ihre Teller vollgeladen haben und dem ungesunden Ton ihrer Haut nach zu urteilen, würde ich sagen, dass es bei ihnen zu Hause noch immer nicht ausreichend Nahrung gibt. Ich bin froh, dass sie wenigstens jetzt genug zu essen haben, denn ich mag sie sofort. Vor allem als sie anfangen, scherzhaft zu behaupten, man hätte sie die Prüfung gemeinsam ablegen lassen sollen. Alle Leute bei ihnen zu Hause, so erzählen sie uns, wären der Meinung, dass die beiden sich ein Gehirn teilten. Gill ist in Mathe und Naturwissenschaften gut, Will ist in Geschichte, Englisch und Fremdsprachen besser.
    Als wir damit fertig sind, unsere Lösungen in den heutigen Prüfungen zu vergleichen, machen sich Will und Gill über drei gehäufte Teller mit verschiedenen Speisen her. Dabei berichten sie uns von der Madison-Kolonie und ihrer Familie, die in der Stadt lebt, nach der die Kolonie benannt ist. Ihr Vater arbeitet in der Papierfabrik, während ihre Mutter in einer Molkerei beschäftigt ist. Ganz offensichtlich ist das Leben in der Madison-Kolonie hart, aber die Zwillinge sind zuversichtlich und positiv gestimmt. Sie unterhalten uns mit herrlichen Geschichten über ihre ersten Versuche, eine Kuh zu melken, und über die Schwierigkeiten ihrer eigenen Familie dabei, die beiden auseinanderzuhalten, bevor Gill ein Einsehen hatte und sich die Haare schneiden ließ. Auch wir anderen erzählen von zu Hause, und ich merke, wie sich mehr als ein neidisches Gesicht zu uns herumdreht, wenn wir laut auflachen. Es fühlt sich so gut an, gemeinsam zu lachen. Es muntert uns auf, lockert die Anspannung in unseren Körpern und erfrischt unseren Geist. Als die Zeit für das Abendessen zu Ende ist, ziehen sich die meisten anderen Kandidaten in die ihnen zugewiesenen Räume zurück, doch wir bitten darum, dass wir noch ein Weilchen im Speisesaal bleiben dürfen. Keiner von uns will so schnell wieder die tröstende Nähe von Freunden missen.
    Wir singen unsere Lieblingslieder. Tomas und ich geben ein Duett zum Besten, das wir in der Schule gelernt haben. Es handelt vom Hoffen auf den Frühling und darauf, dass die Welt wieder neu geboren wird. Unsere beiden Stimmen verschmelzen und klingen voll im hallenden Speisesaal. Die Offiziellen, die die Überreste des Abendessens abräumen, halten inne und hören uns zu.
    Als wir zurück in unsere Zimmer gehen, ist uns

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