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Die Außenseiter

Die Außenseiter

Titel: Die Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Vielleicht gibt es Besänftiger dort, vielleicht aber auch nicht.«
    »Nennt man die Vortragsart so? Besänftigung?« Im spärlichen Licht nickte Cheelo nachdenklich. »Hör mal, ich weiß, ich bin nicht gerade ein Vorzeigepublikum. Ich versteh von solcher Kunst nichts und kann dir nicht mit konstruktiver Kritik dienen, aber wenn du wieder ein Gedicht fertig gestellt hast und den Vortrag üben willst, würde es mich sehr freuen, ihn mir anzusehen.«
    »Es hat dir tatsächlich gefallen, stimmt's?« Desvendapur starrte den Zweifüßer an.
    »Allerdings. Ich mach dir 'nen Vorschlag. Morgen Abend ess ich was andres, damit du neu inspiriert wirst. Vielleicht versuche ich einen Aguti zu erlegen oder so.«
    Desvendapur würgte, und seine Antennen zuckten unkontrolliert. »Bitte verspeise meinetwegen kein Lebewesen!«
    »Ich dachte, du willst radikal und extrem stimuliert werden?«
    »Mein Geist will das. Bei meinem Verdauungssystem sieht das anders aus.«
    Cheelo kreuzte die Beine und grinste. »Gut. Wir werden die Stärke deiner Inspiration schrittweise erhöhen.« Er nahm sich einen Stimulansriegel aus dem Rucksack und riss die Vakuumverpackung von dessen Spitze. Als der Riegel mit der Luft in Kontakt kam, glühte er auf.
    Desvendapur beobachtete, wie sich der Mensch das andere Ende des glühenden Riegels zwischen die Lippen steckte und tief inhalierte. Das war mehr, als er hatte hoffen dürfen. Jeder Moment, den er in Gesellschaft des Zweifüßers verbrachte, war ein Quell ungeahnter Erleuchtung. Welches wunderliche Vergnügen es dem Menschen bereitete, sich brennendes organisches Material in den Mund zu stecken, konnte der Thranx sich zwar nicht vorstellen, doch dieses unergründliche Verhalten bescherte ihm genug Einfälle für nicht weniger als zwei vollständige, atmosphärisch dichte Kompositionen, ehe der Abend in die Nacht hinüberglitt und sie sich zur Ruhe begeben mussten.

15
    Nicht die Brüllaffen weckten Cheelo am nächsten Morgen, sondern ein durchdringendes Krächzen. Er rollte sich herum und setzte sich auf, wobei ihm die leichte Decke bis zu den Hüften hinunterrutschte. Der Vogel, der nicht weit entfernt in eine heruntergefallene, faule Frucht pickte, sah äußerst grotesk aus. Übergroße rote Augen dominierten sein schmales, blauhäutiges Gesicht, das von einem Kamm aus steifen, gelbschwarzen Federn umgeben war. Als Cheelo sich aufsetzte, flog der Vogel schwerfällig und mit offensichtlicher Mühe zu einem in der Nähe stehenden Baum. Dort ließ sich das Tier, etwa so groß wie ein kleiner Truthahn, auf einem Ast nieder, wiegte sich hin und her und beobachtete das seltsame Paar am Boden unter sich.
    Während Cheelo aufstand und sich die Augen rieb, versuchte er, sich an die Vogelnamen aus dem Touristenführer-Programm zu erinnern, das er in Cuzco gekauft und in seine Karte überspielt hatte. Von der Größe her konnte der Vogel durchaus ein Greifvogel sein, doch sein kurzer Schnabel und die kleinen Krallen, ganz zu schweigen von seiner unbeholfen wirkenden Flugkunst, sprachen eher dafür, dass er einer anderen Vogelfamilie zugehörte. Cheelo, der sich noch immer den Schlaf aus den Augen blinzelte, öffnete den Rucksack und holte seine Karte heraus. Er rief den Reiseführer auf und wählte das Kapitel über Vögel an.
    Der unbeholfene Vogel mit dem prähistorischen Aussehen war ein Hoatzin. Falls es je einen Vogel gegeben hat,
    der wie ein Dinosaurier aussieht, dachte er, dann sitzt er hier vor mir. Er richtete seine Aufmerksamkeit von dem rotäugigen Regenwaldbewohner auf die weit fremdartigere Gestalt, die unweit von ihm schlummerte.
    Der Thranx hatte sich am Vorabend einen geeigneten Baumstamm gesucht und sich bäuchlings darauf niedergelassen wie auf einen Sattel. Zu jeder Seite ließ er drei Beine herabhängen, und das erste Armpaar hatte er eng an die Brust gezogen - wenn man den oberen Teil seines Körpers überhaupt als Brust bezeichnen konnte. Da der Thranx keine Augenlider hatte, sondern nur sehr dünne, durchscheinende Nickhäute, die momentan schützend über den goldenen, kugelähnlichen Augen lagen, konnte Cheelo unmöglich erkennen, ob er schlief oder wach war. Als Cheelo sich ihm vorsichtig näherte, zeigte der Thranx keinerlei Reaktion. Wie ein Blasebalg blähte sich der Thorax des insektenähnlichen Wesens auf und schwoll dann wieder ab, immer wieder, in gleichmäßigem Rhythmus; offenbar hielt sich Cheelos Begleiter noch immer in jener unvorstellbaren Region auf, die die Thranx nachts

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