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Die Außenseiter

Die Außenseiter

Titel: Die Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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blinzelte in der zunehmenden Dunkelheit. »Was willst du mir damit sagen? Dass ein Fisch denken kann?«
    »Wenn er ein Gehirn hat, kann er denken.«
    »Nein, nicht besonders viel.« Cheelo kicherte, dann biss er noch ein Stück ab.
    »Allein der Gedanke zählt, nicht seine Komplexität. Das ist eine Frage der Moral.«
    Der Mensch deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Was hältst du davon, wenn du dir deine Inspiration woanders suchst? Wenn du mich für unmoralisch hältst.«
    »Nicht gemessen an menschlichen Standards. Ich würde es mir nicht herausnehmen, einen Vertreter einer anderen Spezies an Standards zu messen, die für meine Spezies gelten.«
    »Kluger Bursche!« Cheelo führte das restliche Fischstück zum Mund, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. »Was für 'ne Art von dichterischer Inspiration kriegst du eigentlich, wenn du mir dabei zusiehst, wie ich einen Fisch esse?«
    »Die Inspiration ist barbarisch. Packend. Fremdartig.« Der Thranx plapperte wieder in seinen Sch'reiber.
    »Schockierend?«, hakte Cheelo nachdenklich nach.
    »Das will ich hoffen. Ich bin nicht den ganzen Weg hierher gereist, unter vielen Entbehrungen, nur um widerliche, kindliche Inspiration zu finden. Ich suche etwas Radikales und Extremes, etwas Gefährliches und Unsicheres. Sogar etwas Hässliches.«
    »Und all das findest du, indem du einem Kerl beim Fischessen zusiehst?«, brummte Cheelo. »Ich halte nicht viel von Poesie, hätte aber nichts dagegen, wenn du mir ein paar deiner Werke vortragen würdest. Als deine Inspirationsquelle darf ich das wohl verlangen, glaub ich.«
    »Ich würde dir gern etwas vortragen, aber ich fürchte, dass viele Feinheiten und Nuancen bei der Übersetzung verloren gehen. Du verstehst die kulturellen Anspielungen und Bezüge nicht, und manche Gedanken lassen sich schlicht und ergreifend nicht in deine Sprache übertragen. Um sie zu verstehen, müsstest du ein Thranx sein.«
    »Ach ja?« Cheelo nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Wasseraufbereiter, lehnte sich mit dem Rücken gegen den Baum, die Knie vor sich gespreizt, und bedachte den übergroßen Arthropoden mit einer gebieterischen Geste. »Stell mich auf die Probe!«
    »Dich auf die Probe stellen?«, fragte der Thranx verwirrt.
    »Damit meine ich: Trag mir vor, was du verfasst hast!«, erläuterte Cheelo ungeduldig.
    »Also schön. Ich trage zwar nur ungern etwas vor, ohne es zuvor geprobt zu haben, aber da du ohnehin nicht viel davon verstehen wirst, spielt es wohl keine Rolle. Wenn ich mein Gedicht in deine Sprache übersetze, kann ich es nicht flüssig vortragen, aber ich hoffe, dass du ein Gefühl dafür bekommst, welche Wirkung ich erzielen will.«
    »Warte! Warte mal kurz!« Cheelo durchwühlte seinen Rucksack und holte eine kleine Taschenlampe hervor. Ein Blick zum Blätterdach verriet ihm, dass ihr Lagerplatz aus der Luft kaum zu entdecken war. Keine tief fliegende Sonde versperrte die Aussicht auf die wenigen Sterne, die man durch die Blätter sah, und die Wolken würden sie vor den Blicken aller schützen, die in größerer Höhe unterwegs waren. Cheelo schaltete die Taschenlampe an und legte sie so auf den Boden, dass der matte Lichtkegel den Thranx erfasste. In der Dunkelheit wirkten die steifen Gliedmaßen des Außerirdischen, seine wippenden Antennen und die blitzenden Facettenaugen, als gehörten sie einem atavistischen Monster, das einem Albtraum entsprungen war - doch war es schwer, sich vor etwas zu fürchten, das so roch wie eine Pariser Parfümboutique.
    »Ich glaube, der Titel meines neuesten Werkes ist unübersetzbar.«
    »Das ist schon in Ordnung.« Cheelo winkte gönnerhaft.
    »Ich stell mir einfach vor, dass es ›Fisch essender Mensch‹ heißt.« Cheelo verschlang den restlichen Fisch und leckte sich sodann das Fischfett und winzige weiße Fleischreste von den Fingern. Desvendapur unterdrückte seinen Ekel und begann mit dem Vortrag.
    In der tropischen Nacht vermengten sich die Worte des Dichters mit seinen schneidenden, leisen Pfiffen und mit seinen Klicklauten, die sowohl im Klang als auch in der Lautstärke variierten: angefangen bei kaum hörbarem Klopfen bis hin zu rhythmischem Hämmern, das an gedämpfte Trommeln erinnerte. Der Thranx untermalte den imposanten Vortrag mit komplizierten, tänzerischen Gesten und ausholenden Bewegungen, die er mit den vier Vordergliedern und allen sechzehn Fingern vollzog. Seine Antennen zuckten und wanden sich, neigten sich vor und wippten auf und ab,

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