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Die Außenseiter

Die Außenseiter

Titel: Die Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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derbe Antwort des Menschen, empfand Desvendapur freudige Erregung. Ein derart primitives soziales Verhalten war unter den Thranx fast gänzlich unbekannt: Da sie auf engem Raum unter der Erde zusammenlebten, fußte ihre Gesellschaft gezwungenermaßen auf einem komplexen System von Umgangsformen, in dem Höflichkeit und gutes Betragen die Norm waren. Mit seinem aggressiven Verhalten bescherte der Mensch ihm wahre Inspiration!
    Er holte den Sch'reiber hervor und diktierte einen maschinengewehrschnellen Schwall aus Worten, Klick- und Pfeiflauten ins Mikrofon.
    Cheelo runzelte die Stirn. »Worüber schwafelst du jetzt schon wieder?«
    »Ich versuche nur, den Moment festzuhalten. Offener Zorn ist bei uns Thranx eine Seltenheit. Bitte behalte deinen Tonfall und deine schroffen Worte bei!«
    »Beibehalten ...? Für was hältst du mich, verdammt noch mal? Für eine Art Mustermensch, den du in Reimen festhalten kannst?« Er hob die Stimme. »Glaubst du etwa, ich bin nur in diesem Dschungel, damit du etwas hast, worüber du dichten kannst?«
    »Wundervoll! Fabelhaft!«, hauchte der Thranx in feinstem Terranglo. »Nicht aufhören!«
    Cheelo verschränkte die Arme vor der Brust machte ein entschlossenes Gesicht. Als Desvendapur klar wurde, dass der Mensch seinen Wortschwall unterbrochen hatte oder vielleicht sogar überhaupt nichts mehr sagen würde, drückte er enttäuscht eine Taste auf dem Sch'reiber und stoppte die Aufzeichnung. Ob er den Zweifüßer irgendwie dazu bewegen könnte weiterzureden? Ohne zu zögern und gegen seine eigene Natur verstieß Desvendapur gegen alle Glaubensinhalte und Wertvorstellungen, die man ihm bei seiner Erziehung vermittelt hatte ... und wetterte zurück. Die jugendliche Larve in ihm rebellierte empört gegen seinen Tonfall, doch ansonsten war niemand in der Nähe, den seine Worte hätten schockieren können.
    »Ich gehöre nicht zu eurer kleinen, primitiven Insektenplage. Wenn du versuchst, mich zu zertreten, rutschst du sowieso ab. Oder ich werfe dich in den nächstbesten Fluss!«
    Cheelo kniff die Augen zusammen. »Dazu bräuchtest du eine Käferarmee! Wenn hier einer irgendwen durch die Gegend wirft, dann bin ich das!«
    »Na dann komm doch her!« Erstaunt über die eigene Verwegenheit, den Kopf voller wirbelnder, brennender, knisternder Verse, wandte sich Desvendapur dem Menschen zu und nahm eine Verteidigungshaltung ein: die Antennen aufmerksam aufgerichtet, die Echthände zurückgeklappt und die kräftigeren Fußhände vorgestreckt. Die acht Finger der Fußhände hatte er abgespreizt, dazu bereit, sofort zuzupacken. Thranx mochten vielleicht eine überaus höfliche Spezies sein, aber keine wehrlose. »Das will ich sehen!«
    Cheelo Montoya erwog, ob er die Herausforderung annehmen sollte. Deutlich spürte er das Gewicht der Pistole in seinem Holster. Er war größer und schwerer als das Insekt, hatte aber nur halb so viele Arme und Beine. Da die Muskulatur des Thranx unter dem chitinösen Ektoskelett verborgen lag, konnte Cheelo nicht einschätzen, wie stark sein Gegner sein mochte. Er wusste, dass kleine Insekten wie Ameisen und Flöhe ein Vielfaches des eigenen Körpergewichts tragen konnten, doch das bedeutete ja nicht, dass ein Wesen von der Größe eines Thranx eine proportional gleich hohe Körperkraft haben musste. In der kurzen Zeit, die er mit dem Thranx durch den Dschungel gelaufen war, hatte er ihn weder Felsblöcke werfen noch Bäume beiseite drücken sehen.
    Langsam ließ er sich den Rucksack vom Rücken gleiten. Ein Bach floss in der Nähe, der sich an einer Stelle zu einem recht großen Teich verbreiterte. Das müsste zu Demonstrationszwecken genügen.
    Als Cheelo sich dem Thranx näherte, bewegte dieser sich hin und her, federte auf und ab, damit der Mensch gezwungen war, sich mit einem beweglichen Ziel auseinander zu setzen. Cheelo versuchte, hinter seinen Gegner zu gelangen, doch der Thranx drehte sich auf seinen vier Beinen mit, sodass er ihm stets das Gesicht zuwandte. Versuchsweise ließ Cheelo die rechte Hand vorschnellen, um eine der beiden ausgestreckten Fußhände zu packen. Der Thranx zog die eine Fußhand zurück und schlug ihm mit der anderen kräftig auf das Handgelenk. Der Schlag schmerzte mehr, als Cheelo erwartet hatte, und reflexartig riss er den Arm zurück.
    »Komm schon!«, reizte Desvendapur den Menschen, während er zugleich versuchte, sich so viele der neuen Strophen wie möglich zu merken, die ihm durch den Kopf schossen. Das war außergewöhnlich!

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