Die Außenseiter
und ein stechender Schmerz schoss ihm durch den Bauch, doch ließ er sich nichts davon anmerken. »Das? Das war mein Freund.« Er hob den Blick und lächelte Shannon an, dann sah er dem grauhaarigen Mann ins Gesicht, der offenbar das Sagen hatte.
»Ich biete Ihnen eine echte Jahrhundertstory an. Wollen Sie sie oder soll ich lieber verlauten lassen, dass ich mit einem anderen Medienkonzern verhandeln will?«
Der Chefredakteur hielt seine unerschütterliche Gelassenheit aufrecht, doch verzog er den Mund fast unmerklich zu einem Lächeln. »Wir wollen die Story - wenn noch mehr an ihr dran ist, als das, was wir bis jetzt wissen. Die entscheidende Frage lautet aber: Was wollen Sie?« Er deutete mit dem Kopf auf Shannon. »Ms Shannon hier hat mir zwar schon gesagt, dass Sie verhandeln wollen, aber ich kenne noch keine Details.«
Alle sahen Cheelo mit erwartungsvollen Mienen an. Das gefiel ihm sehr. Es gab ihm das Gefühl ... bedeutend zu sein. »So ist's schon besser. Zunächst einmal will ich, dass man alle Anklagepunkte fallen lässt, die gegen mich erhoben wurden oder noch erhoben werden sollen.«
»Soweit ich weiß, haben Sie jemanden ermordet«, hielt Shannon ihm kühl entgegen.
Cheelo wusste, dass sie ihn nicht mochte. Das spielte keine Rolle: Sie musste nur begreifen, dass er ihr eine wirklich große Story zu bieten hatte. Er war nicht der Einzige, dem ein Ehrenwort noch etwas bedeutete. Auf der ganzen Welt verließen sich noch immer viele auf das Ehrenwort eines anderen. »Wie ich Ihnen schon gesagt habe, war das ein Unfall. Der Idiot musste unbedingt den Macho spielen, meine Pistole packen und mit mir kämpfen. Niemand kann mir Vorsatz nachweisen. Befragen Sie seine Frau, und Sie werden sehen, dass ich die Wahrheit sage.«
»Trotzdem«, wandte der Chefredakteur unerbittlich ein, »haben Sie einen unschuldigen Mann getötet.«
»Biegen Sie's für mich gerade!«, forderte Cheelo rau und kompromisslos. »Ich weiß, wozu die Medien imstande sind. Wenn alle Anklagen gegen mich fallen gelassen wurden, soll auch mein Straftatenregister gelöscht werden. Ich will wieder von vorn anfangen.«
»Damit Sie Ihr Register erneut mit Einträgen füllen können?« Der Redakteur seufzte. »Was Sie verlangen, lässt sich machen. Es ist aufwendig und teuer, aber machbar. Vor allem, wenn die Aussage der Ehefrau Ihre Behauptungen untermauert. Was noch?«
»Geld. Ich hab mir noch nicht überlegt, wie viel. Darüber können wir verhandeln.« Sein Tonfall wurde sehnsüchtig. »Sie glauben mir vielleicht nicht, aber indem ich mich aufgreifen ließ, habe ich mehr Geld geopfert, als Sie sich vorstellen können. Und nicht nur das, ich hab sogar meine zukünftige Karriere aufgegeben.«
»Wie nobel von Ihnen.« Während der Redakteur redete, machten sich die drei anderen Reporter Notizen. Notizen dachte Cheelo. Letztlich ist das ist alles, was uns ausmacht: ein Haufen Notizen, die ein anderer sich über uns macht. Wenn wir sterben, hängt es allein von diesen Notizen ab, ob man vergessen wird oder nicht. Es sei denn, wir nehmen uns die Zeit, selbst welche zu machen.
»Eine Sache noch.« Er schob Shannon den außerirdischen Sch'reiber zu. »Ich will, dass Sie alles, was hier drin gespeichert ist, veröffentlichen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wovon die Gedichte handeln, und erst recht nicht, in welcher Form Sie sie am besten herausgeben, denn sie sind nicht mit menschlicher Dichtung vergleichbar. Aber ich will, dass Sie es tun. Sie veröffentlichen seine Werke und verbreiten sie! Sowohl unter den Thranx als auch hier auf der Erde.«
»›Verbreiten‹?« Shannon beäugte ihn amüsiert.
»He, ich bin arm, aber nicht dumm! Ich will Des' Kunst veröffentlicht sehen. Damit jeder sie genießen kann.«
»Wir Menschen können doch mit thranxischer Dichtung nichts anfangen«, wandte der zweite Reporter ein.
»Vielleicht nicht viel, aber die Thranx werden Notiz von seinem Werk nehmen, ob sie wollen oder nicht. Wenn es erst veröffentlicht ist, können sie es nicht mehr ignorieren. Diese Dichtung ist großartig, ein umwerfendes Werk. Ein bedeutendes Werk.« Er verengte die Augen zu Schlitzen. Zu sehr schmalen Schlitzen. »Bedeutender als alles, was ich jemals zustande bringen werde.«
Zum ersten Mal wich die unverhohlene Abneigung und Geringschätzung, mit der Shannon dem Gefangenen begegnete, einem Gefühl der Unsicherheit. »Woher wollen Sie das wissen, wenn sie die Gedichte nicht verstanden haben?«
»Ich weiß es, weil Des so sehr
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