Die Außenseiter
daran geglaubt hat - die Art, in der er über seine Kunst sprach, wie er sie mir vortrug -, auch wenn ich nicht viel davon begriffen habe. Ich weiß es, weil er alles aufgegeben hat, um etwas Bedeutendes zu schaffen. Ich bin kein Künstler - ich kann keine Skulpturen formen, nicht malen, keine Lichtmuster erzeugen, und ich kann auch nicht besonders gut schreiben. Aber ich erkenne Leidenschaft, wenn ich sie sehe.« Seine Miene hellte sich auf. »Ja, das hat Des ausgemacht. Seine Leidenschaft.« Er tippte auf das Gehäuse des Sch'reibers. »Dieses Gerät steckt voller Leidenschaft, und ich will, dass die Gedichte überall erhältlich sind, damit jeder sie kaufen kann.«
Zum ersten Mal zeigte der Chefredakteur eine Regung. »Wieso? Wieso sollte es Sie kümmern, was mit dem Werk eines obskuren außerirdischen Künstlers passiert? Die Kunst bedeutet Ihnen nichts. Er bedeutet ihnen nichts.«
»Das weiß ich nicht genau. Vielleicht - vielleicht will ich es, weil ich schon immer geglaubt habe, dass jeder für seine Sache einstehen muss, selbst wenn der Rest der Gesellschaft nichts davon hält, und dass keiner vergebens sterben sollte. Ich hab schon zu viele Leute umsonst sterben sehen. Ich will nicht, dass mir das auch passiert - und auch nicht Des.« Er zuckte die Achseln und sah zum Fenster, das viel zu klein war, als dass ein Gefangener hätte hindurchkriechen können. Draußen lag die Stadt und hinter ihr der Regenwald. »Vielleicht passiert es mir ja trotzdem. Ich bin kein besonderer Mensch. War ich nie und werd's vermutlich nie sein. Aber ich werde dafür sorgen, dass der Tod meines Freundes nicht vergebens war.«
Während die Reporter respektvoll warteten, überdachte der Redakteur die Worte des Gefangenen. Schließlich sah er Cheelo an. »Also schön. Wir akzeptieren Ihre Bedingungen. Ausnahmslos. Vorausgesetzt, dass sich hinter ihrer schillernden Alien-Geschichte wirklich etwas Spektakuläres verbirgt.«
Beruhigt lehnte Cheelo sich im Stuhl zurück. Trotz seiner beiden unbestreitbar außerirdischen Beweisstücke war er bis zuletzt nicht sicher gewesen, ob die Medienvertreter sich auf den Handel einlassen würden. Wenn er sich nicht sehr irrte, würde er schon bald wieder frei sein. Ein toter Thranx-Dichter hatte ihn die Karriere gekostet, aber würde ihm zur Freiheit verhelfen.
Welche Folgen diese Freiheit letztlich haben sollte, hatte er nicht vorhersehen können. Er hatte nur frei sein wollen. Dass er berühmt werden würde, hatte er nicht erwartet.
Die Reporter durchsuchten den Regenwald; dank der Koordinaten, die der Dieb ihnen genannt hatte, konnten sie das Suchgebiet genau eingrenzen, und tatsächlich fanden sie nach wenigen Wochen die Thranx-Kolonie. Die Entdeckung wurde weltweit publik gemacht, und die Menschen reagierten empört. Die Repräsentanten der Kolonie und ihre verdeckt arbeitenden menschlichen Verbündeten mussten sich für das Geheimprojekt verantworten, was letztlich nur auf eine Weise enden konnte.
Die Botschafter von Menschen und Thranx, deren umsichtige diplomatische Arbeit zunichte gemacht war, bemühten sich nach Kräften darum, dass der erschütterte Annäherungsprozess zwischen beiden Spezies nicht zum Erliegen kam. Dazu gezwungen, alle interspeziären Gespräche voranzutreiben und Vorschläge zu unterbreiten, die bestenfalls durchdacht waren, beeilten sie sich, die ersten formellen Abkommen zwischen Menschen und Thranx zu formulieren und zu unterzeichnen - gut zwanzig bis vierzig Jahre, bevor ihre beiden Völker dazu eigentlich bereit waren. Den beiden Spezies blieb nichts anderes übrig, als die unvorhersehbaren Konsequenzen dieser Abkommen zu tragen. Die Alternative wäre gewesen, die diplomatischen Beziehungen sofort abzubrechen, was durchaus auch in offene Feindseligkeit hätte umschlagen können.
Was die Kolonie im Amazonasgebiet betraf, so wurde sie nur deswegen nicht geräumt, weil die Thranx den Menschen schnell gestatteten, auf ihrer Heimatwelt Hivehom ebenfalls eine Kolonie zu gründen - zusätzlich zu der viel kleineren Kolonie auf Willow-Wane. Die Zweifüßer suchten sich ein Gebiet aus, das sie schon die ›Hochebene von Mediterrania‹ nannten, eine Gegend, die so karg und kalt war, dass sie für die Besiedlung durch Thranx nicht infrage kam. Dank der ›Zwangsannäherung‹, die aus der Enthüllung der Kolonie resultierte, entdeckten Menschen und Thranx schnell, dass sie sich gegenseitig besser ergänzten, als es die bisherige Diplomatie je hätte erahnen lassen
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