Die Außenseiter
nächsten Kontrollstation, bereit, sich jeder Herausforderung zu stellen, die ihn dort erwarten würde.
Seine Sorge war unbegründet. An jedem der folgenden Kontrollpunkte wurde seine Anwesenheit und Rechtmäßigkeit bestätigt. Falls er sich überhaupt je um die Integrität seiner falschen Identität gesorgt hatte, so trugen die zwei Tage, während deren er immer wieder überprüft worden war, entscheidend dazu bei, diese Sorge abzulegen.
Man brachte sie bis zum folgenden Tag in einer gemeinsamen Unterkunft unter, und am Morgen stand der Atmosphärenshuttle schon für sie bereit. Im Orbit wartete der Plusraum-Transporter Zenruloim auf sie. Niemand hatte ihnen offiziell mitgeteilt, dass sie nach Hivehom gebracht werden würden, und das war auch gar nicht nötig gewesen: Schließlich wusste jeder, dass das Projekt dort durchgeführt wurde.
Desvendapur versuchte, sich mental auf die vor ihm liegende Reise vorzubereiten. Sein erster Flug zu einer anderen Welt würde ihn gewiss zu einem längeren Gedicht inspirieren. Nach dem Flug stünde die Landung auf einem völlig fremden Planeten an, auf der uralten Heimatwelt der Thranx. Und dann würde Desvendapur endlich umfassenden und engen Kontakt zu den außergewöhnlichen Säugetieren namens Menschen haben! Seine Kabine war halbwegs komfortabel, trotzdem fand er kaum Schlaf.
Am folgenden Morgen war er sehr aufgeregt - ein Gefühl, dass er weder unterdrücken noch erklären konnte. Mit Genugtuung stellte er fest, dass die beiden Wissenschaftler, weit davon entfernt, intellektuell oder emotional über solchen Gefühlen zu stehen, ebenso unruhig waren wie Des und die Müllentsorgerin.
Über eine lange Zustiegsrampe gingen sie an Bord des Shuttles. Die ganze Zeit über gelangten sie nicht ein einziges Mal ins Freie, doch das war völlig normal: Ein Stock ist, abgesehen von den Parks und Erholungsstätten, unterirdisch angelegt. Der Atmosphärenshuttle selbst war von bescheidener Größe, lang und flach. Man gab ihnen einige knappe Anweisungen für den bevorstehenden Flug; niemand stand auf dem Startfeld, um ihnen auf Wiedersehen zu sagen, und noch ehe Desvendapur Zeit fand, seine Umgebung in Augenschein zu nehmen, hatte der Shuttle auch schon abgehoben und donnerte dem Orbit entgegen.
Fort von dem Planeten, auf dem Des bisher gelebt hatte. Der Regierungstransporter hatte keine Sichtfenster, doch Des brauchte nur einige Tasten auf der Kontrolltafel seines Sitzes zu drücken, um eine dreidimensionale Projektion der Rundumansicht aufzurufen. Er sah, wie Willow-Wane unter ihm schrumpfte und wie das Firmament, voller Sterne und Welten und anderer Spezies - primitiven wie intelligenten, vertrauten und fremden -, ein winziges Stück näher rückte. Frische Inspiration brodelte in ihm, kochte jedoch nicht über. Das würde sie erst tun, wenn er engen Kontakt zu den Zweifüßern haben würde. Sobald er von den seiner Spezies so fremdartig erscheinenden Menschen umgeben wäre, von Zweifüßern, die in ihren eigenen Behausungen lebten, würde eine Welle der Erleuchtung ihn überspülen und ihn von dem kindischen, klassischen Erbe der traditionellen rhythmischen Thranx-Dichtkunst befreien.
Er hatte hart gearbeitet, viel und lange studiert, sich sein ganzes Leben lang mühevoll auf diesen Moment vorbereitet. Alles ihm zugängliche Wissen hatte er in sich aufgesogen, sämtliche Aufzeichnungen und Berichte. Er wusste, wie die Menschen lebten; aber das war selbstverständlich nicht damit zu vergleichen, mitten unter ihnen zu leben. Des wusste aus seinen Studien, ja aus eigener, wenn auch begrenzter Erfahrung, wie Menschen rochen, doch viele von ihnen mit den eigenen Sinnen wahrzunehmen, sie zu riechen, würde etwas völlig anderes sein. Er wusste, wie sie sich bewegten, wie ihre seltsam beschränkten Sprachmuster klangen, wie sie das Universum mit ihren winzigen einlinsigen Augen betrachteten, wie ihr Verdauungssystem arbeitete, das nicht nur normale Nahrung, sondern auch Produkte aus toten Tieren zersetzen konnte. All diese Dinge wusste er, doch sie aus Projektionen oder Texten aus zweiter und dritter Hand zu erfahren, war nicht das Gleiche, wie sie selbst zu erleben.
Obendrein handelte es sich bei all diesen Informationen um Wissen, das unter kontrollierten Bedingungen gesammelt worden war. Vom Standpunkt eines Künstlers (im Gegensatz zu dem eines Wissenschaftlers) schätzte er seine kurze, gefährliche Begegnung mit dem Menschen im Rilth über Geswixt mehr als alle aufgezeichneten
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