Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
fort. »Kein Alkohol am Steuer in Sicht, und dich kann ich auch nicht auf dem Rücksitz entdecken, May. So viel dazu.«
Ich überlegte kurz. »Na ja, wenn ich unsichtbar bin, kannst du mich natürlich nicht sehen, ist ja klar. So viel dazu.« Ich streckte ihr meine Zunge entgegen.
»Oh, wie erwachsen â¦Â«
»Könntet ihr zwei mal eine Minute lang die Klappe halten?«, fuhr June uns an. »Ich versuche nämlich gerade rauszukriegen, ob Chad so ein auf Dates spezialisierter Vergewaltiger ist. Meine Güte.« Ihre Augen bewegten sich blitzschnell, und ihre Finger klopften rhythmisch auf ihre Jeans. »O-kay«, sagte sie langsam. »Nein, kein Vergewaltiger. Er denkt, dass ihm seine chemische Reinigung zu viel Geld abknöpft. Und dass er dringend sein Auto zum Ãlwechsel in die Werkstatt bringen muss.«
»Na, damit ist alles klar«, entschied ich. »Wir können Mom auf überhaupt gar keinen Fall in so âner Rostlaube mitfahren lassen. Ist ja die reinste Todesfalle.«
June seufzte nur. »Ich muss dir leider mitteilen, dass er komplett vertrauenswürdig ist. Ein bisschen peinlich vielleicht, aber da passt er ja zu Mom.«
April zuckte mit den Schultern und warf dann schwungvoll ihre Haare zurück. »So siehtâs aus«, fasste sie zusammen. »Die Singlebörse ist eröffnet.«
»Was denn, habt ihr beide denn gar kein Problem damit?«, fragte ich und starrte meine Schwestern ungläubig an. »Wir wohnen noch kein halbes Jahr hier! Bis vor zwei Stunden hat sie uns noch nicht mal gefragt, ob wir damit klarkommen, und ihr wollt schon wieder untätig zugucken?!«
June sah mich an und sagte: »Du solltest mal âne Beruhigungspille einwerfen.«
»Vielleicht kann mir deine Mariah ja eine leihen«, gab ich zurück.
June tat so, als würde sie angestrengt lauschen. »Hä? Habt ihr das auch gehört? Labert da jemand? Muss wohl irgendwie unsichtbar sein, ich seh jedenfalls keinen. Na ja, offenbar niemand von Bedeutung.«
»Verdammt noch mal, ich bin doch hier kein Wrestling-Schiedsrichter!«, schrie April uns an und baute sich zwischen uns auf. »Hört endlich auf damit. Ihr geht mir ja so dermaÃen auf den Geist.«
June stutzte. »Wieso hast du denn gerade an Julian gedacht?«
April wurde rot. »Hab ich gar nicht.«
»Doch, hast du. Gerade eben.« June grinste hinterlistig. »Du liiiiieeeebst ihn, stimmtâs?«
Ich sagte zu April: »Mach sie ruhig fertig. Ich verrat es keinem.«
Da steckte Mom ihren Kopf zur Tür herein. »Mädels, wir fahren jetzt los«, sagte sie. »Und May, wir unterhalten uns später noch mal über geeignete Schauplätze für Sarkasmus.« Dabei warf sie mir einen vielsagenden Blick zu.
Ich seufzte. »Was kann ich denn dafür, wenn meine Begabung an diesem Schauplatz hier nicht angemessen gewürdigt wird?«
»Viel SpaÃ, Mom«. April winkte.
»If he likes it, he should put a ring on it«, ergänzte June, »um es mal mit Beoyncé zu sagen.«
Mom strich June lachend über die Haare und nahm dann ihre Handtasche. »Okay Mädels, macht euch noch ânen hübschen Abend. Und bitte nur anrufen, falls das Haus in Flammen steht oder sich eine von euch die Knochen bricht.«
»Und was sollen wir bei einer Gehirnerschütterung machen? Dir âne SMS schicken?«
Noch ein vielsagender Blick von Mom, und weg war sie.
Fünf Minuten später lag ich oben in meinem Zimmer auf dem Bett und begutachtete meine Paris-Fotos. Ich hatte mit dem Sammeln erst richtig angefangen, nachdem wir hierhergezogen waren, weil ich eigentlich nur weg von hier wollte, irgendwohin. Als ich mich gerade an den Anfang geklickt hatte, spazierte April an meinem Zimmer vorbei. »May, Henry ist da!«
Ich warf einen Blick auf den Wecker neben meinem Bett. »Nee, kann gar nicht sein. Ist doch erst viertel vor sieben.«
Es klingelte an der Tür.
»Hab ichâs nicht gesagt!«, rief April durch den Flur, während sie ihr Zimmer ansteuerte, um sich ihren geliebten Hausaufgaben zu widmen. »Find ich süÃ, wie du immer denkst, ich irre mich.«
»Rate mal, was ich sonst noch so denke«, murmelte ich, ging aber die Treppe runter, um Henry die Tür aufzumachen.
Da stand er nun in der Diele, wie kurz zuvor noch Chad. Ãber der Schulter hatte er einen riesigen Stanford-Rucksack, der so
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