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Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Titel: Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Benway
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gefühlt tausendsten Mal. »Ich hab vor dem Schlafengehen noch ’ne Cola getrunken. War wohl nicht so clever.«
    Sie log. Ich wusste es.
    Sie log mich an.
    Doch was April nicht wusste, war, dass auch ich Geheimnisse hatte.
    Als das mit dem Gedankenlesen anfing, waren die Signale, die ich empfing, noch ziemlich chaotisch. Das passiert übrigens immer noch ab und zu – zum Beispiel als ich doch echt der Meinung war, dass dieser Typ namens Travis gerade über den Kauf eines BHs sinnierte, obwohl das die Gedanken des Mädchens neben ihm waren. (Das war vielleicht krass, sag ich euch.) Und als ich mitkriegte, was Jessica und Daphne im Laufe des Tages so alles über Mariah dachten, hatte ich auch anfangs das Gefühl, dass diese Gedanken von anderen kamen.
    Eingebildete Tusse.
    Hält sich für sonstwie toll, dabei weiß doch jeder, dass sie sich letztes Jahr den BH ausgestopft hat. Einfach nur peinlich.
    Doch als ich die Gedanken unserer Mom mitbekam, als sie uns von ihrem geplanten Date am Abend erzählte, wusste ich, dass ich mich nicht verhört hatte.
    Sie wunderte sich, dass May schon von ihrer Verabredung wusste, und fand das merkwürdig. Und dann dachte sie daran, wie sehr May sie immer wieder an ihre eigene Mutter erinnerte, also an unsere Großmutter.
    Ihr fiel wieder ein, dass es ihr früher oft so vorgekommen war, als ob ihre Mom ihre Gedanken lesen konnte.
    Danach konnte ich ewig nicht einschlafen, selbst als April sich längst wieder beruhigt hatte und alle ins Bett gegangen waren. Mein Kopf fühlte sich in etwa so an, als sei er an eine Batterie angeschlossen, so hibbelig war ich. Also wartete ich, bis meine beiden Schwestern schliefen und ihre Gedanken in ihre wirren, verkorksten Träume verwickelt waren (May träumt manchmal von einem Nashorn, so schräg ist sie drauf), stand auf und schlich mich den Flur entlang bis zu Moms Zimmer.
    Unter ihrer Tür schien noch Licht hindurch. »Mom?«, flüsterte ich und klopfte ganz vorsichtig an. »Bist du noch wach?«
    Â»June?«, rief sie, und ich machte die Tür auf. Sie lag im Bett und las, und das Bett wirkte sehr groß und leer mit nur Mom darin. Sie schlief auf derselben Seite wie immer, und ich fragte mich, ob Dad in Houston das wohl auch so machte.
    Bei dem Gedanken daran wurde mir ganz einsam ums Herz – ungefähr so einsam, wie man sich fühlt, wenn man einen traurigen Film guckt, aber vor seinen Freunden nicht heulen will. Irgendwie tat es weh.
    Â»Hallo«, sagte ich, als ich so in der Tür stand.
    Sie nahm ihre Lesebrille ab und legte das Buch zur Seite. »Hallo, mein Schatz. Was ist denn los?«
    Â»Der Bär«, antwortete ich automatisch, obwohl das eigentlich Mays alberner Standardspruch war. »Ich kann nicht schlafen.«
    Sie seufzte und winkte mich heran. Ich kletterte zu ihr ins Bett und kuschelte mich an sie, so wie ich es als kleines Mädchen immer gemacht hatte. »Hat April dich verunsichert?«
    Â»Nein.« Mich verunsicherte gerade ziemlich vieles, aber das konnte ich schlecht zugeben.
    Â»Bestimmt? Es ist alles ziemlich verrückt im Moment, stimmt’s, mein Junie-Bienchen?«
    Ich nickte. »Total verrückt. Kann ich dich was fragen?«
    Sie strich mir den Pony aus dem Gesicht. »Klar. Schieß los.«
    Â»Wie war eigentlich unsere Großmutter so?«
    Ihre Hand erstarrte in der Bewegung, und ich schaute in ihr Gesicht. Ich nahm Verwunderung, Wehmut und Neugier wahr. Weshalb will sie das denn wissen?
    Â»Bin halt nur neugierig«, sagte ich. »Wir reden ja eigentlich nie über Großmutter, und in der Schule ging es gerade um Familiengeschichte und Stammbäume und so.« Das war eine fette Lüge, aber egal. In unserer Lage ging das klar.
    Meine Mom holte tief Luft. »Als sie starb, war ich 15«, erzählte sie. »Das war nicht einfach damals. Ich hatte keine Brüder, oder Schwestern, so wie ihr, und euer Großvater war ziemlich … Wie nennt ihr das immer? Old-school?«
    Ich grinste. »Old-school, genau.«
    Â»Ja, so war er. Er redete nicht viel über das, was er fühlte. Oder was ich fühlte.«
    Â»Willst du deshalb immer, dass wir über alles reden und uns gegenseitig erzählen, was wir erlebt haben, und dass wir Sachen gemeinsam machen?«
    Â»Auch, ja.«
    Â»Okay, also wie war Oma nun?«
    Mom legte eine noch längere Pause ein, und ich konnte drei Personen erkennen –

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