Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
würde sterben) oder wir in Situationen geraten, die mit Notaufnahme oder Schwimmbad zu tun haben. Aber ich hatte einfach das Gefühl, dass Beine-rasieren vor dem ersten Date angebracht wäre. Bestimmt gehörte das irgendwie dazu.
Inzwischen wusste ich, dass Julian mich um drei nach sieben abholen würde (die drei Minuten Verspätung kamen daher, dass er auf dem Weg zu uns an einer roten Ampel hinter einem Bus hängen blieb. Die Ampeln in dieser Gegend sind manchmal voll die Dauerbrenner.) Wir wollten uns in einem Programmkino, das 20 Autominuten von uns entfernt war, diesen neuen französischen Film ansehen. AuÃerdem wusste ich schon, dass Julian so um Minute 43 herum versuchen würde, meine Hand zu halten. Daher würde ich rechtzeitig für Ablenkung sorgen und die Popcorntüte umschmeiÃen. Es war einfach ein besseres Gefühl, eine Strategie zu haben. Ich sollte bei Gelegenheit dringend einen Blick in Julians Zukunft werfen und prüfen, ob June darin irgendwo vorkam. Für Ãberraschungen hatte ich nämlich jetzt echt keinen Nerv. Ãberraschungen erinnerten mich immer nur daran, dass ich nicht alles vorhersehen konnte.
Aber das Allerwichtigste war, Julian von der Party fernzuhalten.
Nach dem Duschen zog ich Jeans und meinen besten Pullover an â den grauen mit dem V-Ausschnitt, der an den Seiten noch nicht so viele Knötchen hatte. AuÃerdem wischte ich meine Turnschuhe sauber und benutzte Junes Haarzeugs, um vorn diesen dämlichen Wirbel zu bändigen. Ich nahm sogar ein bisschen getönten Lipgloss, der nach Melone schmeckte. Eigentlich sah ich gar nicht so übel aus, wie ich zugeben musste. Und anständig. Nicht wie eine mit prophetischen Fähigkeiten.
Um 18.30 Uhr am selben Abend nahm ich den zweiten Teil meines Aktionsplans in Angriff.
Lässig schlenderte ich wie zufällig in Mays Zimmer. Sie lag in Jeans und schwarzem Kapuzenpullover mit einem aufgeschlagenen Geschichtslehrbuch auf ihrer lila gefärbten Tagesdecke und spielte mit einem Stift. »Wehe denen, die hier eintreten«, verkündete sie, ohne aufzuschauen.
»Dennoch will ich es wagen«, entgegnete ich.
»So soll es dein Begräbnis sein.«
Das ignorierte ich mal eben und lieà mich auf ihrer Bettkante nieder. »May«, begann ich. »Allerbeste Schwester von allen.«
»Nein.« Sie sah mich immer noch nicht an. »Was auch immer du fragen willst, die Antwort ist Nein.«
»Ich will doch nur bewundern, wie â¦Â«
»Nein.«
Ich seufzte. »Okay, ich muss dich um einen Riesengefallen bitten.«
»Wär ich jetzt nicht draufgekommen.«
»Hat was mit June zu tun.« â©Â»Wird ja immer besser.« May blätterte ungerührt eine Seite um.
»Sie will heute Abend mit Mariah zu âner Party, und â¦Â« Nervös holte ich Luft. »⦠ich will, dass du ihr dahin folgst.«
Jetzt sah mich May mit ihren blaugrünen Augen an. Sie hat die gleiche Augenfarbe wie unser Dad, was irgendwie gespenstisch ist. »Und wie genau soll ich das deiner Meinung nach ⦠oh nein.«
»Ach komm schon, May â¦Â«
»Nein. Ausgeschlossen. Du willst, dass ich unsichtbar werde und unserer kleinen Schwester nachschleiche? Das ist ober-uncool. Dafür wird dich die Ethikpolizei in den Knast bringen.«
»Die gibtâs doch gar nicht.«
»Dann droht dir eben âne Zivilfestnahme.«
»May! Wir reden hier von unserer Schwester! Sie ist vielleicht in Gefahr!«
»Mensch April, das weiÃt du doch gar nicht!«, rief sie, warf ihr Buch beiseite und setzte sich auf. »Vielleicht wurde sie ja gerade geblitzt, als du diese komische Vision hattest!«
»Sie hat doch nicht mal ânen Führerschein! May, nun komm schon. Ich kann doch selbst nicht hin. Du bist die Einzige, die auf sie aufpassen kann.«
May lachte los. »Wie jetzt? Was soll das denn heiÃen? Wer kann hier in die Zukunft sehen? Bitte alle mal die Hand heben!« Sie sah sich im Zimmer um und schaute dann wieder zu mir. »Ach soooo, stimmt ja. Das bist ja du. Kannst du vielleicht mal eine entsprechende Vision herzaubern? So âne Art Sneak Preview?«
»Denkst du, das hab ich nicht probiert? Aber ich krieg nicht mehr raus, als dass June diesen albernen rosa Rock und rote Pumps anhat und Mariah total hinüber ist.«
May schnaufte verächtlich. »Na, das hätt ich dir auch sagen können.«
»Tja, mehr
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