Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
ertragen in den letzten Wochen«, sagte er grinsend. »Fahrt Ihr mal in Euer neues Zuhause, ich werde mich um alles kümmern, die Jungs sind da hinten und werden helfen. In null Komma nichts haben wir Euer Gepäck von Bord.«
»Ach, Herr Wölsch, es freut mich so, Euch zu sehen. Das ist, wie nach Hause zu kommen.« Emilia seufzte erleichtert. »In der Kabine ist der Hund. Ich habe sie angebunden, damit sie nicht wegläuft.«
»Die gute Kara? Ihr habt sie mitgebracht?«
»Nein. Ich habe Lady dabei.«
»Fein, sie ist ein wahrer Schiffshund, sturmgeboren. Keine Sorge, ich werde mich kümmern.«
Lily wollte gar nicht mehr von Carls Arm herunter, auch hörte sie nicht auf, zu reden.
»Papa, und einen Hai haben wir gefangen. Und Tölpel. Wale habe ich gesehen, ganz große mit ihren Kindern. Riesig sind die. Gehen wir jetzt auf die ›Lessing‹?«
»Nein, mein Herz, wir gehen jetzt in unser Haus, in dem wir wohnen werden.«
»Wohnen wir denn nicht auf der ›Lessing‹?«
Carl schaute Emilia fragend an. Sie zog eine Augenbraue hoch.
»Bald, meine kleine Meerjungfrau, wohnen wir auf der ›Lessing‹«, sagte sie. »Und immer wenn wir an Land sind, wohnen wir in unserem Haus.«
Sie gingen dicht nebeneinanderher. Carl tastete nach ihrer Hand, nahm sie und drückte sie zärtlich. Wie ein Stromschlag durchfuhr es sie und sie musste sich auf die Lippen beißen und kurz die Augen schließen, so glücklich war sie.
Das Haus in Glebe, einem Vorort der Stadt, war klein, aber zweckmäßig. Emilia blieb einen Moment davor stehen, dann betrat sie die Diele, ging langsam durch jeden Raum. Hinter dem Haus befanden sich ein großer Hof und ein Garten, den sie bewirtschaften konnten. Emilia war froh, dass Inken ihr all die Sachen – das Geschirr und die Wäsche – mitgegeben hatte, denn außer einigen Möbeln gab es noch nichts.
Rieke und sie putzten das Haus gründlich, begannen dann die Kisten auszupacken und alles einzurichten. Carl war mit Emilias Vorschlag, Rieke in dem Haus wohnen zu lassen, einverstanden. Er nahm sich viel Zeit mit den Kindern, aber Minnie blieb verhalten und schüchtern ihm gegenüber. Nur Lady tat so, als hätte sie schon immer in dem Haus gewohnt. Sie lief einmal durch alle Räume und legte sich dann zufrieden unter den Tisch im Esszimmer.
In der ersten Nacht war Emilia plötzlich wieder so schüchtern wie vor ihrer Eheschließung. Doch als sie endlich mit Carl allein war, er sie in den Arm nahm und vorsichtig küsste, verlor sie alle ihre Bedenken und Ängste. Leidenschaftlich presste sie sich an ihn, schmeckteund fühlte ihn, genoss seine warme Haut und seine zärtlichen Hände auf ihrem Körper.
»Ich muss so bald wie möglich wieder auslaufen. Die Mannschaft wird schon langsam unruhig und außerdem brauchen wir Einkommen«, sagte Carl und legte den Arm um Emilia.
Sie kuschelte sich an ihn, die zwei Jahre der Trennung waren wie weggewischt.
»Hast du schon eine Charter?«
»Ich werde morgen zu Beckerath und te Kloot gehen, sie haben mir weitere Aufträge in Aussicht gestellt. Du hast te Kloot ja kennengelernt, ich habe nur Gutes über ihn gehört.«
Emilia versteifte sich unwillkürlich. Was sollte sie Carl sagen?
Ihr Mann bemerkte ihre Reaktion und rückte ein wenig ab, sah sie an. Das Mondlicht schien durch die Fenster, an denen noch keine Vorhänge hingen.
»Was ist mit te Kloot?«, fragte er leise.
»Ich mag ihn nicht. Seine Frau ist mir sehr liebgeworden, aber er ist … kein feiner Mensch.«
»Meinst du?« Carl zog sie wieder an sich. »Gut zu wissen.«
»Aber wir brauchen die Orders.«
»Das stimmt. Und ich habe einen Kontrakt. Warum magst du ihn nicht?«
Emilia zögerte, dann erzählte sie ihm, wie verächtlich er über die Aussiedler gesprochen hatte, schilderte sein arrogantes Verhalten den Händlern bei St. Helena gegenüber, seinen rüden Ton, den er vor der Mannschaft an den Tag gelegt hatte. Sein Verhalten ihr gegenüber verschwieg sie.
»Ich sehe schon, wir werden nicht die besten Freunde werden«, sagte Carl ruhig. »Das macht nichts, solange Beckerath mit im Geschäft ist. Außerdem gibt es auch noch andere Agenten in Sydney.«
»Wann willst du in See stechen?«
»Wenn es geht, noch diese Woche, spätestens nächste.«
»Lily freut sich schon. Sie ist ein wahres Meereskind.« Emilia lächelte.
»Minnie ist ganz anders. Ein liebes Mädchen, scheint mir, aber so ruhig.«
»Ihr wird es auch auf der ›Lessing‹ gefallen.«
Sie redeten noch eine ganze Weile,
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