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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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stank.
    »Was macht Ihr denn hier? Heute ist Sonntag, das weiß ich ganzgewiss.« Er hatte ordentlich Farbe bekommen in den letzten Wochen und seine Augen blitzten fröhlich hinter den Brillengläsern.
    »Herr te Kloot«, brachte sie hervor. Sie wusste nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Schon über eine Woche hatte sie keinen Brief mehr von ihm erhalten, dabei hatte er vorher fast täglich geschrieben. Ihr Herz klopfte vor Freude, ihn zu sehen, aber gleichzeitig verspürte sie Wut und Enttäuschung.
    »Nun, was führt Euch hierher?«, fragte er und stellte den Korb ab. »Es tut mir leid, aber wir probieren eine neue Mischung Dünger aus. Riecht entsetzlich, soll aber gute Erträge bringen. Es ist Guano gemischt mit Kalk und verrottetem Grünschnitt.«
    »Und es stinkt«, sagte sie und rümpfte die Nase. »Wir sind zu Besuch hier. Meine Mutter ist mit Frau Vollmer gut befreundet.«
    »Eure Mutter ist hier?« Er wand sich plötzlich, wirkte nervös.
    »Ja, ich nehme an, sie sitzen auf der Veranda. Es ist so wunderschön hier draußen. Die Luft ist so viel besser als in der Stadt.«
    »Ich wollte Euch schon längst wieder geschrieben haben. Ich habe Euch sogar geschrieben, aber ich bin noch nicht zur Post gekommen. Ich hatte eine unschöne Auseinandersetzung mit meinem Bruder, der nicht verstehen kann, dass ich lieber hier arbeiten möchte als für ihn.« Rudolph senkte den Kopf.
    Minnie atmete tief durch. »Ach so. Ich hatte mich schon gewundert. Aber natürlich, solche Umbrüche im Leben erfordern Zeit.« Ihre Stimme, das wurde ihr bewusst, klang kühl. »Ich wünsche Euch noch einen angenehmen Tag.« Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen.
    Das war nicht nett, dachte sie, als sie davonstapfte. Aber andererseits – was war das für eine Entschuldigung? Wenn ihm etwas an ihr lag, dann auch, wenn er zu tun hatte. Wenn er nur schreiben wollte und konnte, wenn er gerade nichts anderes vorhatte, dann war sie für ihn bloß ein netter und läppischer Zeitvertreib, und das wollte sie nicht sein. Sie hatte ihn sympathisch gefunden, sogar mehr als das, gestand sie sich ein. Er nahm ihre Gedanken ein, hatte sich in ihre Träume geschlichen. Doch sie, das war ihr nun bewusst, hatte nicht diesen Stellenwert für ihn. Sie würde es sich nicht anmerken lassen,nein, das würde sich nicht. Es traf sie auch gar nicht wirklich, nur im ersten Moment, und der war ja jetzt vorbei.
    Mit hocherhobenem Kopf ging sie zurück zum Haus und drehte sich nicht um, so sehr es sie auch reizte. Wie erwartet saßen Mutter und Tante Hanna, ja sogar Onkel Martin auf der Veranda und ließen es sich gutgehen.
    Minnie stieg die wenigen Stufen hoch, begrüßte Vollmer und setzte sich dann neben ihre Mutter in den gepolsterten Rohrliegestuhl.
    Emilia warf ihr einen fragenden Blick zu, Minnie lächelte angespannt zurück und hoffte, dass es niemandem auffiel. Aber sie hatte kein Glück.
    »Hast du Rudolph schon getroffen?«, fragte Martin.
    Minnie schnappte nach Luft, räusperte sich und lächelte dann bemüht. »Nur flüchtig. Er verteilt stinkendes Zeugs im Gemüsegarten. Da wollte ich mich nicht länger aufhalten.«
    »Wir machen gerade Studien, welche Düngermischungen auf diesem Boden am besten wirken. Dazu haben wir Parzellen eingeteilt und gekennzeichnet«, berichtete Martin begeistert. »Das hat mir Rudolph gezeigt, so machen sie es an der landwirtschaftlichen Akademie in Proskau. Faszinierend. Ich bin auf das Ergebnis gespannt. Der arme Rudolph hatte kaum eine ruhige Minute, seit er hier eingezogen ist. Aber wir müssen die Zeit vor den ersten großen Regenfällen nutzen.«
    Minnie horchte auf. Sollte es wirklich stimmen, dass er sich hier in die Arbeit stürzte und deshalb keine Zeit mehr für andere Dinge hatte?
    »Es ist Sonntag«, sagte Emilia und klang missbilligend. »Du lässt ihn am Sonntag arbeiten?«
    »Wir müssen das neue Projekt rasch durchführen und dokumentieren. Pflanzen wachsen nicht nur während der Woche, meine Liebe. Er hat sich angeboten, mehr oder weniger.«
    »Also wirklich, Martin », sagte nun Tante Hanna. »Angeboten. Der arme Kerl will dir alles recht machen. Schließlich hat ihn Jean hochkant rausgeworfen. Er hat keine Bleibe mehr außer bei uns und, wennich es recht verstanden habe, auch nur wenig Geld. Er wird sich verpflichtet fühlen, auch am Sonntag zu arbeiten. Du gehst jetzt los und bittest ihn bei uns zu Tisch. Wir sind weder Sklavenhalter noch Ausbeuter«, sagte sie empört.
    Emilia rutschte

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