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Die Auswahl. Cassia und Ky

Titel: Die Auswahl. Cassia und Ky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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allerdings aus feinerem Stoff hergestellt, und Großvater durfte die Farbe selbst auswählen.
    Ich habe einen Kloß im Hals, als ich sehe, dass er sich für ein helles Grün entschieden hat. Wir sind uns so ähnlich! Und ich frage mich, ob er schon bei meiner Geburt daran gedacht hat, dass unsere Bankette so dicht aufeinander folgen würden, da er nur wenige Tage nach mir Geburtstag hat.
    Wir alle nehmen förmlich Platz, Großvater auf seinem Bett und wir anderen auf Stühlen, während das Komitee seinen Teil zu der Feierlichkeit beiträgt.
    »Mr. Reyes, hiermit übergeben wir Ihnen den Mikrochip mit Bildern und Aufzeichnungen aus Ihrem Leben«, sagt einer. »Sie wurde Ihnen zu Ehren von einem unserer besten Historiker zusammengestellt.«
    »Vielen Dank«, sagt Großvater und nimmt sie entgegen.
    Der Behälter gleicht dem silbernen Kästchen, den wir beim Paarungsbankett erhalten haben, nur ist dieser golden. Auf dem Mikrochip darin sind Fotos von Großvater als kleinem Jungen, als Teenager und als erwachsener Mann gespeichert. Viele dieser Bilder hat er seit Jahren nicht gesehen, und ich kann mir vorstellen, dass er darauf brennt, sie sich heute anzuschauen. Außerdem enthält der Mikrochip eine Zusammenfassung seines Lebens in Worten, vorgetragen von einem Historiker. Großvater dreht das goldene Kästchen in der Hand hin und her, wie ich es noch vor kurzem mit meinem Silberkästchen getan habe. Er hält sein Leben in den Händen, ebenso wie ich.
    Dann ergreift eine der Frauen das Wort. Sie wirkt sanfter als die anderen, aber vielleicht nur, weil sie kleiner und jünger ist. »Mr. Reyes, haben Sie sich entschieden, welche Person Ihren Mikrochip an sich nehmen soll, wenn der heutige Tag vorbei ist?«
    »Mein Sohn Abran«, sagt Großvater.
    Dann hält sie ihm das Set für die Entnahme der Gewebeprobe hin. Als letzte Ehrerweisung erlaubt es die Gesellschaft, dass diese privat im engsten Familienkreis stattfindet. »Wir sind erfreut, Ihnen offiziell mitteilen zu können, dass Sie aufgrund Ihrer Daten für eine Gewebekonservierung in Frage kommen. Nicht jeder ist geeignet, wie Sie wissen, und es ist eine weitere Ehre, die Sie Ihrer langen Liste von Erfolgen hinzufügen können.«
    Großvater nimmt das Set von ihr an und dankt ihr nochmals. Noch bevor sie ihn fragen kann, wen er mit der Übergabe der Probe betraut, sagt er von sich aus: »Mein Sohn Abran wird sich auch darum kümmern.«
    Die Dame nickt. »Streichen Sie einfach Ihre Wange aus, und geben Sie die Probe hier hinein.« Sie zeigt ihm, wie es geht. »Dann versiegeln Sie den Behälter. Die Probe muss innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach der Entnahme zur Biologischen Konservierungsbehörde gebracht werden. Ansonsten können wir nicht garantieren, dass die Konservierung erfolgreich verläuft.«
    Ich bin froh, dass Großvater einer der Auserwählten ist, deren Gewebe tiefgefroren wird. Für ihn muss der Tod daher nicht unbedingt das Ende bedeuten. Vielleicht findet die Gesellschaft eines Tages eine Methode, um uns wieder zum Leben zu erwecken. Zwar wird uns nichts versprochen, aber wir wissen alle, dass es irgendwann so weit sein wird. Wann hat die Gesellschaft je ein Ziel nicht erreicht?
    Jetzt spricht der Mann neben der jungen Frau. »Das Essen für Ihre Gäste und Ihre letzte Mahlzeit sollten innerhalb der nächsten Stunde eintreffen.« Er beugt sich nach vorn und überreicht Großvater eine gedruckte Speisekarte. »Wünschen Sie vielleicht noch letzte Änderungen?«
    Großvater betrachtet die Karte und schüttelt den Kopf. »Es sieht alles gut so aus.«
    »Dann genießen Sie Ihr Abschiedsbankett«, sagt der Mann und steckt die Karte ein.
    »Danke«, sagt Großvater mit einem ironischen Zug um den Mund, als wüsste er etwas, was sie nicht wissen.
    Zum Abschied schütteln die Mitglieder des Komitees Großvater die Hand und gratulieren ihm. Ich schwöre, dass ich seine Gedanken lesen kann, als er einen nach dem anderen scharf mustert:
Gratulieren Sie mir zu meinem Leben oder zu meinem Tod?

    »Kommt, bringen wir
das
erst mal hinter uns«, sagt Großvater mit einem Funkeln in den Augen und einem Blick auf das Gewebeprobenset. Sein Tonfall bringt uns zum Lachen. Großvater entnimmt die Probe selbst, indem er sich mit dem Wattetupfer an der Innenwand seiner Wange entlangstreicht, um dabei Mundschleimhautzellen zu entnehmen, die für die Konservierung besonders geeignet sind. Anschließend steckt er die Probe in das Glasröhrchen und versiegelt es.
    Jetzt,

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