Die Auswanderinnen (German Edition)
dass Kurt schon zur Jagd aufgebrochen sei, obwohl er noch nicht wieder nüchtern war. Und ich habe dich gebeten, so zu tun, als hättest du ihn noch gesehen. Ja, ich glaube, diese Geschichte ist wasserdicht, so können wir es machen.“
„Ich weiß nicht“, zögerte Eva. „Da gibt es noch Lücken. Was ist mit Isabella?“
„Was soll sein?“
„Sie wird nicht zulassen, dass du dich für sie opferst.“
„So ein Blödsinn“, widersprach Jo Ann. „Sie wird die Geschichte sogar glauben. Bedenke bitte, sie hat keine Ahnung, dass sie diejenige war, die Kurt erschlagen hat.“ Beide Frauen erschraken zutiefst. Bisher hatten sie diese Tatsache noch nie laut ausgesprochen.
„Bitte ...“, flüsterte Eva. Sie wollte nichts weiter hören.
„Sie wird sofort glauben, dass ich es war!“, beharrte Jo Ann und trank ihre Tasse leer. Der Kaffee war inzwischen kalt geworden und schmeckte bitter.
„Aber sie hat vorhin im Pub so heftig reagiert“, wunderte sich Eva. „Warum nur?“
Jo Ann hatte auch dafür eine Erklärung. „Sie weiß, dass wir Kurt begraben haben und dass hinter der Sache mehr steckt, als wir zugeben wollen. Es war eine unbewusste Abwehrreaktion von ihr. Sie hatte schlicht und einfach Angst, mit Dingen konfrontiert zu werden, die sie nicht verkraften kann.“
„Weil sie sich tatsächlich an nichts erinnert? Glaubst du das wirklich? Manchmal bin ich mir da nicht so sicher. Was ist, wenn sie genau weiß, wie es passiert ist? Wenn sie nur so tut, als ob!“
Jo Ann schüttelte den Kopf. „Hör auf, dich an einen Strohhalm zu klammern, Eva. Isabella hat keine Ahnung, und so soll es auch bleiben. Ich will es so. Es ist für uns alle das Beste, und du wirst sehen, sie werden relativ gnädig mit mir umgehen. Ein paar Jahre und dann ...“
Sie ließ den Satz unbeendet. Denn was dann käme, wusste niemand. „Ich möchte, dass du jetzt ins Motel zurückgehst. Unterhalte dich mit Isabella, oder geht noch einmal in den Pub. Ich muss hier noch ein paar Dinge in Ordnung bringen, packen und telefonieren, ehe wir morgen abfahren.“
„Kann ich dich wirklich alleine lassen?“ Eva war völlig überfordert, wusste nicht mehr, was richtig oder falsch war, und gab ihren Widerstand auf. Aber in ihrer Brust spürte sie einen dumpfen Schmerz.
Jo Ann schien es dagegen deutlich besser zu gehen. „Das siehst du doch. Ich bin okay, wirklich! Ich habe nur noch eine Menge zu tun und möchte jetzt deshalb gern alleine sein. Um ehrlich zu sein, möchte ich Isabella im Moment auf keinen Fall sehen und mit ihr diskutieren müssen. Dafür habe ich einfach nicht die Nerven, das wird morgen, auf der Fahrt, schon schlimm genug werden. Es wäre mir also lieb, wenn du ihr gegenüber noch nichts erwähnen würdest. Bitte, sag ihr noch nicht, was ich vorhabe, ich will es ihr morgen selbst beibringen.“
Eva nickte erleichtert, froh, aus der Pflicht genommen zu sein. Hoffentlich würde sie sich nicht verplappern.
Ihre Befürchtung war jedoch grundlos. Isabella lag bei ihrer Rückkehr müde und schlapp auf dem Bett und zappte durch die Fernsehkanäle. „Warum bist du schon wieder zurück?“, fragte sie träge. „Ich wollte mich gerade aufraffen und zu euch hinüberkommen.“
„Nicht nötig. Jo Ann will packen und früh zu Bett gehen.“
Isabella war beruhigt. „Gute Idee. Etwas Schlaf können wir alle brauchen. Morgen wird ein anstrengender Tag werden.
Kapitel 37
Lightning Ridge, damals
Dieter würde gleich nach ihr schlagen! Es konnte nicht mehr lange dauern, und er würde endgültig die Nerven verlieren. Sie saßen zu dritt im Auto, und Isabella wollte Musik hören, einfach nur der Musik lauschen und träumen, auf dem langen Weg zurück nach Sydney. Aber Dieter war, schon seit sie und Uwe am Morgen in den Wagen gestiegen waren, ausgesprochen ekelhaft und mies gelaunt.
Uwe saß auf dem Rücksitz. Er hatte am Abend zuvor, kurz nach Dieters Ankündigung, dass er wieder nach Sydney fahren würde, behauptet, dass er ebenfalls dringend zurück müsse. Zwei Schreiner seien überraschend ausgefallen, und er wolle seine Firma in so einem Notfall nicht im Stich lassen.
Eva hatte auf Uwes überraschende Mitteilung verblüfft reagiert. „Seit wann weißt du das denn?“, hatte sie ihn gefragt.
„Ich habe heute Morgen vom Motel aus im Büro angerufen. Da hast du noch geschlafen, und ich wollte dich nicht wecken.“
Kurt hatte ein Stück Brot abgebrochen und begonnen, mit kreisenden Bewegungen die Sauce in seinem
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