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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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unerklärlich.
    Johanna kam hinter ihr drein. Sie bog Zweige zurecht, ebnete mit der anderen Schaufel immer dort, wo das Rad zu tief eingesunken war, die Wegspur und versuchte den ehemaligen natürlichen Zustand wiederherzustellen. In Kürze würde die Natur das ihrige tun, und danach würde niemand mehr ihren Weg nachvollziehen können. Trotzdem! Johanna fühlte sich besser, wenn sie alle Spuren verwischte. Bei der Mine angekommen, räumte sie alles umherliegende Werkzeug, den Schubkarren und die Schaufeln auf die Ladefläche des Wagens und lockerte mit einer Harke den Boden um die Stelle herum, an der Kurt gelegen hatte. Zuletzt machte sie sich noch an die Strecke, die sie ihn zur Schubkarre geschleift hatten, obwohl dort keinerlei Blutflecken zu sehen waren und hörte erst auf, als sie das Gefühl hatte, ihre Arbeit gewissenhaft erledigt zu haben.
    Dann stand sie lange vor dem Einstieg zur Mine, ohne jedoch die Leiter zu berühren und ohne in die Tiefe zu schauen. Sie spürte, wie ihr Drang zu gehorchen und hinabzusteigen bereits schwächer wurde. Wie sein verhasstes Gesicht schon jetzt verblasste. Wie die Erinnerung an die vergangenen Jahre an Kraft verlor.
    Es war vorbei.
    Eva saß währenddessen im Wagen und beobachtete sie. Oder sah vielleicht nur in ihre Richtung, während sie selbst von der Mine Abschied nahm. Jede hatte ihre eigene Art, mit dem Geschehenen fertigzuwerden, und ihre Unfähigkeit darüber zu sprechen, entfernte sie ebenso voneinander, wie sie sie für immer aneinanderkettete.

Kapitel 41
     
     
    In den folgenden drei Tagen schien das Leben stillzustehen.
    Isabella döste mithilfe der Schlafmittel in ihrem Tee friedlich vor sich hin, Tag und Nacht, ohne jemals eine einzige Frage zu stellen. Sie hatte anscheinend keine Schmerzen, oder spürte zumindest keine, sie war nicht hungrig, nur durstig. Sie weinte nicht, beklagte sich nicht, lächelte aber auch kein einziges Mal. Sie ist ein einfacher Patient, meinte Johanna. Sobald Isabella versorgt war, saßen sie und Eva vor dem Haus und überlegten, ob sie alles richtig gemacht hatten. Drei Tage lang.
    Dann, am Nachmittag des dritten Tages, als Johanna im Halbdunkel des unaufgeräumten Zimmers auf dem verschlissenen Sofa saß und die Trostlosigkeit ihrer Umgebung in sich aufnahm, wurde ihr schlagartig bewusst, welcher Frage sie in den letzten drei Tagen ausgewichen waren: Wie würde es nun weitergehen?
    „Wir fahren noch heute nach Dubbo und melden ihn als vermisst“, beschloss sie mit fester Stimme. „Dann rufst du Uwe an und sagst ihm, dass ihr beide, du und Isabella, noch ein paar Tage hierbleibt und mir Gesellschaft leistet, bis Kurt wieder zurück ist. Uwe wird dafür Verständnis haben und wird es Dieter ausrichten, dem es wahrscheinlich ziemlich egal ist, wo sich Isabella herumtreibt. Aber ich brauche dich hier, damit du meine Vermisstenanzeige bestätigen kannst.“
    Eva schüttelte den Kopf. „Und wenn die Polizei Isabella vernehmen will? Sie darf nicht gesehen werden, das ist viel zu riskant.“
    „Ja, ich weiß, aber ich weiß auch, wie wir es verhindern können.“
    „Wie denn?“
    Johanna stand auf, drehte sich zum Fenster und blickte durch die schmutzige Scheibe nach draußen. Es war höchste Zeit, das Haus auf Vordermann zu bringen. Doch dafür würde sie nun ja mehr als genug Zeit haben. „Indem wir es ihnen erst gar nicht erzählen! Bislang haben wir die einfachste Lösung nämlich übersehen! Wer weiß denn schon, dass sie überhaupt noch hier ist? Immerhin ist sie mit Uwe und Dieter losgefahren und müsste demnach schon lange in Sydney sein.“
    „Das schon, aber Dieter und Uwe wissen, dass das nicht stimmt.“
    „Die sind aber nicht hier.“
    Eva war nicht überzeugt. „Und wenn sie vernommen werden? Dann werden sie es der Polizei doch erzählen. Dieter wird zugeben, dass er Isabella aus dem Auto geworfen hat. Und auch Uwe wird, wie ich ihn kenne, darauf bestehen, die Wahrheit zu sagen.“
    Johanna drehte sich zu ihr um. Sie war richtig wütend und wirkte plötzlich viel größer und lebendiger als vorher. „Sei nicht albern“, fauchte sie. „Warum sollten sie überhaupt jemanden vernehmen? Kurts Verschwinden mag seltsam sein, aber nicht verdächtig. Außerdem wissen die Polizisten überhaupt nicht, dass Uwe und Dieter da waren. Nur du bist hier, und das genügt, um meine Vermisstenanzeige zu bestätigen. Also, mach die Sache nicht komplizierter als sie ist. Wir fahren nach Dubbo aufs Revier und geben dort an, dass

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