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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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aus Gefasstheit und Verzweiflung darauf reagiert.
    Vielleicht könnte sie Uwe einweihen? Immerhin war er ihr Mann, und er war verschwiegen. „Ich glaube nicht, dass er wieder auftaucht“, begann sie deshalb. „Ich glaubt, dass er tot ist.“
    Uwe schwieg.
    „Für Johanna wird es nicht so schlimm sein ...“, fuhr sie vorsichtig fort.
    „Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?“
    „Weil nun schon fast zwei Wochen vergangen sind und Johanna weiß, dass er wahrscheinlich tot ist.“
    Uwe ignorierte diese Mitteilung. „Wie lange werden sie noch nach ihm suchen?“
    „Oh, ich weiß nicht, nicht mehr sehr lange, denke ich. Eigentlich haben sie überhaupt nicht nach ihm gesucht. Nicht richtig, verstehst du? Niemand kam nach Lightning Ridge. Sie haben nur gewartet, ob Kurt von selbst wieder auftaucht, und nun sagen sie, dass er wohl verunglückt sein muss, nachdem er nicht mehr aus dem Busch zurückgekommen ist. Niemand hat Verdacht geschöpft ...“ Sie hielt inne. Aber Uwe schwieg schon wieder, lehnte sich im Autositz zurück und seufzte. Sie versuchte es noch einmal. „Es scheint in Lightning Ridge ganz einfach zu sein, jemanden verschwinden zu lassen. Weißt du, wenn jemand Interesse daran hätte, Kurt verschwinden zu lassen, dann wäre das wirklich der geeignete Ort ...“
    Jetzt besaß sie seine ganze Aufmerksamkeit. Endlich wandte er sich ihr zu, deutete mit seinem dünnen, feingliedrigen Zeigefinger auf sie und fuhr sie an: „Erlaube dir ja nicht, in dieser Sache irgendwelche voreiligen Schlussfolgerungen zu ziehen! Was fällt dir ein, so zu reden! Du bist einfach zu dumm, um zu kapieren, was du da sagst. Das kommt geradezu einer Mordbezichtigung gleich, was du da von dir gibst, damit kannst du uns in große Schwierigkeiten bringen. Warum plapperst du nur immer drauflos, ohne zuvor nachzudenken. Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist! So etwas zu sagen! Wie kannst du nur?“
    Wie konnte er nur? Seit ihrer Ankunft hatte er sie noch nicht einmal umarmt und kein einziges freundliches Wort und keine einzige nette Geste für sie übrig gehabt, dabei waren sie doch immerhin fast zwei Wochen getrennt gewesen. Tränen schossen ihr in die Augen. Außerdem hatte sie nur die Wahrheit gesagt. Die reine Wahrheit, aber keiner wollte sie hören oder mit ihr darüber sprechen. Kurt war tot. Isabella hatte ihn getötet, und sie hatte die schlimmsten zwei Wochen ihres Lebens hinter sich. Aber das interessierte niemanden. Sie sollte wohl tatsächlich besser den Mund halten und so tun, als wäre nichts passiert.
    „Weil es stimmt“, heulte sie los. „Weil er tot ist! Und es war kein Jagdunfall! Johanna und ich, wir wissen ganz genau, was passiert ist. Ob du es nun hören willst oder nicht, es ist wahr, und ich lasse mich nicht von dir beleidigen ...“
    „Halt den Mund!“, schrie er sie an. „Halt endlich den Mund! Ich will kein Wort mehr davon hören!“ Er öffnete die Wagentür, quälte sich umständlich aus dem Auto und ging ins Treppenhaus.
    Was, um Himmels willen, war nur los mit ihm? Sie blieb noch lange sitzen, weinte, war wütend, beleidigt, durcheinander und traurig. Ihr eigener Mann, und sie konnte nicht mit ihm darüber reden. Über nichts konnte sie mit ihm reden, hatte es noch nie gekonnt. Nein, nicht sie, er hatte es nie gekonnt. Und sie hatte nie den Zugang zu ihm gefunden, der es ihr ermöglicht hätte, ihn ihrerseits zu verstehen und mit ihm zu kommunizieren. Als benütze sie eine Sprache, die er nicht verstand. Und umgekehrt. So viele Worte hatte sie schon an ihn gerichtet, und alle waren sie umsonst gewesen. Sie fühlte sich elend. Hilflos. Es wäre besser, ihn zu verlassen, ihn seinen eigenen Weg gehen zu lassen und endlich zuzugeben, dass sie nicht zueinanderpassten. Ja, vielleicht wäre es besser so. Ihre Tränen trockneten langsam und ihr Kinn schob sich unwillkürlich weiter nach vorn. Jawohl, es war besser, sich zu trennen und zurück in die Heimat zu gehen! Er könnte ja hierbleiben. Und wenn sie sich trennten, wäre es das Natürlichste von der Welt, dass sie zurückging, nach Hause. Sie lächelte zufrieden in sich hinein.
    Fast hätte sie vergessen, dass sie schwanger war. Aber irgendetwas stieß plötzlich gegen ihre Bauchwand und forderte sie auf, sich zu erinnern und ihre albernen Hoffnungen zu begraben. Eva legte ihre Hände auf ihren Bauch und hielt die Luft an. Das musste das Baby gewesen sein! Sie hatte es noch nie zuvor gespürt, hatte schon darauf gewartet und sich darauf

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