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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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deine Kälte mir gegenüber, Jo Ann. Was habe ich dir eigentlich getan? Du benimmst dich, als hätte ich irgendetwas Schlimmes verbrochen! Und du, Eva, verlierst dich ewig in Bemerkungen, die du im Nachhinein nicht erklären willst. Ich habe das Ganze ziemlich satt! Ich möchte jetzt endlich wissen, was mit euch los ist!“
    Jo Ann drehte sich auf den Rücken, starrte zur Decke und sagte: „Ich fürchte, du hast Recht. Ich verüble dir etwas, für das du vielleicht gar nichts kannst und für das du auch nicht verantwortlich bist. Aber es war leichter für mich, es dir vorzuwerfen, als zugeben zu müssen, dass ich selbst schuld daran bin.“
    „Richtig!“ Eva versuchte ihre Erleichterung zu verbergen. „Jo Ann muss dir alles erklären, ihr müsst miteinander reden. Ich hätte schon längst mit dir gesprochen, Isabella, aber es steht mir nicht zu.“
    „Ich verstehe immer noch Bahnhof“, erwiderte Isabella.
    „Wie spät ist es jetzt?“, fragte Jo Ann.
    Eva schüttelte verwundert den Kopf. „Kurz vor acht. Was soll die Frage?“
    „Ich schlage vor, wir machen uns fertig, gehen in die Bar und reden dort weiter. Bitte glaubt nicht, dass ich versuche abzulenken, es wäre mir nur einfach lieber, wenn wir uns für dieses Gespräch nicht hier auf diesem Zimmer verschanzen würden.“
    Isabella wollte schon fragen warum, beantwortete sich ihre Frage dann aber selbst. „Weil du befürchtest, dass es zu emotional wird, wenn wir unter uns bleiben, nicht wahr, Jo Ann? Es ist dir lieber, in der Bar darüber zu sprechen, wo wir weniger Gefahr laufen, uns in die Haare zu kriegen, uns anschreien oder sonst irgendwie außer Kontrolle geraten!“
    „Richtig!“, bestätigte Jo Ann.
    „Dann gehe ich jetzt ins Bad und schminke mich“, willigte Isabella ein. „Nutzt die Gelegenheit, um euch abzusprechen.“ Sie rollte sich vom Bett, zog ihren Bademantel enger um sich und schloss geräuschvoll die Badezimmertür.
    „Was wirst du ihr sagen?“, flüsterte Eva, als könne Isabella sie noch hören. „Wirst du sie nun endlich mit der Wahrheit konfrontieren?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Du sagst ihr jetzt bitte endlich, dass sie diejenige war, die Kurt getötet hat, und dass sie es verdrängt hat. Und dass du vorhast, ihretwegen dein Leben zu ruinieren. Und dass sie dies nicht akzeptieren darf!“
    „Kommt nicht infrage, mein Entschluss steht fest!“
    „Wozu soll das Gespräch dann gut sein?“ Eva war fassungslos.
    „Ich möchte herausfinden, an was sie sich eigentlich noch erinnert. Ich muss es wissen!“
    „Warum?“
    „Um zu erfahren, ob sie uns die ganze Zeit über belogen hat!“
    „Vor ein paar Tagen warst du dir doch noch sicher, dass sie keine Ahnung mehr von dem hat, was damals vorgefallen ist.“
    „Ja, ich weiß.“ Jo Ann zögerte. „Aber inzwischen zweifele ich schon wieder daran. Ich will jetzt endlich die Wahrheit wissen. Nenn es meinetwegen Neugierde, wenn du willst. Aber ich möchte mich die nächsten Jahre in meiner kleinen Zelle nicht mit der Frage quälen müssen, ob sie mich hintergangen hat. Schließlich weiß man nie, was einem so alles durch den Kopf gehen wird, wenn man zu viel Zeit hat, nicht wahr?“ Mit diesen Worten stand sie auf und gab Eva damit zu verstehen, dass das Thema für sie erledigt war.

Kapitel 45
     
     
    Zwanzig Minuten später saßen sie in der voll verglasten Terrassenbar und Jo Ann kam sofort zum Thema. „Fangen wir an“, bestimmte sie. „Ich schlage vor, dass du uns jetzt erst einmal erzählst, woran du dich noch erinnern kannst, Isabella.“
    Isabellas Miene verriet deutlich, wie sinnlos sie das Ganze fand, aber sie wollte auch kein Spielverderber sein. „Ich weiß zwar wirklich nicht, was das bringen soll“, begann sie, „aber nun gut. Wo soll ich anfangen?“
    „Mit dem Morgen, an dem ihr – Dieter, Uwe und du – abgefahren seid!“
    „Na schön!“ Isabella erzählte genau, was geschehen war. Angefangen vom Streit und ihrer einsamen Wanderung durch den Busch, bis hin zu ihrer Ankunft bei der Mine, ohne sich dabei bewusst zu werden, dass ihre Erzählung bis ins Detail hinein dem Traum glich, den sie Eva und Jo Ann erst diesen Mittag in der Eisdiele erzählt hatte. Sie hielt ihren Bericht knapp und sachlich und runzelte nur kurz die Stirn, als sie bei der Stelle angelangt war, an dem sich ihr Traum von der Wirklichkeit entfernte. „Dann“, schloss sie zögernd, „also, was dann kam, wisst ihr ja. Ich verstehe nicht, was es für einen Sinn haben soll,

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