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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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ist nur – ich kann die Höhe einfach nicht vertragen.“
    Zurück beim Explorer blickte Isabella auf die Uhr. „Es ist schon ein Uhr. Wenn wir es heute noch bis Port Macquarie schaffen wollen, sollten wir uns jetzt nur noch ein schnelles Sandwich gönnen und danach gleich weiterfahren.“
    Fünf Stunden später kamen sie erschöpft von der langen Fahrt in Port Macquarie an und checkten in das erste Hotel ein, das sie vom Highway aus sehen konnten. Es hieß Sails , machte einen äußerst exklusiven Eindruck und hatte glücklicherweise noch eine Suite für drei Personen frei.
    Um neunzehn Uhr lagen Jo Ann und Isabella auf dem Doppelbett, während Eva die beiden Sessel zusammengeschoben hatte und in den Polstern vor sich hin döste. Sie waren bereits frisch geduscht, hatten sich die Haare gewaschen und geföhnt, und gönnten sich ein Glas eisgekühlten Champagners.
    „Fein“, schmatzte Isabella genießerisch, „das weckt die Lebensgeister! So eine Fahrt ist wahrlich anstrengend, obwohl man doch die ganze Zeit über nur im Auto sitzt.“
    „Wir werden eben nicht jünger“, meinte Eva.
    „So ein Blödsinn!“ Jo Ann hob das Kristallglas, kniff ein Auge zu, und studierte die Nachttischlampe durch die Spiegelung des Glases hindurch. „Ich hatte früher viel weniger Energie als heute.“
    „Das kommt daher, dass du dich heute körperlich weitaus mehr betätigst“, erklärte Eva. „Ich hingegen sitze den ganzen Tag nur im Büro herum – wenn ich gerade einmal Arbeit habe – komme danach wie ausgelaugt nach Hause und schaffe dann gerade noch einmal so das bisschen Hausarbeit.“
    „Ich habe eine Putzfrau“, stellte Isabella fest.
    „Edel geht die Welt zugrunde.“
    „Bitte bedenke, ich komme nie vor zwanzig Uhr aus dem Büro, und dann habe ich einfach keine Lust mehr, den Sonntag noch mit Putzen zu verbringen. Manchmal frage ich mich allerdings, ob sich die ganze Schinderei überhaupt lohnt.“ Isabella stöhnte laut und theatralisch auf.
    „Du verdienst doch gut?“, fragte Jo Ann.
    „Ich meinte das nicht in finanzieller Hinsicht. Ich verdiene verdammt viel, dennoch ist das hier mein längster Urlaub seit zwanzig Jahren. Davor bin ich noch kein einziges Mal länger als vier, fünf Tage weg gewesen. Nicht einmal an Weihnachten zwischen den Feiertagen, es gab einfach immer viel zu viel zu tun.“
    „Und wie hast du es dann diesmal geschafft?“
    „Keine Ahnung“, antwortete Isabella auf Evas Frage. „Ich bin einfach gefahren, und das dicke Ende wird schon noch kommen. Es war auch keine bewusste Entscheidung, eher so ein Bauchgefühl, versteht ihr? Ich kann es euch nicht richtig erklären, aber ich bin eines Morgens aufgewacht und wusste einfach, dass ich nach Sydney fahren muss. Als ich dann am gleichen Tag in den Morgennachrichten auch noch einen Bericht über die Commonwealth Games gesehen habe, hatte ich einen Vorwand, endlich wieder die Stadt zu besuchen, in der ich früher gelebt habe. Ich habe sofort gebucht, obwohl ich bis dahin keinen einzigen Gedanken mehr an Australien verschwendet hatte. Ich habe immer nur vorausgedacht, nie zurück. Und selbst jetzt weiß ich noch immer nicht, was mich dazu bewogen hat, diese Reise anzutreten.“
    „Du musst vielleicht etwas Wichtiges aufarbeiten?“, schlug Eva vor.
    „Was denn?“
    „Na, ich bitte dich, das ist doch sonnenklar.“
    „Fängst du schon wieder an?“
    „Ja, verdammt noch mal.“
    Eva und Isabella starrten einander an, als ob sie sich in einem Duell gegenüberstehen würden, obwohl sie gerade eben noch entspannt und gut gelaunt miteinander geplaudert hatten. Mit einem Mal war die Stimmung umgeschlagen, und da weder Eva noch Isabella wussten, wie es dazu gekommen war, senkten sie die Augen und schwiegen.
    Es war Jo Ann, die nach geraumer Zeit die betretene Stille, die zwischen ihnen entstanden war, wieder mit wenigen, vorsichtig gewählten Worten durchbrach: „Eva will, dass dir endlich bewusst wird, was an jenem Abend geschehen ist.“
    Isabella drehte sich auf die linke Seite, um Jo Ann besser sehen zu können. „Aber ich weiß doch, was damals geschehen ist.“
    „Du erinnerst dich nur an Bruchstücke“, meldete sich nun auch Eva wieder zu Wort.
    „Wie kommt ihr denn darauf? Wovon redet ihr eigentlich? Ich bin doch nicht schwachsinnig“, verteidigte sich Isabella. „Ihr tut schon die ganze Zeit so verschwörerisch. Glaubt ihr, ich hätte das nicht bemerkt? Eure verstohlenen Blicke. Das ganze Getuschel und all die Andeutungen. Und

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