Die Auswanderinnen (German Edition)
alle Komponenten, um von der Presse genüsslich ausgeschlachtet zu werden. Alles werden sie untersuchen, euer ganzes Leben werden sie auseinandernehmen, durch den Schmutz ziehen, veröffentlichen ...“ Er hielt inne. Die Frauen sahen ihn entgeistert an, und als sie nichts erwiderten, wagte er sich noch weiter vor. „Eva, denk an Nadja, wie wird sie sich fühlen? Du hast geholfen einen Mord zu vertuschen, das ist Beihilfe ...“
„Lass Nadja aus dem Spiel, du miese Ratte!“, fuhr Eva ihn an.
„Und dein Mann?“ Uwe ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Er wird ebenfalls nicht gerade begeistert sein, wenn sie im Geschäft hinter seinem Rücken tuscheln werden. Versteht doch, die Konsequenzen sind folgenschwer, darüber sollten wir uns im Klaren sein. Lasst uns daher nachdenken, auf ein paar Stunden mehr kommt es doch nicht an. Sollen wir gemeinsam irgendwo essen gehen? Darf ich euch in meinen Club einladen?“
Isabella stand auf. „Es ist mir vollkommen gleichgültig, was die Leute über mich denken oder reden, falls die Vergewaltigung zur Sprache kommt. Und mit Dieter habe ich schon lange nichts mehr zu tun!“
„Das kannst du leicht sagen, schließlich gehst du nach Deutschland zurück. Deine Freundinnen leben jedoch hier, in Australien. Überleg doch einmal, was so ein Medienzirkus für Eva und Johanna bedeutet.“
„Okay, das ist ein Argument. Was sagt ihr dazu?“ Isabella zögerte und blickte die anderen fragend an. „Sollen wir zusammen essen gehen und darüber sprechen?“
„Ja“, stimmte Eva zu, „doch ohne den da! Er soll nicht glauben, dass er uns mit einem lausigen Mittagessen kaufen kann. Uwe, wir gehen jetzt, aber du kannst uns um drei Uhr wieder zurückerwarten. Dann werden wir dir unsere Entscheidung mitteilen. Sag deiner Empfangsdame Bescheid, denn wir werden keine Sekunde lang warten. Kommt, lasst uns gehen!“
Jo Ann stand auf. „Bis dann, Uwe!“ Und Isabella sagte, genauso kühl wie Eva: „Punkt drei Uhr!“
Kapitel 54
Schon im Lift entspann sich eine aufgeregte Diskussion, die sich über das gesamte Mittagessen hinweg fortsetzte. Sie waren nach Dee Why gefahren, ins Freshwater Restaurant, und hatten sich an einen abseitsstehenden Tisch gesetzt, möglichst weit weg von den geschäftigen Managern, die hier jeden Mittag ihre Geschäftspartner mit stundenlangen Arbeitsessen traktierten.
Keiner der Frauen war jedoch nach einem üppigen Drei-Gang-Menü zumute. Ihnen war jeglicher Appetit vergangen, trotzdem bestellten sie das Standard-Angebot des Tages, stocherten in jedem Gang, der ihnen vorgesetzt wurde, etwas herum, um den Koch nicht zu beleidigen, und tranken literweise Mineralwasser. Dabei führten sie eine hitzige Unterhaltung, sprachen oft gleichzeitig und unterbrachen sich ab und an, hörten einander aber immer genau zu. Die Kellner kamen und gingen, brachten und holten Teller, schenkten den drei Frauen, die ihre Köpfe zusammensteckten und ganz in ihr Gespräch versunken waren, jedoch keine große Beachtung. Sie hatten ja keine Ahnung, dass es dabei um Mord, Diebstahl und Lüge, um Hass, Wut, Trauer und nicht zuletzt um Vergeltung und Rache, um Schuld und Sühne ging.
Uwes Warnung hatte sie verunsichert. Natürlich würden sie nach ihrer Aussage in den Schmutz gezogen werden, in dem sich die Regenbogenpresse so gerne suhlte. Und Isabella bestätigte noch einmal, dass ihr das im Hinblick auf sie selbst egal wäre, dass sie aber selbstverständlich die Wünsche der anderen respektieren würde. Jo Ann fand hingegen, dass sie gar keine andere Wahl hätten, als die Wahrheit zu sagen. Sie würde zwar auch am liebsten alles vergessen und einen neuen Lebensabschnitt ohne die Belastungen, die eine Gerichtsverhandlung mit sich bringen würde, beginnen. Aber sie war davon überzeugt, dass sie, sobald sie auch nur den kleinsten Teil der Tragödie aufdecken würden, die Sache nicht mehr steuern könnten. Sie würde eine Eigendynamik entwickeln und damit die gesamte Geschichte ans Licht bringen. Eva, die sonst immer so nachgiebig war und sich der Meinung anderer anschloss, zeigte sich diesmal außergewöhnlich stur und unnachgiebig. Uwe und Dieter sollten büßen, fand sie. Sie sollten in der Hölle schmoren, ihr gemeines Verhalten teuer bezahlen müssen, eingesperrt werden, für immer. Schade, dass die Todesstrafe abgeschafft war, lebenslanges Gefängnis war noch zu milde für Dieter, und auch Uwe sollte hinter Gitter wandern.
„Das wird ihn am schlimmsten
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