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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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meiner Großmutter abgeholt und zu meinen Großeltern auf das Land zurückgeholt worden, sie hatten diesen schwersten aller Bombenangriffe auf die Stadt mit eigenen Augen aus der geschützten sechsunddreißig Kilometer weiten Ferne von ihrem Hause in Ettendorf bei Traunstein aus sehen können und von den verheerenden Auswirkungen gehört. In diesem Bombenangriff ist die uralte Schranne, eine mittelalterliche Markthalle mit großen Gewölben, dem Internat unmittelbar gegenüber gelegen, vollkommen zerstört worden, und ich war in dem Augenblick ihrer Zerstörung nicht in einem der Stollen, sondern im Keller des Internats gewesen, aus was für einem Grund immer als einziger Zögling mit dem Grünkranz und seiner Frau. Daß wir nach diesem Angriff wieder lebend aus dem Keller heraus und an die Erdoberfläche gekommen sind, mußte
als ein Wunder
erscheinen, denn in den umliegenden Gebäuden hatte es viele Tote gegeben. Die Stadt war nach diesem Angriff in totalem Aufruhr. Der Staub der Zerstörung war noch in der Luft gewesen, als ich die Feststellung machte, daß mein auf dem Gang im ersten Stock sich befindender Spind zerstört und der in dem Spind abgestellten Geige der Hals abgerissen war. Ich erinnere mich, daß ich, mir der Furchtbarkeit dieses Angriffs voll bewußt, doch Freude empfunden habe über die Vernichtung meiner Geige, denn sie bedeutete konsequent das Ende meiner Karriere auf dem geliebten, gleichzeitig zutiefst gehaßten Instrument. Ich habe, weil dann auch lange Zeit keine Geige mehr zu beschaffen gewesen war, niemals mehr im Leben auf einer Geige gespielt. Die Zeit zwischen dem ersten und diesem dritten Bombenangriff ist zweifellos die
unheilvollste
für mich gewesen. Noch waren wir von dem Kommando des die Schlafsaaltür aufreißenden Grünkranz aus dem Schlaf geschreckt und aus den Betten gesprungen, und heute erscheint dieser Mensch mir von Zeit zu Zeit immer in der Tür, der in gewichsten SA-Stiefeln stehende nationalsozialistische Mensch, der sich mit aller Gewalt gegen den Türstock stemmt und in den Schlafsaal sein
Guten Morgen!
hineinschreit. An dem noch die Tür zur Hälfte verstellenden Grünkranz vorbei sehe ich die Zöglinge in den Waschraum stürzen, wo sie sich, jeder in seiner Art, wie Tiere, an die Barren stürzen, die Brutalsten hatten immer die Oberhand, da nicht alle Zöglinge an dem sieben oder acht Meter langen Waschbecken, das einem Futter-barren ähnlich war, Platz hatten, waren die Kräftigeren die ersten, die Schwachen die letzten, die Kräftigen stießen die Schwachen immer weg, und so die Schwachen wegstoßend und wegdrängend, hatten die immer gleichen Starken ihre Plätze an dem langen Waschbarren und unter den Brausen, und sie konnten sich so lange waschen und sich so lange die Zähne putzen, wie sie wollten, im Gegensatz zu den Schwachen, die, weil nur eine Viertelstunde für diese Reinigungsprozeduren vorgesehen war, sich meistens niemals ordentlich waschen und die Zähne putzen konnten, ich selbst gehörte nicht zu den Kräftigen und war daher immer benachteiligt gewesen. Noch waren wir im Tagraum zum Anhören der Nachrichten gezwungen gewesen und hatten die Sondermeldungen von den Kriegsschauplätzen stehend anhören müssen, noch waren wir an den Sonntagen verpflichtet, die HJ-Uniform anzuziehen und die HJ-Lieder zu singen. Noch waren wir der ganzen Strenge und Unverschämtheit und Unnachgiebigkeit des Grünkranz unterworfen und hatten eine sich ständig noch steigernde Angst vor diesem Menschen, der jetzt selbst Angst bekommen hatte, wie wir in allen seinen Handlungen bemerkten, in seinem Gesicht, in seinem ganzen Verhalten feststellen konnten, weil seine nationalsozialistischen Pläne und Wunschträume nicht aufgehen wollten, wahrscheinlich in der kürzesten Zeit zunichte gemacht sind, wie er fortwährend denken mochte, und in dieser seiner Angst vor dem Ende aller seiner Hoffnungen hatte er noch einmal die ganze Brutalität und Niederträchtigkeit seines Wesens zusammengenommen und an uns praktiziert. Noch waren wir ja, wenn auch jetzt vollkommen unregelmäßig und nur ein paar Stunden in der Woche, in die Andräschule gegangen, um unterrichtet zu werden, aber
es handelte sich um keinen Unterricht mehr
, es war ein in Angst Herumsitzen in den Klassenzimmern, ein Abwarten, Warten auf Alarm und auf das, was auf den Alarm folgte, Hinausstürzen aus dem Klassenzimmer, Formieren aller in den Gängen, im Schulhof, Abmarschieren und Ablaufen durch die

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