Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Stimmengemurmel in ihr. Sie löste sich aus seinen Armen, setzte einen Schritt zurück und sah weggetreten an ihm vorbei.
„Carola wird es schon richtig machen, Leon.“
Für einen Moment schloss Leon die Augen, ging danach zu ihr und drückte seinen Mund auf ihre Stirn.
9
Satan repräsentiert reine Weisheit statt heuchlerischen Selbstbetrug .
(Satanisches Gebot)
Simeon lenkte den Wagen durch die noch leeren Straßen Berlins. Er blickte in den Rückspiegel. Fand das schlafende Gesicht seiner Tochter. Wenn er vorfuhr, würde ihre Mutter Nora trotz der frühen Stunde schon in der Haustür stehen und die Kleine in Empfang nehmen. Sie leise und sachte in ihr Bett tragen, liebevoll zudecken und anschließend beten. Simeon fragte sie nie, zu wem, aber er war sicher, dass es nicht Satan war.
Seine Liebe zu Nora ließen anfänglich Simeons weiche, gesunde Züge durchkommen. Er widersetzte sich sogar seinem Vater, als er Cara im Säuglingsalter verlangte. Ihr Blut wollte. Noras Schmerz rührte Simeon. Es war das erste von vielen bitteren Streitgesprächen mit seinem Vater, dem immer gnadenloseren Herrscher über seine Untertanen.
Nora war im Herzen weich. Sie liebte Cara über alles, wie jede normale gesunde Mutter ihr Kind liebte. Noch war Nora normal. Aber so hin und wieder zeigte sie schon typische Merkmale eines satanischen Sektenmitglieds. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie sich auch innerlich mit ihrer Mutterliebe von Cara lösen und eine wirkliche Sklavin des Kultes würde.
Die morgendliche Stille waltete über der Stadt. Der Geruch eines warmen Sommertages wohnte in der Luft. Ganz in der Nähe begrüßten Vögel den kommenden Tag. Von all dem nahm Nora nichts wahr. Sie stand angespannt im dunklen Hauseingang, hielt eine Decke in der Hand und schlug sie sofort um die noch immer bibbernde Cara, als sie an der Haustür eintraf. Nora wusste nicht genau, was mit ihrer kleinen Tochter in den Nächten angestellt wurde. Und sie wollte es auch gar nicht wissen. Aber im tiefen Herzen ahnte sie, dass es wohl grauenvoll für Seele und Körper ihres Kindes sein musste. Den Schmerz darüber und die ihr auferlegte Ohnmacht und des Nichtwissenwollens betäubte Nora mit Alkohol. Wenn es zu beängstigend für sie wurde, schnupfte sie etwas Kokain.
Heute war der zweiundzwanzigste Januar. Kein gewöhnlicher Tag für die Sekte. Die Zeit der Opfervorbereitung für den Höhepunkt, den großen Gipfel. Die Zeit, in der willkürlich Menschen gekidnappt wurden. Gewaltsam tief unten im hinterstgelegenen Kellerraum des Hauses festgehalten, um zeremoniell auf die Opferung vorbereitet zu werden. Dieser Kellertrakt, hinter dem auch der Messeraum lag, war durch ein ausgeklügeltes System gesichert. Kein Fremder, der die Schwelle der Kellertreppe nahm und zunächst einem großen Raum mit vielen Stühlen betrat, würde hinter dem blutroten Samtvorhang vermuten, was er verbarg. Zunächst schirmte er eine Kinoleinwand mittlerer Größe ab. Diese war fest eingerahmt und ließ sich von Hand nicht bewegen. Nur Viktor, Simeon und der Priester Fred kannten das Geheimnis, sie eine Türbreite zur Seite fahren zu lassen, damit sie den Eingang zum Messeraum freigab. Wenn die Mitglieder sich zur Feier einfanden, stand der Eingang bereits offen, sodass niemand hinter das Mysterium kam. Nur die kleine Cara, einerseits still und verschlossen ihrer Umwelt gegenüber und andererseits neugierig wie ein gesundes Kind, warf in einem Moment ihrer quälenden Neugier einen Blick durch die angelehnte schwarze Tür zu Viktors Gemach. Sie sah ihren Großvater am Computer hantieren. Intuitiv war sie sich der Gefahr ihres Wissens bewusst und schwieg darüber. Die gesamte Konstruktion samt des Kellerausbaus war in Eigenarbeit von ausgewählten Vertrauten Viktors hergerichtet worden.
Beim ersten Mal ihrer Teilnahme hatte Nora sich während der Feier mehrmals übergeben. Simeon war richtig ärgerlich auf sie geworden, hatte sie aber dennoch beim Herrscher Viktor verteidigt und in Schutz genommen. Nora wagte nicht, ihre Verwunderung über die fremde Frau und das Kind zu zeigen, darüber, wie sie bis zu ihrem Tod alles als gegeben hinnahmen. Erst Tage später erfuhr sie den Grund: Beide hatten stark unter Drogen gestanden. Die Frau aus der Pennerszene war süchtig und auf der Suche nach Stoff zum Opfer geworden. Ein Mensch, den niemand vermissen würde. Nur nach dem Kind jedoch wurde ohne Ergebnis lange gefahndet.
Selbst Nora hatte keine Ahnung, wo
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