Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
zweiundfünfzig Anhänger einer Weltuntergangssekte. Ein Jahr später 53 Anhänger der Sonnentempler. 1995 Anschlag in Oklahoma City, 168 Tote, dahinter stand die Sekte Christian Identity und September 96 fand die Polizei in Amsterdam zufällig vier Babyleichen bei einem Voodoo-Anhänger. Und das soll alles nichts mit Kriminalität zu tun haben? Denk nur an diesen Eschner in Berlin und ich meine, da war noch was mit einer Sektenleiche. Ich bitte dich, ich bin mitten drin in meinem Job.“
Anke hatte sich in Rage geredet. Wolf breitete beschwichtigend seine Arme aus. Sie war jedoch nicht zu bremsen.
„Weißt du eigentlich, wie viele kriminelle Elemente sich in der Satansszene herumtreiben? Für wie viele reiner Sex die Eintrittskarte in den Satanismus ist? Die wenigsten sind aus wirklicher religiöser Überzeugung dabei. Auch ein Frankfurter Psychologe, ach, wie hieß er, den Namen habe ich vergessen, aber immerhin ein Kollege von dir, sieht einen Zusammenhang zwischen Satansmessen und der steigenden Nachfrage nach Dominas und Sklavinnen auf dem Porno-Markt.“
Wolf nahm seine Brille ab und staunte.
„Himmel noch mal! Woher weißt du das alles?“
„ Ich habe gut recherchiert. Im Satanismus scheint es alles zu geben, über sexuelle Befreiung hin weiter bis zum Ausleben abnormaler Wünsche. Dort existiert ein riesiger Freiraum für Frustrierte, Verklemmte und psychisch Gehemmte. Pass auf, Folgendes habe ich mir gut eingeprägt.“ Anke stand vom Stuhl auf, schlug die Hände vor ihrer Brust zusammen und sagte gewichtig:
„ Es ist bekannt, dass der quasi-religiöse Ritus bei okkulten Sexmessen als subtiler Entsündigungsmechanismus für Perversionen und sexuelle Entgleisungen dient.“ Sie setzte sich wieder und fügte hinzu. „Ich weiß nicht, welches Menschen Worte ich hier grad nur ungefähr wiedergegeben habe. Ich hab’s aus dem Internet.“
Wolf atmete hörbar durch, nahm seine Brille ab und strich mit Daumen und Zeigefinger seinen Schnauz nach, ehe er sie wieder umständlich auf der Nase platzierte. Nach etlichen schweigenden Minuten sagte er mehr zu sich selbst.
„Was bezweckt Satanismus eigentlich im Kern?“
Obwohl es Anke schien, es sei nur eine rein rhetorische Frage gewesen, preschte sie gleich vor, ihr weiteres Wissen um dieses Thema vorzubringen.
„Satanismus will einfach die Grenzen zerstören, die das Christentum den Menschen auferlegt hat und alles Ehrenhafte wie Mitgefühl, Sanftheit, Rücksichtnahme etc. werden im Satanismus tabuisiert. Aber ich habe ja eben schon gesagt, dass es für viele auch einfach nur ein Auffangbecken darstellt für ihre Perversion. Es gibt Leute, die nur solche diabolischen Kulte aufbauen, um Nachwuchs in Prostitution, Kinderpornografie, Drogen-Waffen-Schmuggel und vor allem für Snuff-Videos zu bekommen.“
„ Ich will das eigentlich alles gar nicht hören“, stöhnte Wolf auf.
„ Du kannst doch nicht einfach und bequem die Augen verschließen. Ich bin gleich fertig. Sicherlich ist das Ganze gespalten. Auf der anderen Seite scheint es tatsächlich irgendwelche Maxi-Supergrößenwahnsinnige zu geben, die in der Tat davon träumen, eine satanistische Weltordnung errichten zu können, um die ganz Welt zu beherrschen.“
„ Das hört sich alles ziemlich durchgeknallt an“, kommentierte Wolf schlicht ihre Ausführungen.
„ Und“, warf Anke noch hinterher, ohne auf seine Äußerung einzugehen. „Da fällt mir ein, was noch auf uns zukommen könnte.“
Wolf zog fragend seine Brauen hoch.
„Nur die Kleinigkeit von Schmierereien am Haus, schrieb der Sek...“
„ Oh nein!“, fuhr Wolf hoch. „Nicht an meine frisch gestrichene Denkmal geschützte Hausfassade.“
„ Jetzt beruhige dich. Sie scheinen keine Ahnung zu haben, wo ich wohne, sonst hätten sie das Päckchen gleich hierher geschickt, es ging aber an die Redaktion. Zudem stehe ich nicht im Telefonbuch, weder unter Contoli und schon gar nicht unter Heinzgen.“
„ Was höre ich denn da jetzt schon wieder im Subtext?“
„ Lass uns da bitte nicht auch noch drüber diskutieren.“
„ Tja“, Wolf hob die Schultern, „wenn die es ernst meinen, werden die alles, was sie wissen wollen, herausfinden.“
„ Wieso die ? Vielleicht ist es nur ein Bekloppter.“
„ Aber der würde reichen, um uns das Leben zu vermiesen.“
„ Wie heißt es“, antwortete Anke bedächtig, „nichts verleiht mehr Überlegenheit, als ruhig und unbekümmert zu bleiben.“
„ Und wie sagte Sokrates“, fügte
Weitere Kostenlose Bücher