Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Sekunden später saß er senkrecht im Bett. Auf seine Reaktion hin drückte Anke geistesgegenwärtig die Mithörtaste. Caras zarte Stimme war zu hören.
„ Er ist da.“
Anke sah Wolf an. Seine Gesichtszüge spannten sich.
„Wer? Wer ist da?“
„ Dr. Baur ist tot, ermordet. Und Leon ist verschwunden, einfach nicht nach Haus gekommen. Er ist da.“
Sie hörten einen kurzen Aufschrei.
„Hallo, hallo!“, rief Wolf in den Hörer, doch eine Antwort blieb aus, stattdessen lauschten sie der Stimme, die sie entfernt durch den Hörer vernahmen. Jedoch verstanden sie nicht, was diese Stimme sagte. Kurz darauf wurde auf der anderen Seite der Hörer aufgelegt. Anke zuckte zusammen, als Wolf seinerseits den Hörer auf die Station knallte. Sie hatte noch gar nicht richtig aufgenommen, was sie da eben gehört hatte.
„ Was war das jetzt gewesen?“
„ Diese Stimme“, sagte Wolf, „war eine männliche.“
„ Vielleicht“, überlegte Anke laut, „hat sie mit ’er’ ihn gemeint. Ihren Vater Simeon. Und er ist tatsächlich gekommen, sogar aus Indien angereist, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen, wie es schon sein Vater mit seiner Mutter gemacht hat. Wer ist Dr. Baur?“, fragte sie übergangslos.
„ Ein Arzt. Er war damals da, als wir Cara aus dem Rhein gefischt haben, du kennst ihn nicht.“
Einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen.
„Los“, entschied Anke spontan und heftig. „Ab in die Klamotten! Wir fahren da hin!“
Sie griff sich ihre Sachen auf dem Stuhl und stieg in ihre Lederhose.
„Wir sollten erst Hauff anrufen.“
„ Kriegst du nun Muffe? Wir machen das in einem Abwasch, wenn wir das“, sie zeigte zum Telefon, „was da eben durchgekommen ist, mit eigenen Augen gesehen haben.“
„ Du bist verrückt! Sollen sie uns auch umbringen?!“
„ Also doch Muffe. Dann bleib halt schön hier, ruf Hauff an, und ich fahre alleine.“
„ Verdammt noch mal, Anke! Es geht hier um eine satanische Sekte, und die schrecken vor nichts zurück! Vor gar nichts. Manchmal denke ich, du bist dir überhaupt nicht im Klaren darüber. Wir sollten das der Polizei überlassen.
„ Cara hat dich, dich angerufen!“ schrie sie nun regelrecht, „und nicht die Polizei!“ Mit versöhnlicher Stimme schloss sie. „Vielleicht finden wir sie ja dort. Alleine, hilflos, total verstört und sie wartet da jetzt auf dich. Sie wollte und sollte nicht sofort den Bullen in die Hände fallen.“
Wolf fuhr sich durch die Haare.
„Und was war mit der männlichen Stimme, die wir durchs Telefon gehört haben?“
„ Richtig“, stellte Anke fest. „Cara könnte auch tot sein, oh mein Gott.
„ Ich versteh dich nicht. Du wolltest doch eben selbst so vehement Hauff anrufen.“
„ Herrgott, Wolf, jetzt steig schon in die Hosen.“
Wenigsten stieg Wolf aus dem Bett, als Anke fortfuhr: „Schon Konrad Adenauer sagte, es kannst mich doch keiner daran hindern, alle Tage klüger zu werden. Wo wohnt dieser Dr. Baur?“
Wolf sah verzweifelt an die Decke.
„Telefonbuch.“
Sie sah Wolf an, der halb angezogen unschlüssig vor dem Bett stand.
„Danke für deine Mitarbeit. Überschlag dich bloß nicht.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, flitzte sie die Treppen herunter in Wolfs Büro. Mit einem Blick überflog sie den Schreibtisch. Jesus, Himmel, dachte Anke, der kleine Geist hält Ordnung, der große überblickt das Chaos. Sie riss nacheinander die drei Schreibtischschubladen auf. „Natürlich“, murmelte sie, denn erst in der Letzten fand sie das Gesuchte. Hastig notierte sie Dr. Baurs Adresse. Das würde eine Story, eine ganz große Sache, sie würde regelrecht berühmt werden. Sofort kam Wolf ihr in den Sinn. Wenn er ihre Gedanken jetzt erraten könnte, er würde sie verachten. Aber es war ihr Job und sie liebte ihn, genau das, worin sie sich gerade mitten drin befand. Sie spürte ihr Herz im Hals schlagen.
An der Haustür wartete Wolf auf sie.
„ Ich komme trotz Muffe mit.“
Sie strich ihm nachsichtig über den Arm.
Anke wunderte sich nicht über die ein Spalt weit offen stehende Haustür. Sie schob sie hinter sich zu.
„Nichts anfassen“, zischte Wolf sie an.
„ Wir können hier nicht durchschweben. Sie werden zumindest unsere Fußspuren finden“, konterte Anke und hörte im gleichen Moment Wolf leise rufen.
„ Dr. Baur!“
„ Der wird wohl nicht antworten?“
Vorsichtig lauernd schlichen sie in das nächstliegende Zimmer.
„Wir brauchen Licht“, flüsterte Anke und zog aus ihrer
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