Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
bestellte und zitierte sie beide zur selben Zeit ins Präsidium.
„Bedauere“, wehrte sich Anke, „ich habe Cara noch nie richtig gesehen, und auf mich wartet noch dringende Arbeit“, wobei sie zu Wolf schielte. Der schien zu verstehen.
„ Ich werde alleine mitkommen. Ich kann sie beschreiben“, erklärte er sofort, wie sie es sich erhofft hatte.
„ Also dann“, Anke setzte ein paar Schritte rückwärts, „wenn Sie mich nicht mehr brauchen, dann ...“
Sie stahl sich davon ins Haus direkt in Wolfs Büro an den PC. Ihre Finger rasten über die Tastatur, die all das Grauen der letzten Nacht formulierten. Dreimal las sie ihren Artikel durch, korrigierte, redigierte, bis er ihr ausgewogen vorkam. Anschließend rief sie Trenk an. Sie brauchte ihren Wunsch nicht mal zu äußern. Noch ehe sie mit ihrem kurzen Bericht fertig war, sagte er ihr schon die Titelseite zu. Zufrieden, mit einem Lächeln, jedoch einem krampfartigen Gefühl im Bauch, schloss sie die Augen und lehnte sich im Schreibtischsessel zurück. Schlaftrunken nahm sie war, wie sie mehrmals vergeblich mit der Hand nach etwas schlug, was ihr ein Nasenkitzeln verursachte. Ein knisterndes Platschen dann ließ sie die Augen öffnen. Wolf stand vor ihr und hielt ihr eine kleine weiße, prall gefüllte Tüte unter die Nase.
„Morgen, meine Liebe“, sagte er sanft, „ich habe trotzt geistigem Kollaps frische Brötchen mitgebracht.“
Sie lächelte müde.
„Ich weiß doch, warum ich dich nie verlassen werde.“
„ Ich habe Cara einigermaßen gut beschrieben“, erzählte er beim Frühstück.
Anke verzog leicht die Lippen und sah in Wolfs scheinbar zweifelndes Gesicht.
„Nachdem Hauff sich die Kladden vorgenommen hat“, legte Anke dar, „wird er sich wohl gleich mit der Berliner Polizei in Verbindung setzen und die Jagd auf Simeon starten lassen.“
„ Und außerdem“, folgerte Wolf, „wird er dann erfahren, dass vor einigen Tagen eine Journalistin mit roten Haaren aufgetaucht ist, die sich nach den damaligen Ermittlungen der Sekte Diabolus erkundigt und nach einem Gartengrundstück gefragt hat.“
„ Das ist nicht strafbar.“
„ Aber Hauff wird bemerken, dass du in dem Fall mehr weißt als du rauslässt.“
„ Das ist auch nicht strafbar, wenn er mich nicht gezielt fragt.“
„ Könnte aber als Behinderung der Ermittlungen ausgelegt werden.“
„ Das Risiko gehe ich ein. Basta.“
Anke reckte herausfordernd ihr Kinn.
„Jedenfalls, von Simeon Vronhoff wird es kein Phantombild geben“, ließ Wolf verlauten.
Anke zog ihren Mund in die Breite, sodass ein verkniffenes Grinsen entstand.
„Apropos Berlin?“ reagierte Wolf unvermittelt helle, als schien er etwas zu ahnen. „Du willst denen doch wohl nicht zuvorkommen und auf eigene Faust suchen, nur, damit du in den journalistischen Himmel aufsteigst?“
„ Oder ab in die satanische Hölle“, witzelte sie.
„ Das ist alles absurd.
„ Wenn eine Idee nicht erst absurd erscheint, taugt sie nichts. Stammt nicht von mir, sondern das sagte schon Albert Einstein.“
„ Du bist wahnsinnig“, echauffierte sich Wolf, „es ist doch schon genug passiert. Eigentlich bräuchten wir Polizeischutz.“
„ Sieht Hauff das auch so?“
„ Im Ernst. Wir könnten die Nächsten sein. Die Zeichen sind ja wohl deutlich gesetzt. Denk unter anderem auch an den Anschlag auf dein Leben, als du vom Schießstand kamst.“
„ Die wollten mir nur einen Schrecken einjagen“, wehrte Anke ab.
Sie hatte sich wieder unter Kontrolle. Der Schwächanfall letzter Nacht war vorüber, wenngleich auch bei dem Gedanken an das Schreckliche sich immer noch ihr Magen zusammenzog. Kleine Nachwehen beruhigte sie sich. Und wenn erst der versäumte Schlaf aufgeholt war, würde sie sich wesentlich besser und wieder stark fühlen.
„Heute sehen wir Caras Phantombild auf allen Kanälen und morgen in allen Zeitungen“, resümierte Wolf in ihre Gedanken.
„ Dann wird es auch bald Simeon Vronhoff wissen.“
Wolf wiegte den Kopf.
„Vorausgesetzt, das alles geht wirklich auf seine Kappe.“
„ Zweifelst du etwa daran?“, fragte Anke ungläubig. „Weißt du, was ich gerade denke?“
„ Nein.“
Anke überlegte, ob sie ihm ihren Gedanken verraten sollte. In dem Fall würde Wolf von ihrem Auftritt im Haus Viktor Vronhoff in Berlin erfahren. Sie hatte ihm zwar alles erzählt, was sie mit Holger in Berlin unternommen hatte, aber diesen Besuch wohlweislich verschwiegen. Prüfend sah sie ihn an. Wolf kaute
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