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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
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machen, daß in der Kommunikation mit mir ein Zögern spürbar war, das entweder etwas mit meinem Alter oder meinem Geschlecht oder mit beidem zu tun hatte. Da wir noch nicht zum Mond unterwegs waren, benutzte ich meine etwas übertriebene Macht dazu, das Shuttle zur Erde zurückzuschicken. Ich rekrutierte einen alten Freund, einen meiner früheren Professoren – einen pensionierten Berater des SETI –, der früher einige Zeit in Houbolt verbracht hatte, und wir reisten zusammen zum Mond. Das schluckte drei weitere Tage meiner kostbaren Zeit.«
    »Wo ist er denn? Ich vermute, ebenfalls jenseits der Luftschleuse, denn sonst wäre ich nicht hier.«
    »Noch nicht ganz jenseits der Luftschleuse«, antwortete Hvarlgen. »Kommen Sie mit mir, und Sie werden es sehen.«
     
    Ich hatte Dr. Soo Lee Kim nie persönlich kennengelernt, doch ich hatte schon von ihm gehört. Er war ein winziger Mann mit langem, wehendem Haar wie Einstein. Von Beruf Astronom, war er der Leiter des optischen Teams zur Erforschung des interstellaren Raums gewesen, bevor man es aus Houbolt hinausgeworfen und den Stützpunkt zu einer halbautomatischen Warnstation umfunktioniert hatte. Dr. Kim hatte den Nobelpreis erhalten. Eine Galaxie war nach ihm benannt worden. Jetzt belegte er eines der beiden Betten in der Krankenstation unter der durchsichtigen Kuppel in Ost. Das andere Bett war leer.
    Ich roch den Tod im Zimmer und begriff, daß er von FriedFind ausging, einem Nasenspray aus Marihuana, das man den hoffnungslosen Patienten gab. Für mich hat es ein kompliziertes Aroma, einen Geruch von Liebe und Verlust zugleich; es ist eine seltsame Mixtur, die ich von den letzten Wochen meiner ersten Frau her kannte, zu der ich zurückkehrte, als sie im Sterben lag. Doch das ist eine ganz andere Geschichte.
    Dr. Kim sah recht fröhlich aus. Er hatte uns erwartet.
    »Ich bin so froh, daß Sie hier sind; vielleicht können wir jetzt mit der Kommunikation anfangen«, sagte er mit einem Cambridge-Akzent. »Wie Sie vielleicht wissen, will der Schatten nicht mit mir reden.«
    »Der Schatten?«
    »So nenne ich ihn. Es kommt von Ihrer alten amerikanischen Radioserie: ›Wer weiß, wieviel Böses in den Herzen der Menschen lauert? Nur der Schatten weiß es!‹«
    »Sie scheinen mir dafür noch nicht alt genug zu sein«, sagte ich.
    »Bin ich auch nicht; nächste Woche, wenn die Diana zurückkehrt, werde ich zweiundsiebzig, falls ich es noch so lange aushalten muß.« Er inhalierte einen schnellen Stoß FriedFind aus einer Sprühflasche aus Elfenbeinimitat und fuhr fort: »Das Sammeln von alten Radiobändern war ein Hobby, das ich angefangen habe, als ich noch auf der Universität war. Sie waren damals schon, vor fünfundvierzig Jahren, fünfundvierzig Jahre alt. Ich nehme nicht an, daß Sie sich an Sky King und seine Radio Ranch erinnern?«
    »Niemand ist so alt, Dr. Kim. Ich bin erst sechsundsiebzig. Wie alt muß man denn für diesen Geist in der Schüssel sein?«
    »Für den Schatten«, verbesserte er mich. »Oh, Sie sind alt genug. Ich glaube, daß auch ich selbst alt genug bin. Ich wäre es zumindest, wenn nicht…«
    »Beginnen Sie am Anfang, Dr. Kim«, sagte Hvarlgen. »Bitte. Der Major muß alles wissen, was bisher geschehen ist.«
    »Der Anfang? Dann lassen Sie uns am hinteren Ende anfangen, wo der Schatten angefangen hat.« Er stieß ein rätselhaftes Lachen aus. »Eines habe ich wenigstens gelernt: die Sprache befindet sich genauso in den Muskeln wie im Gehirn. Beim ersten Mal machte ich es so wie Sunda. Ich steckte meine Hand in die Schüssel, und mein Gehirn schaute untätig dabei zu, wie der Schatten meine Hand nahm und damit einen Stift ergriff…«
    »Und Ihnen einen Brief schrieb«, setzte ich hinzu.
    »… und mir ein Bild malte«, korrigierte mich Dr. Kim. »Koreanisch ist wenigstens teilweise eine Bildsprache.« Er langte unter das Bett und zog ein Blatt Papier hervor, auf dem das folgende stand:

    »Bringt mich zu eurem Häuptling?« riet ich.
    »Es heißt in etwa ›okay‹, und es deutet eine intimere Beziehung an, die ich sozusagen sofort einging, und die…«
    »Eine intimere Beziehung?«
    »… in dem hier resultierte.«

    »Wie bei Sundas Botschaft heißt es auch hier ›neues Wachstum‹«, sagte er, »das ich in meinem Fall als Krebs deutete.«
    »Oh.«
    Ich mußte zusammengezuckt sein, denn er sagte: »Ach, es ist schon in Ordnung. Ich wußte es bereits seit vier Monaten. Ich hatte es bloß Sunda nicht gesagt, weil ich dachte, es sei

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