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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
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unwichtig.«
    »Dann war es nicht der Schatten, der…?« fragte ich.
    »Der den Krebs verursacht hat? – Nein«, antwortete Dr. Kim. »Man könnte sagen, daß der Schatten ihn nur entdeckt hat, mehr nicht.« Entweder grinste er, oder er verzog das Gesicht in Schmerzen (es war schwer zu sagen), und er nahm einen weiteren Sprühstoß Fried-Find. »Vergessen Sie nicht: Nur der Schatten weiß es.«
    Die Jungen sind dem Tod gegenüber sentimental, doch die Alten haben dieses Problem nicht. »Hart«, sagte ich.
    »Es gibt eben keine Happy Ends«, sagte Dr. Kim. »Dank des Schattens habe ich wenigstens noch eine Reise zum Mond bekommen. Mit ein bißchen Glück könnte ich hier sogar meine Tage beschließen. Wäre der Mond nicht ein großartiger Grabstein? Wie er so im Himmel hängt, größer als tausend Pyramiden. Und dazu noch erleuchtet. Das würde ein für allemal der üblen Nachrede ein Ende setzen, daß alle Koreaner einen guten Geschmack haben.« Er machte eine Pause, um noch eine Dosis zu nehmen. »Aber das Problem ist, daß der Schatten anscheinend wegen des Krebses nichts mit mir zu tun haben will. Ich glaube, daß er ihn irrtümlich als ein Element der Jugend ansieht. Dieser zweite Kontakt war mein letzter. Morgen sind Sie dran, richtig?« Er schaute von mir zu Hvarlgen.
    Hvarlgen und ich sahen uns an.
    »Also bin ich der nächste«, sagte ich. »Der alte Mann Nummer zwei.«
    »An dieser Stelle gebe ich Ihnen die Möglichkeit auszusteigen«, sagte Hvarlgen. »So sehr ich das auch hasse. Aber wenn Sie mir einen Korb geben, habe ich noch Zeit für einen zweiten Schuß; Ihr Stellvertreter durchläuft in diesem Augenblick gerade seine medizinischen Untersuchungen in Reykjavik.«
    Ich war mir sicher, daß sie log; wenn sie nur noch sechs Tage zur Verfügung hatte, war ich ihre einzige Hoffnung. »Warum gerade ich?« wollte ich wissen.
    »Sie waren das älteste halbwegs gesunde männliche Wesen, das ich auf die Schnelle finden konnte und das weltraumtauglich ist. Ich wußte, daß Sie in Houbolt gewesen waren. Außerdem gefiel mir Ihr Aussehen, Major. Intuition. Sie schienen mir die Art von Mann zu sein, der bereit ist, seinen Kopf hinzuhalten.«
    »Seinen Kopf?« Dr. Kim lachte. Sie warf ihm einen grämlichen Blick zu.
    »Natürlich könnte ich mich geirrt haben«, sagte sie zu mir.
    Es war ein Test, aber das störte mich nicht. Ich war schon seit Jahren nicht mehr getestet worden. Ich sah Hvarlgen an. Ich sah Dr. Kim an. Ich sah die Millionen Sterne dahinter an. Mir war alles egal.
    »Okay«, sagte ich. »Ich glaube, ich werde meine Hand für die Wissenschaft in ein Goldfischglas stecken.«
    Dr. Kim lachte erneut, und Hvarlgen sah ihn wütend an. »Noch etwas sollten Sie wissen…«, sagte sie.
    Dr. Kim sprach für sie weiter: »Der Schatten will Ihnen nicht die Hand schütteln, Major Bewley. Er will Ihnen in den Hintern kriechen und sich dort umsehen. So wie er in meinen gekrochen ist.«

 
II
     
    Als ich am nächsten Morgen im Grand Central erschien, trug ich das helle, orangefarbene Gewand mit dem SETI-Aufnäher, um Hvarlgen zu zeigen, daß ich jetzt zu ihrem Team gehörte. Wir tranken Kaffee. »Haben Sie Angst?«
    »Hätten Sie keine Angst?« fragte ich zurück. »Zum einen ist dieser Schatten ein Krebsdetektor. Dann ist da noch die Sache mit Mersault…«
    »Es ist unwahrscheinlich, daß unsere Leute in Reykjavik etwas übersehen haben. Und es gibt Anzeichen dafür, daß Mersault sowieso selbstmordgefährdet war. Zippe-Buisson stellt manchmal recht seltsames Volk ein. Aber Sie haben recht, Major, man kann nie wissen.«
    Ich folgte ihr durch den Vierzig-Meter-Tunnel nach Ost. Wir wollten die erste Kontaktaufnahme in der Krankenstation durchführen, damit Dr. Kim teilnehmen oder sie wenigstens beobachten konnte. Hvarlgen bäumte sich vor Ungeduld buchstäblich auf: sie hatte den Rollstuhl so weit zurückgekippt, daß sie beinahe auf dem Rücken lag.
    In drei der fünf Außenkuppeln wachsen Magnolien – diese reptilienhaften Bäume lieben den Mond –, aber in Ost sind sie am üppigsten; ihre Blätter nehmen die Farbpalette vom Schuttboden des Kraters auf, verwandeln sie in ein neues, komplexes, nie zuvor gesehenes Grau.
    Dr. Kims Bett stand unter dem Baum. Er war wach und erwartete uns. Seine Finger liebkosten die Sprühflasche wie einen Talisman. »Guten Morgen, Kollegen«, sagte er.
    Hvarlgen rollte an die Seite seines Bettes und küßte seine welke Wange.
    Zwei Lunies rollten einen Tisch auf Rädern herein;

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