Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)
Viken war allenfalls ein wenig mürrischer als zuvor, und das, was Nina und Arve ihm gerade erzählt hatten, schien seine eigene Überzeugung nur zu bestätigen. Er erinnerte Nina an einen Hund, der nicht mehr von seinem Opfer abließ, wenn er sich erst einmal festgebissen hatte.
»Ich will jetzt nicht mit Sprüchen kommen wie ›Ich hab’s ja schon immer gewusst‹«, erklärte er in einem Tonfall, der daran allerdings Zweifel aufkommen ließ. »Aber wer hat denn gefordert, dass ein Beamter die Wohnung dieser Studentin bewachen soll? Und wer hat gefordert, Glenne zu observieren, als er aus der U-Haft entlassen wurde? Und wer, frage ich euch, hat von diesen Maßnahmen nichts wissen wollen?«
Er warf einen verstohlenen Blick in die Runde, und Nina sah ein angriffslustiges Funkeln in seinen Augen.
»Du solltest doch Kontakt zu ihr halten«, sagte er zu Arve Norbakk, der am Türrahmen lehnte.
»Ich habe sie gestern Abend angerufen. Da schien alles in Ordnung zu sein. Ich habe sie gebeten, meine Nummer immer bei sich zu haben und sich beim geringsten Verdacht bei mir zu melden.«
Viken hob eine Hand.
»Du hast getan, was du konntest, Arve. Gut, dass jemand den Ernst der Lage erkannt hat.«
Norbakk nahm das Lob ohne ersichtliche Regung zur Kenntnis.
»Noch was anderes«, sagte er. »Dieser Glenne hat letzte Nacht zweimal bei mir angerufen.«
Viken sperrte die Augen auf.
»Was wollte er?«
»Gegen elf hat er das erste Mal bei der Zentrale angerufen und darauf bestanden, mich persönlich zu sprechen. Als ich ihn zurückrief, hat er uns als verdammte Drecksäcke beschimpft. Leider war ich so leichtsinnig, meine Rufnummer nicht zu unterdrücken, also hatte ich ihn ein paar Stunden später erneut an der Strippe. Er faselte irgendein wirres Zeug über diese Miriam und beschimpfte mich weiter. Offenbar war er nicht mehr nüchtern. Kann natürlich auch sein, dass er etwas anderes genommen hatte. Später hat er es noch ein paarmal bei mir versucht, aber ich hatte keine Lust mehr, mich weiter von ihm beschimpfen zu lassen.«
»Sehr verständlich«, meinte Viken. »Nina, du kümmerst dich um die Suche nach Miriam Gaizauskas. Sind alle verfügbaren Informationen auf dem neuesten Stand?«
Arve Norbakk warf ihr einen Blick zu.
»Ich muss noch ein, zwei Dinge aktualisieren«, warf er hastig ein. »Darum kümmere ich mich sofort. Gib mir ein paar Minuten, dann habe ich einen Ausdruck ihrer Handyverbindungen, und die von Glenne natürlich auch.«
»Okay. Jebsen, dann kannst du überprüfen, von wem die Blumen an ihrer Haustür sind und wann sie geschickt wurden. Ich hab da so einen Verdacht. Wo ist Sigge eigentlich?«
»Der hat vorhin angerufen«, erklärte Nina. »Eins seiner Kinder ist krank geworden, vielleicht sind es auch zwei. Er will versuchen, später noch zu kommen.«
Vikens buschige Augenbrauen wanden sich wie zwei haarige Raupen bei der Paarung.
»Ich dachte immer, der Kerl wäre verheiratet«, knurrte er.
Die Blumen waren am Mittwochabend um zehn nach halb sieben bei einem Geschäft namens Flower Power in Majorstua aufgegeben worden. Nina bekam den Verkäufer an den Apparat. Er meinte sich an einen Mann erinnern zu können, der die neun langstieligen Rosen persönlich ausgesucht hatte. Die Beschreibung war vage, passte aber auf Glenne.
Nina tippte die Informationen ein, während sie nachdachte. Der Blumenbote hatte also am Mittwochabend an Miriams Tür geklingelt. Als niemand öffnete, hatte er den Strauß am Türknauf befestigt. Am Freitagmorgen hing er immer noch dort. Doch Arve zufolge war Miriam zu Hause gewesen, als er sie gestern Abend anrief. Warum hatte sie die Blumen nicht mit hineingenommen?
Erneut öffnete sie den Bericht, den Arve über sie geschrieben hatte. Irgendetwas daran schien ihr weiterhin nicht in Ordnung zu sein, da war sie sich ganz sicher. Etwas, das Arve gesagt hatte, aber was …? Dass sie verlobt gewesen war, hatte er immer noch nicht eingefügt. Sie starrte auf den Monitor. Miriam hatte ihr gegenüber erwähnt, dass sie mit jemand verlobt gewesen war, den sie in ihrem ersten Jahr in Norwegen kennengelernt hatte. Also in der Zeit, als sie auf die Fachhochschule in Nordfjord ging. Vielleicht gab es noch alte Teilnehmerlisten für die Kurse, die sie damals belegt hatte. Andererseits war natürlich nicht sicher, dass sie ihrem Verlobten auf der Fachhochschule begegnet war. In dieser Frage sollten sie sich vielleicht an jemand wenden, der ihr nahestand.
Während der Vernehmung
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