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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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Solveig. Sie beschleunigte ihre Schritte. Der Mann tat dasselbe. Er trug einen langen Ledermantel. Seine Haare waren nach hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Pastor Brandberg hatte sie getauft. Sie erinnerte sich an sein Gesicht, als sie aus dem Wasser gezogen wurde, seine Augen, als er sie segnete. Pastor Brandberg half, wo er konnte. Zu ihm war sie gebracht worden, als sie das erste Mal krank geworden war. Sie überquerte die Straße und stellte sich vor ihn hin.
    »Können Sie mir helfen?«
    Ohne zu antworten, eilte er weiter. Der graue Pferdeschwanz in seinem Nacken wippte hin und her.
    Sie blieb am Zebrastreifen stehen und hielt sich an einem Geländer fest. Es hatte wieder angefangen, und sie würde es nicht mehr loswerden. Wenn sie unter ein Auto kam, würde der Fahrer schrecklich darunter leiden. Bei einem Bus war das anders. Busfahrer fuhren durch die ganze Stadt, das war ihr Beruf, und sie wussten, dass jederzeit etwas passieren konnte. Sie wurden beschützt. Der Herr war mit den Busfahrern. Sie waren sein Werkzeug. Und wenn sie auch wanderten im finsteren Tal … Wenn das nächste Mal ein roter Bus kommt, Solveig, dann lässt du es einfach geschehen. Sie blickte in den Himmel über Majorstua. Plötzlich wurden die Wolken in Bewegung gesetzt und wie von riesigen Händen auseinandergetrieben. Das grelle Licht blendete sie. Sie senkte den Kopf. Dort drüben, auf der Treppe zur U-Bahn-Station, umgeben von gleißendem Licht, stand ein Mann. Seine Haare waren zerzaust. Er trug einen Vollbart und eine abgetragene Jacke. Als er ihr sein Gesicht zuwandte, erkannte sie, dass es Axel Glenne war. Und Er wird wiederkehren, doch sie werden Ihn nicht erkennen.
    »Aber ich kenne ihn«, murmelte sie. Es wird nicht geschehen. Noch nicht. Erneut kam eine große Ruhe über sie und breitete sich in ihrer Brust aus, dass sie vor Freude bebte.
    Sie ließ das Geländer los, kehrte dem steten Strom der Fahrzeuge den Rücken zu und ging den Bogstadveien wieder zurück.

8
    U m Viertel nach zwölf verabschiedete sich Axel Glenne von seinem letzten Patienten vor der Mittagspause. Er vervollständigte die elektronische Patientenakte, schloss die Datei und versetzte den Computer in Ruhezustand.
    »Wir sollten sehen, dass wir etwas in den Magen bekommen«, sagte er zu Miriam, ohne sie anzuschauen. Trotz des hektischen Vormittags hatte er ihr zwischen den einzelnen Konsultationen das eine oder andere erklären können. Nach den Ereignissen des gestrigen Tages war er fast ein wenig verlegen, als sie am Morgen erschienen war. Doch für Miriam schien es das Natürlichste auf der Welt zu sein, dass sie gestern noch über eine halbe Stunde lang im Auto sitzen geblieben waren und miteinander geredet hatten.
    Er betrat nach ihr den Aufenthaltsraum, in dem sie kaum Platz fanden, obwohl nur Rita und Inger Beate anwesend waren. Sie quetschten sich zu ihnen an den kleinen, runden Tisch. Rita hatte ihre Nichte zu Besuch gehabt und selbstgebackene Waffeln mitgebracht. Inger Beate wollte mit ihm über einen Patienten sprechen und hatte die Ergebnisse einiger Laboruntersuchungen dabei. Sie teilte ihm ihre Einschätzung mit, während sie Eiersalat aß, den sie mit einer Tasse Kaffee hinunterspülte. Ihr Patient litt an ständigem Juckreiz und hatte an Gewicht verloren, schien ansonsten aber in guter Verfassung zu sein.
    »Miriam, wie sehen Sie das?«, fragte Axel mit vollem Mund.
    Inger Beate Garberg hatte ein markantes, knochiges Gesicht und graumelierte, gewellte Haare, die ihr auf die Schultern fielen. Sie blickte irritiert auf die Uhr, weil sie nur noch fünf Minuten Zeit hatte.
    »Haben Sie ihn gefragt, ob er Schmerzen bekommt, wenn er Alkohol trinkt?«, fragte Miriam.
    Inger Beate warf Axel einen verstohlenen Blick zu. Er nahm sich lächelnd eine Waffel.
    »Eine sehr präzise Frage meiner Praktikantin, finde ich.«
    »Natürlich habe ich ihn das gefragt«, antwortete Inger Beate.
    »Und was hat Ihr Patient geantwortet?«, fragte Miriam.
    »Er hat sich da nicht so genau …«, murmelte sie und schloss ihre Tupperdose mit dem Eiersalat. »Ich werde ihn noch mal darauf ansprechen.«
    Sie hat vergessen, ihn danach zu fragen, dachte Axel, unterließ es aber, seine Kollegin damit zu behelligen. Inger Beate war erst vor kurzem aus Botswana zurückgekehrt, wo sie sich zwei Jahre lang um HIV-infizierte Menschen gekümmert hatte. Sie hatte immer noch Schwierigkeiten, sich wieder an den Alltag in ihrer Heimat zu gewöhnen, an die Vielzahl der

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