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Die Ballade der Lila K

Die Ballade der Lila K

Titel: Die Ballade der Lila K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blandine Le Callet
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bloß meine Ruhe.
    Ich dachte, dass es mit uns so gemächlich weitergehen würde, wie bei einem alten Ehepaar: Fernand, der sich etwas abseits hielt, und ich in meinem Schlupfwinkel, damit beschäftigt, meinen Kummer mehr schlecht als recht in Schach zu halten. Wenn ich im Heim aber eines gelernt habe, dann das: Man gibt sich immer Illusionen hin.
    Eines Sonntagmorgens tauchte Fernand mit einem breiten Lächeln bei mir auf.
    »Komm mit, Lila, wir machen eine kleine Spritztour.«
    Ich wusste gleich, dass ich auf der Hut sein musste – Fernand lächelte sonst nie, er führte zwangsläufig etwas im Schilde.
    »Einfach so?«
    »Lass dich ausnahmsweise mal überraschen. Nimm deinen Mantel und komm mit. Einverstanden?«
    Ich folgte ihm recht unwillig. Ich witterte eine Falle, ohne sie benennen zu können. Wir fuhren mit dem Aufzug in die Eingangshalle hinunter. Meine Anspannung wuchs. Als ich merkte, dass Fernand sich auf die Ausgangsschleuse zubewegte, blieb ich jäh stehen.
    »Wo gehen wir hin?«
    »Siehst du doch: Wir gehen raus!«
    »Wollen Sie mich verscheißern?«
    »Na hör mal, Lila, achte auf deine Ausdrucksweise!«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich kann nicht raus.«
    »Aber natürlich kannst du.«
    »Nein, kann ich nicht! Die Leute. Die Leute da draußen … Das … das geht einfach nicht!«
    »Pass auf, Lila: Es besteht kein Grund zur Panik. Gegenüber wartet schon der Shuttle, siehst du, dort hinter der Tür. Ein paar Schritte nur, und schon bist du wieder in Sicherheit. Höchstens zwei, drei Sekunden auf dem Bürgersteig. Das wirst du wohl schaffen!«
    Ich schleuderte manisch den Kopf hin und her.
    »Nein, das schaffe ich nicht.«
    »Sicher schaffst du das.«
    »Sie sind ja völlig irre! Ich will meine Beruhigungsmittel!«
    »Die brauchst du nicht. Vertrau mir.«
    »Ich will eine Spritze!«
    »Sei doch vernünftig.«
    Ich habe die Luft angehalten und meine Sonnenbrille aufgesetzt. Dann habe ich die Augen geschlossen, um das Bild von Fernand auszublenden, der mit unseren Plaketten neben dem Automaten am Eingang wartete. Ich weiß nicht genau, wie lange ich dastand, ohne zu atmen. Mindestens vier Minuten. Mir wurde schwindlig. Es ging mir erst dann ein bisschen besser, als die Luft an meinem Ohr zu vibrieren begann, wie beim ersten Mal.
    »Komm schon, Mädchen, geh raus. Du sollst rausgehen, hab ich gesagt!«
    »Jetzt fangen Sie auch noch damit an!«
    »Was hast du eben gesagt?«, fragte Fernand.
    »Ich warne dich, wenn du’s nicht tust, befördere ich dich mit einem Arschtritt hinaus«, fuhr die Stimme an meinem Ohr fort.
    »So langsam kotzen Sie mich an«, antwortete ich.
    »Lila!«, schrie Fernand völlig entsetzt.
    »Ist ja gut, ich geh schon.«
    »Wurde allmählich auch Zeit«, entgegneten sie beide im Chor.
    Ich bin nur so geflitzt – fünfzehn Schritte auf dem Bürgersteig, bis ich hinten in den Shuttle schlüpfte. Fernand setzte sich mit gebührendem Abstand neben mich. Ich kauerte mich auf dem Sitz zusammen und wandte ihm demonstrativ den Rücken zu. Dann fuhren wir ab.
    Der Shuttle glitt geschmeidig über den Asphalt. Praktisch geräuschlos. Dennoch spürte ich das Chaos in unmittelbarer Nähe, die Stadt, das Gemisch aus grellem Licht und Lärm. Ich hörte, wie ihr Brausen angriffslustig gegen die Scheibe peitschte, und war vor Schreck wie gelähmt.
    »Beruhige dich. Du brauchst keine Angst zu haben.«
    Jetzt versuchte dieser Verräter auch noch, den guten Samariter zu geben. Ich hätte ihm zu gern ein paar Ohrfeigen verpasst.
    »Sieh mich an. Bitte.«
    Ich drehte mich um. Mein Blick war noch finsterer als die Gläser meiner Sonnenbrille. Er lächelte.
    »Dir kann wirklich nichts passieren. Die Scheiben sind gepanzert. Alles ist gesichert. Du musst keine Angst haben.«
    »Warum tun Sie mir das an?«
    »Hör endlich auf, dich als Märtyrerin aufzuspielen!«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Warum tun Sie mir das an?«
    »Hör zu«, seufzte er. »Vor ein paar Tagen hat die Kommission mir mitgeteilt, dass sie den Sozialisierungsprozess wieder in Gang setzen möchte.«
    Ich verkrampfte mich sogleich. Er neigte den Kopf zur Seite.
    »Dachte ich’s mir doch … Ich habe ihnen gesagt, dass du dich weigern würdest, aber sie bestehen darauf: Wir sollen dich unverzüglich mit anderen in Kontakt bringen.«
    »Was haben sie gegen mich?«
    »Sieh es doch mal so, Lila: Wir können dich nicht so weiterleben lassen, eingeschlossen in deiner eigenen Blase. Sonst wirst du später nicht zurechtkommen,

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