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Die Ballade der Lila K

Die Ballade der Lila K

Titel: Die Ballade der Lila K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blandine Le Callet
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drückte rechts auf die Tastatur.
    »Wie Sie sehen, wird das Kästchen automatisch eingefügt. Anschließend setzen Sie einen Verweis auf den entsprechenden Gesetzestext ein; die Paragraphennummer ist jeweils bei den Strichanweisungen angegeben. Sie brauchen sie dann nur noch im Menü aufzurufen.«
    Ich sah ihr aufmerksam zu, um mir jeden Arbeitsschritt einzuprägen.
    »Haben Sie noch Fragen?«
    »Ja. Ich wüsste gern, wie man sich die Vorlagen beschafft, die es zu bearbeiten gilt. Muss man sie irgendwo abholen?«
    »Die Dokumente werden im Untergeschoss gelagert. Die Mitarbeiter der Digitalisierungsabteilung haben keinen Zutritt zum Magazin. Den Transport übernehmen die Lageristen. Jedes Stockwerk hat seinen eigenen Lageristen. Bei uns ist das Scarface.«
    »Scarface?«
    »Eigentlich heißt er Justinien, aber hier nennen ihn alle Scarface. Und ich sage es Ihnen lieber gleich, der ist kein Geschenk des Himmels! Aber er steht unter dem persönlichen Schutz von Monsieur Templeton, also müssen wir uns wohl oder übel mit ihm arrangieren.«
    »Scarface …«
    Sie lachte kurz auf.
    »Da können Sie sich auf was gefasst machen.«
    Ich verstand nicht so richtig, was sie damit sagen wollte, und mochte nicht nachfragen. Auch so hatte ich bereits erkannt, dass dieser Scarface für mich die Schlüsselfigur im Bibliotheksgefüge war. Auf ihn würde ich meine ganze Energie und Aufmerksamkeit konzentrieren.
    Fernand besuchte mich noch am selben Abend, um zu hören, wie es gelaufen war. Pascha döste auf dem Teppich, in seine Decke gehüllt.
    »Wie geht’s ihm?«
    »Ganz gut, in Anbetracht der Umstände.«
    »Frisst er?«
    »Ein bisschen. Wenn ich ihn in den Arm nehme, kann ich ihm immerhin ein paar Bröckchen Pastete einfüttern. Mit den Fingern.«
    »Und das lässt er sich gefallen? Ich habe es ein paarmal versucht, es hat nie geklappt.«
    »Ich habe es Ihnen ja gesagt: Sie stellen es falsch an!«
    Er lächelte bitter.
    »Dir gelingt es, das ist die Hauptsache … Und wie geht es dir? Wie war dein Gespräch mit Monsieur Copland?«
    »Gut, Fernand, wirklich sehr gut. Ich habe eine Führung bekommen, man hat mir alles gezeigt. Übermorgen fange ich an.«
    »Freust du dich?«
    »Eigentlich schon.«
    »Und dir war nicht unwohl?«
    »Gar nicht. Ich habe nicht mal meine Beruhigungsmittel gebraucht.«
    »Sehr gut. Aber du musst nicht die Heldin spielen. Nimm sie, wenn du sie brauchst.«
    »Sie wissen doch, dass ich dann wie benebelt bin.«
    »Besser benebelt sein, als in aller Öffentlichkeit eine Panikattacke zu riskieren.«
    »Seien Sie unbesorgt, Fernand, ich weiß, was ich tue.«
    Er lächelte.
    »Das stimmt. Du kommst fabelhaft zurecht, und ich bin stolz auf dich.«
    »Da wäre trotzdem etwas, das ich Sie gern fragen würde. Etwas sehr Merkwürdiges. Vielleicht … vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber ich habe den Eindruck, dass mich alle schief ansehen.«
    » Schief? Wie meinst du das?«
    »Meinetwegen auch komisch, wenn Ihnen das lieber ist. Sie starren mich richtiggehend an. Obwohl ich Ihre Ratschläge beherzigt habe. Ich habe mich schlicht und unauffällig gekleidet und sehr zurückhaltend benommen. Es ist mir absolut unbegreiflich.«
    Fernand wirkte leicht verstimmt.
    »Hattest du das Gefühl wirklich bei allen?«
    »Was heißt schon alle … alle, die mir in der Bibliothek begegnet sind. Zunächst war da die Frau am Empfang. Danach Monsieur Copland. Als er mich sah, ist er zusammengezuckt, verstehen Sie? Er hatte sich sofort wieder in der Gewalt, aber es ist mir nicht entgangen. Anschließend die Blondine, die mich durch das Stockwerk geführt hat. Und vorhin auf der Straße, hier vor dem Haus, noch ein fremder Mann. Glauben Sie mir, das habe ich bestimmt nicht geträumt!«
    Fernand schwieg.
    »Habe ich womöglich etwas falsch gemacht?«, fragte ich nach einer Weile.
    »Das ist nicht weiter verwunderlich.«
    »Dass ich etwas falsch gemacht habe?«
    »Aber nein, Lila. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass man dich anstarrt. Schließlich bist du bemerkenswert.«
    » Bemerkenswert ?«
    Er zögerte kurz und wurde leicht rot.
    »Du ziehst die Blicke auf dich, Lila, weil du … weil du nun mal das bist, was man eine Schönheit nennt.«
    »Soll das ein Witz sein, Fernand?«
    »Bin ich vielleicht ein Witzbold?«
    »Stimmt, das hatte ich ganz vergessen. Sie machen nie Witze.«
    Fernand wandte den Kopf zur Seite und murmelte, ohne mich anzusehen:
    »Aus dir ist eine wunderschöne junge Dame geworden, Lila.

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