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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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überwacht. Es hatte sich herumgesprochen, dass Anton Keil eine geheime Liste angefertigt hatte, in der alle Namen der heimlichen Waffenhändler und bestechlichen Beamten eingetragen waren. Die Arbeit des öffentlichen Anklägers fand große Anerkennung bei den Franzosen und auch bei den Behörden der deutschen Staaten. So wagte kaum noch ein Gendarm, sein Gewehr zu verkaufen und seiner Dienststelle mitzuteilen, er hätte es verloren. Auch die Büchsenmacher wurden strenger kontrolliert.
    Jeden Überfall hatte Mathias mit Johann Müller durchgesprochen. Sie hatten sorgfältig alle möglichen Gefahren erwogen und Fluchtwege genau festgelegt. Nach diesen Plänen ging Johann Müller vor und war fast immer erfolgreich. Die Kumpane waren damit einverstanden, dass Mathias den Anteil eines Unterführers bekam.
    Bei dem ersten Raubzug, den Mathias wieder mitmachte, zeigte es sich, dass er den Strapazen noch nicht gewachsen war. Nachdem sie mit reicher Beute in Neuwied eingetroffen waren, erbrach er sich und musste die nächsten drei Tage in der Kammer liegen.
    Im Mai plante Johann, gemeinsam mit einigen Gefährten in den Taunus zu ziehen. Er wollte herausfinden, wie reich die Bauern und Händler in Hessen und Frankfurt waren. »Wenn es sich lohnt, hol ich dich!« Mathias drückte ihm die Hand, dann umarmte er den Freund.
    Er selbst blieb in der Herberge des Belz. Er hatte noch ausreichend Geld. In den folgenden Wochen übte er täglich seine Muskeln und schlug mit dem Säbel heftig auf einen Holzstamm im Hof der Herberge.

Juni – Juli 1799
    Anfang Juli kam ein Tagelöhner nach Neuwied und verbreitete die Nachricht in den Schlupfwinkeln und Herbergen, dass sich im Juli alle Gefährten in Schubbach, zwei Wegstunden vor Limburg, treffen sollten. Es sei geplant, alle Banditen links und rechts des Rheins zu einer großen, schlagkräftigen Bande zusammenzuschließen. Wer das Treffen einberufen hatte, wusste der Tagelöhner nicht. Mathias war misstrauisch, trotzdem sagte er zu. Der Tagelöhner zog weiter, um auch den Gefährten in Essen, Münster und Wesel die Nachricht zu bringen.
    Mathias fühlte sich wieder so kräftig wie vor dem Überfall auf den Viehhändler von Steimel. Wenige Tage bevor er nach Schubbach abreisen wollte, ritt ein in schwarzen Samt gekleideter Mann in den Hof der Herberge. Er ließ sich von Belz nur vom Besten auftischen und bezahlte im Voraus. Er sprach nur französisch. Erst nachdem er gegessen und getrunken hatte, forderte er den Wirt in deutscher Sprache auf, sich zu setzen. Er schob ihm einen Taler hin. »Bei dir sollen tüchtige Marodeure wohnen?« Belz erhob sich: »Ich hol noch eine neue Flasche Branntwein.« Damit verließ er den Schankraum und berichtete Mathias und den Kumpanen hastig von dem seltsamen Gast.
    »Geht runter und setzt euch an die Tische rund um den Kerl«, sagte Mathias. »Ich komme nach und red mit ihm. Steckt eure Messer griffbereit in die Ärmel. Wenn ich laut ›Köln‹ sage, stechen wir ihn ab.«
    Mathias lud seine doppelläufige Pistole und schlich die Stiege hinunter in den Hof Er sah vorsichtig durch das erleuchtete Fenster der Schankstube. Seine Männer standen alle mit erhobenen Händen und mit dem Gesicht zur Wand gekehrt. Der schwarze Fremde hielt eine Pistole in der Hand und stapelte die Messer vor sich auf den Tisch zwischen Teller und Schüssel. Er stand mit dem Rücken zum Fenster. Mit dem Lauf seiner Pistole zerschlug Mathias die Scheibe. »Beweg dich, und du bist ne Leiche!«
    Langsam hob der Schwarze seine Pistole, bis der Lauf zur Decke zeigte. Mathias griff durch das zerbrochene Glas, öffnete das Fenster und stieg in den Schankraum. Schnell ging er auf den Rücken des Mannes zu und nahm ihm von hinten die Pistole aus der Hand. »Holt eure Messer, ihr Helden!«
    Einer der Männer starrte nachdenklich auf den vornehmen Fremden, sagte aber nichts.
    Der Schwarzgekleidete lachte: »Darf ich mich setzen?« Mathias nickte. Der Fremde setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Wer bist du?«, fragte er lächelnd. »Ich frag hier!« Mathias warf den Tisch mit der Schüssel und dem Teller um.
    »Aber mein Freund!«
    »Halt’s Maul!«, schrie Mathias. »Wer bist du?«
    Mit einer leichten Verbeugung stellte der Fremde sich vor: »Sicher hast du schon von mir gehört, ich bin Picard von Paris.«
    Der Mann, der bis jetzt den Fremden nur angestarrt hatte, rief: »Ich wusste es. Es ist der Picard. Das ist der Anführer bei dem Eupener Bruch gewesen. Ich war

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