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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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damit, mon cher Clément?», fragte eine schöne Frau mittleren Alters.
    «Er meint, dass dieser Mann uns entdeckt hat und wir jetzt alle in Gefahr sind, Liebste», antwortete der Mann mit den spitzen
     Zähnen.
    «Er darf natürlich keine Gelegenheit bekommen, etwas auszuplaudern.» Der Mann namens Clément verengte die Augen. «Ich optiere
     für Erhängen. Ein Schuss könnte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Was denken Sie, Monsieur de Serdaine? Sie sind schließlich
     der Soldat hier.»
    André starrte den feisten Mann ungläubig an, während Marie-Provence einen Schrei ausstieß.
    «Das könnt ihr doch nicht machen!» Sie stellte sich vor André. «Das werde ich nicht zulassen!»
    |178| «Als Christen sollten wir überlegen, ob es nicht eine andere Lösung gibt», wandte ein blonder Priester ein.
    «Vielleicht könnten wir ihn einige Zeit einsperren?» Die Augen der schönen Frau hafteten an Andrés nassen Hosen. Sie lächelte.
     «Nachdem wir ihn gewaschen haben natürlich. Neben meinem Zimmer gibt es einen kleinen Raum ohne Fenster, ich glaube   …»
    «Das kommt gar nicht in Frage, ma chère!», brauste der Mann mit den spitzen Zähnen auf.
    «Dieser Levallois wird zur Polizei gehen, und morgen schon liegen unsere Häupter hübsch beisammen im Massengrab von Picpus!»,
     tönte Clément.
    Langsam wurde es André zu bunt. «Warum um alles in der Welt sollte ich das tun?», rief er aus.
    Die kleine alte Frau, die als Erste hereingestürmt war, durchbohrte ihn mit Blicken. «Sie haben meine Karten durcheinandergebracht!»
    André schüttelte den Kopf. Unwillkürlich fiel er bei seiner Antwort in die altmodische förmliche Anrede ein: «Das tut mir
     sehr leid, Madame, aber   …»
    «Im Wald stehen Bäume genug. Wir müssen nur die Nacht abwarten», unterbrach ihn Clément.
    «Das ist das erste vernünftige Wort, das ich höre», urteilte Serdaine.
    Marie-Provence schrie auf. «Aber Vater!»
    Serdaine sah sie an. «Wir warten die Nacht ab. Erst werden wir den armen Constantin beerdigen. Dann entscheiden wir, was zu
     tun ist.»
    «Ich weiß einen guten Ort, wo er bleiben kann», nuschelte eine Alte, die bis dahin stumm geblieben war. Sie war die Einzige,
     die ein normales, einfaches Kleid trug. Ihre wässrigen Augen betrachteten ihn regungslos. «Ist ein bisschen schmutzig, aber
     das dürfte den Herrn kaum noch stören, so wie der aussieht. Hier macht er sowieso nur alles dreckig.»
    «Gut. Zeig es mir, ich bring ihn hin», befahl Serdaine. Mit einem geübten Griff drehte er André die Arme auf den Rücken. |179| Der verzog das Gesicht. «Lauf!», befahl Serdaine und schob ihn vorwärts.
    «André!», rief Marie-Provence. Sie eilte hinter ihm her. «Ich hole dich da raus, mach dir keine Sorgen!»
    André wandte sich ihr zu. «Er ist dein Vater?», fragte er nur.
    «Ja, natürlich ist er mein Vater!», rief Marie-Provence. «Was hast du denn gedacht?» Ihre Augen wurden größer. «Bist du mir
     deshalb gefolgt? Weil du dachtest, dass   …»
    André strahlte sie an. «Ich liebe dich!», rief er noch, dann bugsierte ihn ein kräftiger Stoß von Serdaine aus dem Raum.
     
    Als Serdaine die Leiter hochgezogen und die Falltür über André zugeklappt hatte, sah der sich ernüchtert um. Jetzt, da er
     von Marie-Provence getrennt war und das triumphale Gefühl der Erkenntnis verebbte, dass Serdaine ihr Vater war, wurde eine
     hässliche Stimme in ihm laut, die bisher vom Klopfen seines Herzens übertönt worden war – eine Stimme, die ihm sagte: Du steckst
     in ernsthaften Schwierigkeiten.
    Er griff nach dem Öllämpchen, das ihm gnädigerweise überlassen worden war, und machte sich daran, sein Gefängnis zu erkunden.
     Ein Loch – anders konnte man diesen Raum wohl kaum bezeichnen. Er befand sich unter dem ersten der Keller, die er sich vorhin
     flüchtig angesehen hatte. Schwarzschimmernde Brocken übersäten den Boden. Anscheinend wurde hier früher einmal die Kohle aufbewahrt.
     Inzwischen aber diente der Raum wohl eher als Gerümpelkammer. Die ausladende Holzklappe, durch die André in sein Gefängnis
     gelangt war, lag in unerreichbarer Höhe über ihm. Zwar war sie morsch und löchrig, doch sie befand sich so hoch oben, dass
     Serdaine sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, die Klappe zu sichern.
    André dachte an Marie-Provence und an ihr Versprechen, ihm zu helfen. Sie war eine mutige Person, doch die anderen waren André
     nicht wohlgesinnt. Sie würde keinen leichten |180| Stand haben. Wer waren

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