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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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Opfer des Despotismus nur eine Handvoll Fälscher, Verrückte und Sittenstrolche
     aus den überwiegend leerstehenden Kerkern befreit.
    «Die Polizei-Archive sind nach der Erstürmung systematisch geplündert worden», nickte Poura. «Zwar wurde etliches von den
     Behörden in Privathaushalten wieder eingesammelt, andere geheime Dokumente jedoch, wie diese Karte hier, blieben verschollen.»
     Die Männer in der Runde lächelten still.
    «Noch verstehe ich nicht, was die Bastille mit der grande tour du Temple zu tun hat», meinte Marie-Provence.
    «Nun, Mademoiselle, die grande tour wurde von den Tempelrittern im dreizehnten Jahrhundert erbaut», erklärte der Alte. «Die
     Bastille keine hundert Jahre später. Es schien damals naheliegend, die beiden Bauten, die Schatzkammer des Königreiches und
     die Trutzburg, mit einem unterirdischen Gang zu verbinden.»
    «Ein Gang, durch den man den König von seinem Gefängnis aus direkt zu den Toren der Stadt führen könnte?», fragte Marie-Provence
     schnell. Das hieße, dass Andrés Hilfe gar nicht gebraucht würde!
    «Das wäre eine saubere Lösung gewesen», sagte ihr Vater. «Wenn es so einfach gewesen wäre, hätten wir allerdings damals schon
     die Königsfamilie über diesen Weg befreien können. Doch die Bastille wurde bis auf den Sockel zerstört. Die Keller sind verschüttet,
     und was an ihrer Stelle steht, brauche ich niemandem zu erzählen.» Die Männer schnauften. Jeder kannte den Brunnen der Wiedergeburt.
     Das wenig geschmackvolle |219| Monument, das die Nation in Form einer Frau mit ägyptischer Kopfbedeckung darstellte, die in hohem Bogen Wasser aus ihren
     Brüsten spritzen ließ, bot nicht nur Royalisten Anlass zum Spott. «Die Stadt hat sich im Laufe der Jahrhunderte ständig verändert.
     Es sind Paläste, Klöster und Adelshäuser errichtet worden und Abwasserkanäle entstanden. Die Gänge, die hier vermerkt wurden,
     sind längst nicht alle erhalten – oder derart verändert, dass sie uns nichts mehr nutzen. Dennoch könnte diese Karte viel
     wert sein: Wir hegen nämlich die Hoffnung, dass der letzte Abschnitt des Ganges, derjenige, der durch den Temple führt, noch
     existiert.»
    Marie-Provence hob die Brauen. «Weshalb sollte gerade dieser Teil erhalten geblieben sein?»
    Der Journalist Saison klopfte auf den Tisch. «Zwar wurde im Areal des Temple in den letzten Jahren etliches umgebaut, aber
     bis zur Ankunft der königlichen Familie sind die grande und die petite tour unberührt geblieben. Und selbst die baulichen
     Veränderungen, die aus den Türmen ein Gefängnis gemacht haben, waren nur oberflächlich.»
    «Und wo befinden sich Eingang und Mündung dieses Ganges?», fragte Marie-Provence.
    Baron de Batz verzog den Mund. «Das, Mademoiselle, ist genau die Frage.»
    ***
    «Wo, bitte sehr, geht es zur maison de la couche, Bürger?», fragte Rosanne. Wie betäubt betrachtete sie den Strom der Menschen
     und Wagen, der auf der rue du Faubourg Saint Honoré an ihr vorbeizog. Der Schweiß lief ihr den Rücken hinunter. Inzwischen
     verzichtete sie darauf, die pochende Stelle auf ihrer Wange unter der Krempe des Strohhütchens zu verbergen. Den Staub ihrer
     Kleidung und den großen Riss, der ihr Rock beim Sturz in den Graben davongetragen hatte, konnte sie schließlich auch nicht
     verstecken. Sie wollte nur noch eines: ankommen.
    |220| «Ist nicht schwer zu finden. Immer in Richtung Tuileries und Louvre, dann gleich über den Pont-Neuf auf die île de la cité
     und dann auf die Kathedrale zuhalten. Was willst du denn da?», fragte der Mann.
    Rosanne antwortete nicht, sondern klatschte laut auf das Hinterteil des Maultiers.
    ***
    «Wir haben damals das Vorhaben aufgegeben, die Königsfamilie durch den geheimen Zugang zu befreien, weil wir nicht wussten,
     wo die Einlässe sind», erklärte Guy de Serdaine. «Die Person, die die Geheimgänge aufgezeichnet hat, ist aufgrund der Brisanz
     der Information sehr vorsichtig vorgegangen: Sie verteilte die Hinweise auf zwei Karten, die Karte des Untergrundes, die uns
     hier vorliegt, und eine zweite – eine Karte der Oberfläche der Stadt, die mit dieser hier korrespondiert und auf der die Ausgänge
     vermerkt sind.» Er schüttelte den Kopf. «Leider ist diese Karte verschollen.»
    «Sie
war
verschollen, mon cher chevalier», berichtigte Assmendi lächelnd. «Während Ihrer Abwesenheit sind wir der Sache auf den Grund
     gegangen. Wir wissen jetzt, dass die Archive der Polizei nach ihrer Bergung

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