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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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oben zu kommen. Also landen sie hier. Aber die Politik verändert einen, Belknap. Das ist ganz unvermeidlich.«
    »In vielen Fällen zum Schlimmeren.«
    »In vielen Fällen, gewiss.« Der Senator setzte sich etwas anders hin, und Belknap glaubte, ihn schmerzlich zusammenzucken zu sehen. »Aber was wir tun, was wir letztlich sind, ist weniger eine Frage des Charakters als der Umstände. Das habe ich nicht immer geglaubt. Aber ich glaube es jetzt. Nehmen wir zum Beispiel Winston Churchill. Er war ein großer Mann. Unglaublich talentiert wäre er immer gewesen, auch wenn der Lauf der Geschichte sich anders entwickelt hätte. Aber er war groß, weil die Umstände etwas erforderten, das er in so reichem Maß besaß. Er hat
Deutschland richtig eingeschätzt. Aber er hat Indien falsch gesehen und nie begriffen, dass die britischen Kolonien unabhängig sein wollten. Dieselbe Zielstrebigkeit, die ihn in einem Fall vor Ausflüchten und Beschwichtigungsversuchen bewahrt hat, hinderten ihn in einem anderen an Zugeständnissen und gerechten Kompromissen. Aber ich muss mich entschuldigen. Ich doziere wieder einmal, nicht wahr?«
    »Das machen Sie gut.«
    »Ein Berufsrisiko, sonst nichts. Hören Sie, man kann darüber streiten, ob die Geheimdienstreform mein Deutschland oder mein Indien ist, und ich gebe nicht mal vor, ein Churchill-Verschnitt zu sein. Aber man kann nicht leugnen, dass es hier Probleme gibt. Manche der Leute, die die Geheimdienste beaufsichtigen sollten, lassen sich von ihnen so einwickeln, dass sie zuletzt keine Probleme mehr sehen. Bei mir war das anders: Je mehr ich erfahren habe, desto besorgter bin ich geworden. Denn unter den Balken gibt’s Termitenfraß und jede Menge Fäulnis. Und wir können das Haus immer wieder streichen, aber solange wir nicht zu einer Renovierung von Grund auf bereit sind, sind wir selbst ein Teil des Problems.«
    »Trotzdem, warum Sie?«, fragte Belknap hartnäckig.
    Auch Sutton beobachtete seinen Boss erwartungsvoll, als sei er auf seine Antwort gespannt.
    Senator Kirk lächelte, aber sein Blick blieb ernst. »Wer, wenn nicht ich?«
     
    Belknap hatte das Büro des Senators verlassen und war auf halbem Weg zu den Aufzügen, als er merkte, dass etwas nicht in Ordnung war. Woher? Das hätte er nicht sagen können. Die Wahrnehmung kam aus seinem Unterbewusstsein.
    Das Hart Senate Office Building war um einen zentralen Innenhof herum erbaut, an dem auf zwei Seiten Gruppen von Aufzügen lagen. Belknap verließ die Duplex-Suite. Er sah flüchtig
das Calder-Mobile. Aber das war’s nicht, was seine Aufmerksamkeit erregte. Wie Fingerspitzen die kleinste Unebenheit auf einer glatten Oberfläche ertasten können, nahm das geübte Auge eines erfahrenen Agenten vergleichbare optische Veränderungen wahr. Die Anwesenheit von vier bewaffneten Nationalgardisten im Foyer, in dem zuvor nur zwei Wache gehalten hatten. Die Männer, die in mehreren Stockwerken am Geländer zum Innenhof standen – nur auf den ersten Blick Zivilisten, auf den zweiten Blick Geheimagenten. Das etwas zu weite Sakko, der allzu wache Blick, die demonstrative Bewunderung des riesigen Mobiles von Calder …
    Kalte Angst erfasste Belknap. Er sah zwei Männer, ebenfalls in Zivil, durch die Drehtür am Haupteingang hereinkommen. Sie bewegten sich nicht wie Zivilisten: Sie marschierten im Gleichschritt, meldeten sich nicht am Empfang, gingen nicht zu den Aufzügen. Sie waren nicht zu Besuch hier, sondern nahmen vereinbarte Positionen ein.
    Also ein Fahndungsnetz. Eines, das noch im Entstehen war.
    Hatte Senator Kirk oder sein Stabschef also doch die Sicherheitskräfte alarmiert? Das konnte er nicht glauben. Keiner der beiden hatte die geringste Aufregung oder Anspannung erkennen lassen; das hatte niemand in der Bürosuite getan. Also musste es eine andere Erklärung geben. Der Agent nahm an, dass es eine visuelle Identifizierung gegeben hatte – aber sein Ziel im Gebäude war den Fahndern offensichtlich nicht bekannt. Also musste er schon im Foyer identifiziert worden sein. Sie wussten, dass er im Gebäude war, aber sie wussten nicht genau, wo. Wollte er ihrem Netz irgendwie entkommen, würde er diese Tatsache berücksichtigen und ausnützen.
    Und das möglichst bald – seine Chancen standen bereits schlecht und verschlechterten sich mit jeder Minute weiter. Er stellte sich seine Position wie auf einem Luftbild vor. Den sechsten Stock des Hart Senate Office Buildings. Ein riesiger Parkplatz
auf der gegenüberliegenden

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