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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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vielleicht auch vier Agenten in Zivil. Keiner würdigte ihn eines zweiten Blicks; er wurde gesehen, aber nicht wahrgenommen; der Tarnanzug bot wirklich eine Art Tarnung, die allerdings nicht auf Unsichtbarkeit, sondern auf vermeintlicher Vertrautheit basierte.
    Eine Handvoll Leute betrat eine Aufzugskabine, um ins Erdgeschoss hinunterzufahren. Das war eine Gelegenheit: Belknap, der wieder impulsiv handelte, drängte sich in letzter Sekunde mit hinein.
    Neben ihm stand eine junge Frau, die sich halblaut mit einer anderen jungen Frau unterhielt: »Also frag ich: ›Wieso reden wir hier, wenn das deine Meinung ist?‹«
    »Nein! Das hast du nicht getan!«, antwortete die Freundin.
    Ein älterer Mann sprach mit einem jüngeren Mitarbeiter, beide offenbar Juristen, über irgendein Vorhaben, das »gestoppt werden muss, bevor es in den Vermittlungsausschuss kommt«.
    Belknap fühlte die Blicke einiger Zivilisten auf sich. Und er spürte die Gegenwart mindestens eines Mannes, der aus diesem Raster fiel: ein großer Kerl mit leicht abstehenden Armen, die auf Bodybuildermuskeln schließen ließen. Er hatte kurzes rotes Haar und einen fast gleichfarbenen Teint, sodass er aus einiger Entfernung kahl aussah. Sein Oberhemd trug er anscheinend nicht oft:
Der Kragen war etwas zu eng, denn den obersten Knopf unter der Krawatte musste er offen lassen. Der Mann – ebenfalls ein Agent, das schien unzweifelhaft zu sein – starrte stoisch vor sich hin. Seine Kiefer bewegten sich langsam und rhythmisch; er kaute einen Kaugummi. Belknap, der hinter ihm stand, sah sein Gesicht als verschwommene Reflexion im Edelstahl der Kabinentür. Er blickte nicht auf; er wusste, dass die Aufzüge videoüberwacht wurden. In der Decke jeder Kabine war ein Weitwinkelobjektiv eingebaut, dem er keineswegs das Gesicht zuwenden durfte.
    In Gedanken stellte er sich das Foyer vor und versuchte, sich an seine Abmessungen zu erinnern. Wie weit war es vom Aufzug bis zum Hauptausgang? Etwa dreißig Schritte, vielleicht ein paar mehr. Das musste knapp zu schaffen sein.
    Belknap horchte auf die wenigen ruhigen Gespräche in der Kabine, während er die restlichen Sekunden zählte und sich dazu zwang, Ruhe zu bewahren. Ein elektronisches Ping! Die kleine LED neben der Stockwerksanzeige wechselte von Rot auf Grün, von Abfahrt zu Auffahrt.
    Die Kabinentür ging auf, und alle traten auf den polierten Schieferboden im Foyer des Hart Senate Office Building hinaus. Die Fahrt hatte ungefähr fünfzehn Sekunden gedauert; Belknap hatte schon Tage erlebt, die scheinbar rascher vergangen waren.
    Er hielt sich bewusst etwas zurück, um nicht zu riskieren, dass der Blick des muskelbepackten Agenten erneut auf ihn fiel. Schon ein flüchtiger Gedanke, ein augenblicklicher Zweifel – seine Haarlänge, die Kampfstiefel, kleine Unstimmigkeiten an der Uniform, seine Mitfahrt im Aufzug – konnte bewirken, dass das Spiel aus war. Aber der Rothaarige postierte sich in der Nähe einer Telefonzelle; also blieb ihm nichts anderes übrig, als an ihm vorbei weiterzugehen.
    Belknap marschierte weiter, hörte das leise Klatschen der schweren Stiefelsohlen auf dem glatten Steinboden und ließ den
Blick nach vorn gerichtet, als sei er zum gegenüberliegenden Gebäudeflügel unterwegs. Wer das Gebäude verlassen wollte, würde prüfend begutachtet werden. Deshalb würde er seine Absicht erst im letzten Augenblick verraten.
    Er machte fünfzehn Schritte. Achtzehn. Im Schutz seiner Uniform, die eine Tarnkappe darstellte, war er durch den nächsten Kordon aus Agenten gelangt, als ein Mann in einem braunen Anzug plötzlich einen Schrei ausstieß.
    »Das ist er!«
    Er zeigte auf Belknap, kniff dabei siegessicher die Augen zusammen.
    »Wo?«, hörte Belknap einen anderen Mann rufen.
    »Wer?«, fragte ein Nationalgardist laut und nahm sein Gewehr von der Schulter.
    Belknap stimmte in den Chor ein. »Wo?«, rief auch er und sah sich um, als habe der Mann im braunen Anzug nicht auf ihn, sondern auf jemanden hinter ihm gezeigt.
    »Wo?«, wiederholte er laut.
    Das war eine schlichte, unkomplizierte List, die ihm nur wenige Sekunden Zeitgewinn verschaffen würde. Aber wenn nur Sekunden erhältlich waren, würde er eben Sekunden nehmen. Die Station des Sicherheitsbeamten im Foyer war nur wenige Meter von ihm entfernt. Die bekannte Arroganz von Geheimdienstlern machte es wahrscheinlich, dass der Mann nichts von dem laufenden Unternehmen wusste. Diese Tatsache wollte Belknap ausnützen. Er wandte sich an den

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