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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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unterwegs?«
    »Ins Tal der Verzweiflung«, antwortete Belknap.
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte Sachs.
    »Sehen Sie auf der Karte nach.«
    »Das ist kein Witz«, sagte Walt seufzend. Nach zehn Stunden Flug – sie waren in San Juan in eine kleine Propellermaschine umgestiegen – fühlten sie sich beide schmutzig und erschöpft.
    »Privex ist in Roseau«, stellte der IT-Mann fest.
    »Falsch. Das ist nur eine Postfachadresse. Die Einrichtung, zu der wir wollen, liegt knapp oberhalb des Dorfs Morne Prosper.«
    »Woher wissen Sie das überhaupt?«
    »Walt, mein Freund, das ist mein Beruf. Ich bin ein Finder. Privex liegt auf der Leeseite des Berges, weil es nicht nur auf das Glasfasernetz der Insel angewiesen ist. Es hat auch eine Gruppe von Satellitenantennen, die Internetübermittlungen vom Himmel holen.«
    »Aber wie …«
    »Weil Lieferungen nötig sind. Die Router und Server, die Schalter und Verteiler – alle diese Bestandteile der ganzen Informationsarchitektur  – müssen regelmäßig erneuert werden. Sie halten nicht ewig.«
    »Verstanden. Liefert ECM also Ersatzteile für das Kommunikationssystem, muss jemand sie dort hinausschaffen. Was die Telecom-Leute als das Letzte-Meile-Problem bezeichnen.«
    »Tatsächlich Cisco. Dort wird die ›Catalyst 6500 Series Supervisor Engine‹ eingesetzt.«
    »Aber woher …«
    »Woher ich das weiß? Ich hab’s nicht gewusst. Also habe ich eine für sie bestellt. Ich habe die führenden Hardwareproduzenten angerufen, ihnen erzählt, dass ich von Dominica aus telefoniere, ihnen die Postfachadresse genannt und versucht, für eine halbe Million Dollar Server und ähnliche Geräte zu bestellen. Bei Cisco bin ich fündig geworden. Um es kurz zu machen: Ich habe herausbekommen, dass das Zeug mit einem Hubschrauber nach Dominica geliefert worden ist. Also habe ich bei dem Hubschrauberunternehmen angerufen.«
    »Und so haben Sie die Adresse erfahren.«
    »Um es kurz zu machen«, wiederholte Belknap.
    »Unglaublich.«
    »Das ist wie gesagt mein Beruf.«
    »Wo liegt die Einrichtung gleich wieder?«
    »Hoch über dem Roseau-Tal.«
    »Daher der Jeep«, sagte Walt. »Um auf den Berg hinaufzufahren.«
    »Wir gehen zu Fuß. Das ist sicherer. Ein Jeep im Dorf würde Neugierige anziehen. Dann wär’s schwieriger, die Anlage zu erreichen.«
    »Das heißt vermutlich, dass ein Hubschrauberflug erst recht nicht infrage kommt. Jessas! So war dieser Trip nicht angepriesen.«
    »Auch nicht als Kreuzfahrt«, knurrte Belknap. »Sorry. Sie können später Ihr Geld zurückverlangen.«
    »Ach, Unsinn. Hören Sie, ich bin besser drauf, sobald ich geduscht und gegessen habe.«
    »Fällt aus«, sagte Belknap. »Dafür ist keine Zeit.«
    »Sie scherzen«, sagte Walt und fuhr sich mit einer Hand durch sein grau meliertes braunes Haar. Sein Blick wirkte noch irritierter als sonst, als er Belknap prüfend anstarrte. »Sie … scherzen nicht.«
    Zwanzig Minuten später versteckte Belknap den Jeep in einem Wäldchen aus Annonen, deren dichtes immergrünes Laub das Fahrzeug wirkungsvoll tarnte. »Ab hier geht’s zu Fuß weiter.« Die warme Feuchtigkeit schien sie wie laues Badewasser zu überfluten, als sie auf dem elastisch-nachgiebigen Boden ausstiegen.
    Belknap sah nochmals auf seine Uhr. Die Zeit wurde wirklich knapp: Andreas Leben stand auf dem Spiel. Genesis konnte sie jeden Augenblick ermorden lassen.
    Falls sie nicht schon ermordet war.
    Belknaps Magennerven verkrampften sich; an diese Möglichkeit durfte er nicht einmal denken. Er musste handlungsfähig bleiben.
    Warum hatte Genesis sie entführen lassen? Vielleicht weil sie etwas wusste – irgendeine Einzelheit, deren Bedeutung sie selbst gar nicht erkannte. Oder vielleicht – ein Gedanke, der hoffnungsvoller
stimmte – bewies ihre Entführung, wie verzweifelt Belknaps unsichtbarer Gegner inzwischen war. Aber wo steckte sie jetzt? Was hatte Genesis mit ihr vor? Belknap weigerte sich, an die albtraumhaften Szenarien zu denken, für die Genesis berüchtigt war. Er musste sich dazu zwingen, in der Gegenwart zu bleiben. Nur die nächsten paar Stunden heil zu überstehen würde schwierig genug sein.
    Immer einen Fuß vor den anderen.
    Das Gelände war stellenweise sumpfig, an manchen Stellen schlammig, glitschig und wurde stetig steiler. Aus Erdspalten strömte ein schwefliger Geruch. Seildicke Lianen hingen über den Weg. Dreißig Meter hohe Urwaldriesen bildeten ein dichtes Kronendach; das Sonnenlicht gelangte kaum bis zum Waldboden.

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