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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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klagten, und Andrea verstand sich meisterhaft darauf. Die cremeweiße Seidenbluse, die sie für dreißig Dollar bekommen hatte? Suzanne Muldower war perplex gewesen; sie hatte eine praktisch identische Bluse bei Talbot’s für hundertzehn gesehen. Jetzt befingerte Andrea die Stoffe wehmütig, wie sie manchmal in ihrem High-School-Jahrbuch blätterte: amüsiert und ein wenig verlegen darüber, wer sie einst gewesen war: die Anmaßung, die Unschuld, die Sommersprossen.
    Suzanne Muldower – seit ihrem elften Lebensjahr ihre älteste Freundin – traf als Erste ein. Die Einladung war sehr spät gekommen, aber Suzanne hatte nicht viel absagen müssen: nur ein Date mit ihrer Mikrowelle und ihrem DVD-Player, wie sie ehrlich zugab. Melissa Pratt – eine gertenschlanke Blondine mit dem Zynismus einer Großstädterin, der Andrea nicht immer gefiel, und allmählich schwindenden Hoffnungen auf eine Bühnenkarriere  – traf wenige Minuten später mit ihrem Freund ein, mit dem sie seit acht Monaten zusammen war. Jeremy Lemuelson war ein rundlicher kleiner Bauingenieur aus Hartford, der zwei gut erhaltene Stratocaster besaß und sich für eine Art Künstler hielt, weil er in seiner Freizeit ein bisschen malte.
    Sie hatte ihre Freunde gewarnt. Das Abendessen war nichts Besonderes: ein Topf Fettucine mit Pesto aus dem Laden, einige Beilagen, die sie im Carlyle Market fertig zubereitet gekauft hatte … und eine große Flasche Vouvray.
    »Okay, wo brennt’s also?«, fragte Suzanne, nachdem sie die Pasta gekostet und in höchsten Tönen gelobt hatte. »Du hast gesagt,
dass du heute Abend was zu feiern hast.« Sie wandte sich an Melissa. »›Überlass das Urteil darüber mir‹, habe ich ihr geraten.«
    »Brent hat dir einen Ring gekauft, stimmt’s?«, warf Melissa ein. Sie bedachte Suzanne im Voraus mit einem siegessicheren Ich-hab’s-dir-doch-gesagt-Blick.
    »Brent? Bitte.« Andrea schüttelte mit zusammengekniffenen Augen lächelnd den Kopf. Melissa und sie hatten sich im Studentenwohnheim ein Zimmer geteilt, und Melissa hatte schon damals schwesterlichen Anteil an Andreas romantischen Erfolgen und Misserfolgen genommen.
    »Du bist befördert worden?« Jetzt war wieder Suzanne an der Reihe.
    »Bei dir ist was unterwegs?« Melissa machte ein besorgtes Gesicht.
    »Nein, aber das Knoblauchbrot sollte fertig sein«, sagte Andrea. »Riecht gut, nicht wahr?« Sie hastete in die Küche hinaus und kam damit zurück – bereits etwas knuspriger als ideal.
    »Ah, ich weiß! Du hast im Lotto gewonnen.« Das war Jeremys spöttischer Beitrag. Er hatte beide Backen voll wie ein Hamster.
    »Fast getroffen«, erklärte Andrea ihm.
    »Okay, altes Mädchen, raus damit!« Suzanne griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand und drückte sie kurz. »Spann uns nicht länger auf die Folter.«
    »Ich kann’s kaum noch ertragen«, stimmte Melissa ein. »Los, raus damit!«
    »Nun, die Sache ist …« Andrea betrachtete die drei erwartungsvollen Gesichter um sich herum. Die Sätze, die sie sich zurechtgelegt hatte, erschienen ihr auf einmal peinlich angeberisch. »Die Sache ist, dass die Bancroft-Stiftung beschlossen hat, mich … mich anzusprechen. Ich soll Mitglied des Stiftungsrats werden.«
    »Klasse!«, rief Suzanne schrill.
    »Kriegst du dafür Geld?«, fragte Jeremy und rieb sich eine Hornhaut am rechten Zeigefinger.
    »Tatsächlich gibt’s welches«, sagte Andrea und dachte: zwölf Millionen Dollar!
    »Und weiter?« Ein sanftes Anstupsen.
    »Die Entlohnung ist sehr großzügig. Es gibt ein Honorar für die Teilnahme an den Sitzungen und …« Ihre Stimme wurde leiser und versagte, weil Andrea sich innerlich Vorwürfe machte: Wie unecht das alles klang! »Ach, Scheiße, ich will nicht lange drum herumreden. Ich bekomme …«
    Die Worte wollten nicht heraus. Sie konnte sie nicht aussprechen. Sobald sie das tat, würde nichts mehr wie früher sein. Das hatte sie nicht bedacht. Aber jetzt nichts zu sagen – vor allem wenn ihre Freunde es später doch erfuhren –, hätte ihre Freundschaft zerstört. Nicht zum ersten Mal hatte Andrea das Gefühl, an der Zahl ersticken zu müssen. »Hört zu, sagen wir einfach, dass es verrückt viel Geld ist, okay?«
    »Verrückt viel Geld«, wiederholte Suzanne ironisch. »Wäre das mehr, als in einen Brotkasten passt?«
    »Ist das eine dieser ›Ich könnte’s dir sagen, aber dann müsste ich dich umbringen‹-Situationen?«, warf Melissa ein. Sie hatte einmal als Gast, also auf eine einzige Folge

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