Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
stimmt’s?«
    »Was wissen Sie von meinen Eltern?«
    »Ich habe erst gestern mit ihnen gesprochen. Sie machen sich Sorgen um Sie.«
    »Sie haben mit ihnen gesprochen«, wiederholte sie tonlos.
    »Genau wie Sie. Nur dass Sie ihnen nichts als Lügen vorsetzen. Nicht genau die Tochter, die sie zu haben glauben.«
    »Was wissen Sie von ihnen – oder von mir?«
    »Ihre Eltern sind gute, vertrauensvolle Leute. Die Art Leute, die von Ihnen ausgenutzt wird.«
    »Wie können Sie’s wagen , über mich zu urteilen?«, fauchte die Italienerin. »Was ich tue, tue ich für sie!«
    »Gehört dazu auch der Mord an Chalil Ansari?«
    Die junge Frau wurde blass. Sie ließ sich in den blauen Samtsessel sinken und sprach mit ruhiger Stimme weiter. »Sie haben mir dafür viel Geld versprochen. Meine Eltern haben ihr Leben lang schwer gearbeitet, und was können sie sich heutzutage leisten?
Sie haben gesagt, wenn ich diesen Auftrag übernehme, würde ich ihnen bis an ihr Ende ein Luxusleben finanzieren können.«
    »Sie?«
    »Sie«, wiederholte die junge Frau trotzig.
    »Und das Geld sollte bestimmt auch für Sie reichen. Aber wo hat man Sie letztlich hingebracht?«
    »Nicht an einen Ort wie diesen«, sagte Lucia leise. »Sie haben ihr Versprechen nicht gehalten. An keinen für Menschen geeigneten Ort. Sogar für Tiere zu schlecht.«
    Sie schien bestürzt darüber zu sein, dass »sie« ihr Versprechen nicht gehalten hatten. Aber Belknap wunderte sich noch mehr darüber, dass sie die junge Frau überhaupt am Leben gelassen hatten. Wieso waren sie so zuversichtlich, dass Lucia schweigen würde? »Das hat Sie überrascht?«, fragte er ruhig.
    Sie nickte grimmig. »Ich solle erst mal nach Dubai fliegen, sagten sie, damit die Aufregung sich lege. Dass ich für einige Zeit von der Bildfläche verschwinden solle. Um meiner Sicherheit willen. Ich kam an, und sie sagten mir, dass ich arbeiten muss. Ich muss mir meinen Lebensunterhalt verdienen. Sonst werde ich auf die Straße gesetzt oder umgebracht. Kein Geld. Keine Papiere.«
    »Sie waren eine Gefangene.«
    »Nach dem ersten Tag holten sie mich aus dem Hotel ab. Sie brachten mich in dieses … magazzino , dieses … Lagerhaus. Am Stadtrand von Dubai. Sie sagten, dass ich tun muss, was die Kunden von mir verlangen. Keiner darf sich jemals beschweren, sonst …« Sie verstummte: ein Opfer sexueller Sklaverei, das sich bemüht hatte, die ihm aufgezwungene Erniedrigung zu verdrängen. »Aber sie sagen, dass ich nach einem Jahr meiner Wege gehen kann. Nach einem Jahr, sagen sie, setzt Lucia ihre Entschädigung selbst fest. Und hat lebenslänglich ausgesorgt. Wir alle drei.«
    »Ihre Eltern und Sie«, sagte Belknap. »Für den Rest Ihres Lebens ausgesorgt, hat man Ihnen versprochen. Und das haben Sie geglaubt?«
    »Wieso denn nicht?«, fragte die junge Italienerin temperamentvoll. »Was sollte ich sonst glauben?«
    »Als Sie den Auftrag erhalten haben, Ansari zu vergiften, hat Ihnen niemand gesagt, dass Sie als Luxusnutte enden würden, nicht wahr?«
    Ihr Schweigen bedeutete Zustimmung.
    »Man hat Sie schon einmal belogen. Glauben Sie wirklich, dass Sie diesmal nicht belogen werden?«
    Lucia Zingaretti schwieg, aber er sah die widerstreitenden Empfindungen auf ihrem Gesicht.
    Belknap konnte sich gut vorstellen, was hier abgelaufen war. Das war ein Phänomen, das in Organisationen auftrat, die in Zellen unterteilt waren, die jeweils eigene Bedürfnisse hatten. In Dubai besaß die Schönheit der jungen Frau einen großen Wert für die Leute, die reiche Touristen mit sexuellen Dienstleistungen versorgten. Außerdem war Lucia nur ein Dienstmädchen: Viele Araber würden denken, solch ein Mädchen sei ohnehin eine scharmuta . Noch konnte sie ein paar Forderungen stellen, wie sie selbst zugegeben hatte: »Sie« wussten, was sie getan hatte. Durch ihre Tat standen nicht sie in ihrer Schuld, wie Lucia angenommen hatte; stattdessen befand sie sich in ihrer Gewalt.
    »Und Sie decken trotzdem ausgerechnet diese Leute, die Sie zu einem Leben in sexueller Erniedrigung zwingen?«
    »Von Ihnen muss ich mir nicht sagen lassen, was degradazione ist.« Lucia Zingaretti machte einen Schmollmund und stand unwillig auf. »Nicht von Ihnen.«
    »Sagen Sie mir, wer sie sind«, verlangte Belknap ruhig.
    »Sie dürfen sich hier nicht einmischen.«
    »Sagen Sie mir, wer sie sind«, wiederholte er drängender.
    »Damit ich aus ihren Klauen in Ihre gerate? Ich denke, ich lasse es lieber darauf ankommen. Ja, ich lasse es

Weitere Kostenlose Bücher