Die Bank
er sich herum und tut, als durchsuche er noch einmal die Küchenschränke. Als Gillians Schluchzen nachläßt, kommt er wieder zu uns ins Wohnzimmer.
»Wer hat Lust auf ein bißchen Fernsehen?« unterbricht uns Charlie. »Wir können …« Er bleibt stehen und tut überrascht. »Entschuldigung. Ich wollte nicht …«
»Schon gut«, sagt Gillian, richtet sich auf und reißt sich zusammen.
Was soll das? frage ich mit einem Blick. Ich weiß nicht, ob er eifersüchtig ist oder nur versucht, sie zu beruhigen, aber selbst ich muß zugeben, daß sie eine Ablenkung gebrauchen könnte.
»Komm schon«, sagt Charlie. Er hat seine Netter-Bursche-Stimme angeknipst und winkt uns zum Fernseher. »Schluß mit dem Herzschmerz, Zeit für Entspannung.«
Gillian schaut mich abwartend an.
»Eigentlich keine schlechte Idee«, stimme ich ihm zu. »Nur um sich mental den Mund auszuspülen …«
»Was du wieder redest«, meint Charlie und geht an uns vorbei. Er hüpft hoch und landet auf der Couch, die Beine schon auf dem Couchtisch gekreuzt. Gillian folgt mir ins Wohnzimmer und hält mit den Fingern meine Hand fest.
»Hier ist Platz für alle. Wir sind eine große, glückliche Familie«, spöttelt Charlie und greift nach der Fernbedienung. Er richtet sie auf das Fernsehgerät und drückt drauf, aber nichts passiert. Erneut drückt er, und wieder passiert nichts.
»Hast du auf Power gedrückt?« frage ich.
»Nein, ich habe Stummschaltung gedrückt, aber leider kann ich dich immer noch hören.« Er dreht die Fernbedienung herum und schiebt mit dem Daumen den Deckel vom Batteriefach hoch.
Er hebt eine Augenbraue und sieht Gillian an. Die Party ist vorbei. »Es ist leer.«
»Ach ja, richtig«, sagt sie. »Ich wollte neue reinlegen.«
»Mach dir keine Umstände«, sage ich. »Charlie, sagtest du nicht, daß du im Schrank Batterien gesehen hast?«
»Allerdings«, erwidert er kalt. Sein Blick ist unverwandt auf Gillian gerichtet. »Es gibt eine ganze Werkzeugkiste voller Batterien in allen Größen.«
Ich bin im Schrank fündig geworden und komme mit einer Handvoll neuer Batterien zurück. Gillian hat das Fernsehgerät bereits per Hand angeschaltet, aber Charlie ist immer noch auf die Fernbedienung konzentriert. Er schiebt Batterien hinein und drückt noch mal. Wieder passiert nichts.
»Vielleicht ist das Ding kaputt.«
»In diesem Haus?« fragt Gillian ungläubig. »Dad hat immer alles repariert.«
»Gib mal her«, sage ich zu Charlie und setze mich auf den Rand des Couchtischs. Zeit für einen Trick, den ich bei meinem Walkman häufig benutzt habe. Ich nehme die Batterien wieder heraus, hebe die Fernbedienung an meine Lippen und blase kräftig in das leere Batteriefach. Zu meiner Überraschung höre ich ein schnelles Flattern, wie wenn man kräftig gegen einen breiten Grashalm oder gegen den Rand eines Blatts Papier bläst.
Charlie legt langsam den Kopf schief. Ich weiß genau, was er denkt.
»Vielleicht ist sie tatsächlich kaputt«, meint Gillian.
»O nein«, widerspricht Charlie. Er hat wieder diesen mißtrauischen Ausdruck im Gesicht, als habe er etwas von Bedeutung entdeckt. »Gib sie mir!« verlangt er.
Ich bin jedoch schon einen Schritt weiter. Ich stecke zwei Finger in das Batteriefach und taste nach dem Gegenstand, der dieses Geräusch verursacht haben könnte. Da ist nichts.
Charlie ist aufgesprungen und beugt sich aufgeregt über mich. »Brich das Teil auf!«
Gillian schüttelt den Kopf. »Glaubt ihr, daß er …«
»Brich es auf!« wiederholt Charlie.
Ich habe noch meine Finger im Batteriefach und reiße an der Rückseite der Fernbedienung. Sie gibt nicht nach. Die Hebelwirkung reicht nicht.
»Hier.« Charlie wirft mir einen Bleistift vom Tisch zu. Ich stecke ihn ins Batteriefach und ziehe fest an dem Hebel. Es knackt, Plastik bricht, und die ganze Rückseite der Fernbedienung landet in Gillians Schoß.
»Das ist ja eine echte Überraschung!« ruft Charlie.
Ich weiß zunächst nicht, wovon er redet, doch dann sehe ich nach unten. In der Fernbedienung klemmt ein Blatt Papier zwischen zwei Heftklammern. Es ist so fest und eng zusammengefaltet, daß es die Länge und Breite einer abgeflachten Zigarette hat. Der Secret Service hat sicherlich in allen Ecken und Winkeln nachgeschaut, aber sie sind bestimmt nicht hierhergekommen, um fernzusehen.
Gillian steht vor Verblüffung der Mund offen.
»Was ist es?« will Charlie wissen.
Ich drücke das Papier mit der Bleistiftspitze heraus. Mit einem leisen Rascheln
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