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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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kriegt sie mich rum. Wenn sie uns hätte schaden wollen, wären Gallo und DeSanctis schon vor Stunden hier gewesen. Statt dessen hatten wir einen vollkommen friedlichen Tag. Und von nun an bringt sie sich selbst immer mehr in Gefahr, je länger sie bei uns bleibt. Aber das kümmert sie nicht. Sie will die Wahrheit über ihren Vater erfahren. Ich kritzele meinem Bruder eine kurze Notiz auf einen Zettel und überzeuge mich mit einem Blick, daß er noch schläft.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagt Gillian. »Er wird nie erfahren, daß du weggegangen bist.«
     
    Wir laufen am Hafen entlang, und ich muß ihr die Führung überlassen. In einer Stadt, in der sich alle damit brüsten, gesehen zu werden, hat sie den einzigen coolen Ort gefunden, wo niemand zusieht.
    »Ist dir das verlassen genug?« erkundigt sie sich, als unsere Schuhe über die Holzplanken des Jachthafens von Miami Beach dröhnen. Um uns herum herrscht tiefstes Schweigen auf den Kais. Am Strand zieht ein Wachmann seine Runden, aber ein freundliches Winken von Gillian genügt.
    »Kommst du oft her?« frage ich.
    »Würdest du das nicht tun?« Sie geht langsamer.
    Ich weiß nicht, was sie meint, bis sie auf das kleine weiße, verwitterte Fischerboot deutet, das am Kai schaukelt. Es reicht gerade für sechs Personen, hat zerschlissene Sitzkissen und einen Sprung in der Frontscheibe. Mit einem kurzen Schlenkern aus dem Fußgelenk schleudert Gillian ihre Sandalen ins Boot.
    »Ist das dein Schiff?« frage ich.
    »Dads letztes Geschenk«, erwidert sie stolz. »Selbst gottlose Ingenieure wissen die Majestät eines gefangenen Fisches bei Sonnenuntergang zu schätzen.«
    Als sie die Leinen löst, beobachte ich, wie ihre dünnen Arme im Mondlicht glänzen. Es sieht irgendwie vornehm aus. Ich springe, ohne zu zögern, in das Boot. Gillian läßt den Motor an und umfaßt locker und trotzdem sicher das Steuerrad. Es mag vier Uhr morgens sein, aber es gibt noch majestätische Anblicke auf dem Meer.
     
    Wir verlassen den Jachthafen und biegen scharf nach links ab. Gillian ignoriert das Zeichen Keine Kielwasserwellen , gibt statt dessen Gas und läßt uns durch das Wasser pflügen. Die hüpfende Fahrt schleudert uns fast auf die Sitze, aber wir halten uns beide am Armaturenbrett fest und bemühen uns, auf den Beinen zu bleiben. »Wenn du nicht über der Windschutzscheibe bleibst, kannst du den Ozean nicht schmecken!« ruft sie über das Brummen des Motors. Ich nicke und lecke mir das Salzwasser von den Lippen. Als ich bei Greene & Greene angefangen habe, hat mich Lapidus mit seinem Privatjet nach St. Barts geflogen und mich auf die Privatjacht eines unserer Klienten mitgenommen. Dort erwarteten uns Weinproben, Thai-Massage und zwei Butler. Aber im Vergleich zu diesem Ausflug war das damals armselig.
    Dank eines Nebelscheinwerfers am Bug des Bootes können wir ein paar Meter durch die Dunkelheit sehen. Doch als der Mond sich hinter ein paar Wolken versteckt, ist es, als würde man mit aufgeblendeten Scheinwerfern durch ein Feld fahren. Das einzige, was wir sehen, sind die beiden parallel verlaufenden Landungsstege, die links und rechts von uns verlaufen. Eine Art Geländer, das uns auf den Ozean hinausführt.
    »Bereit, in den Magischen Bus zu steigen?« ruft Gillian, als wir die offene See erreichen. Ich erwarte, daß sie den Motor aufheulen läßt, statt dessen wird sie langsamer. Am Ende der Landungsstege biegt sie scharf nach links ab, um die Felsen herum, und stellt den Motor ab.
    »Was hast du vor?«
    »Das wirst du gleich sehen«, neckt sie mich und geht nach vorn ins Boot.
    Wir befinden uns ungefähr einhundertfünfzig Meter vom Ufer entfernt, aber ich höre immer noch das schwache Platschen der Wellen gegen den Strand.
    »Kann uns jemand sehen?« Ich spähe zu einem kaum sichtbaren Turm der Strandwache hinüber.
    »Jetzt nicht mehr«, erwidert Gillian und schaltet den Nebelscheinwerfer aus. Die Dunkelheit verschluckt uns schlagartig wie ein Loch.
    Ich suche nach einem sicheren Fixpunkt, und mein Blick richtet sich sofort auf die schrillen pinkfarbenen, himmelblauen und zitronengrünen Neonlichter, die auf den Dächern der Hotels des Ocean Drive leuchten. Sie sind weit weg, wie Landelichter am Tage.
    »Bist du sicher, daß das klug ist, was wir machen?«
    Als Antwort klatscht es am Bug, und das Boot schaukelt ein wenig. Das war der Anker.
    »Gillian …«
    Sie kommt wieder zum Heck, reißt die Polster von den Bänken, macht die Holzklappen auf und enthüllt den

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