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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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zu können. Deshalb haben sie mich ja überhaupt hier warten lassen. Wenn sie es mir hätten leichtmachen wollen, hätten sie mich durch den Eingang auf der Rückseite geschmuggelt und mich in dem Privatlift nach oben gebracht. Statt dessen ziehen sie lieber eine Show auf und erinnern mich daran, daß die Zeit meiner Fahrten im Privatlift vorbei sind.
    Der Höhepunkt des Gedränges naht, als Lapidus und Quincy endlich ihren Auftritt zelebrieren. Sie richten das Wort nicht direkt an mich. Alles wird von ihrem Anwalt erledigt, einem ekligen Moskito mit einer hohen Fistelstimme. Er erklärt mir, daß sie meinen letzten Gehaltsscheck so lange zurückhalten, bis die Untersuchung vollkommen abgeschlossen ist, daß die Beiträge zu meiner Krankenversicherung mit sofortiger Wirkung gekündigt sind, daß sie sofort gerichtliche Schritte unternehmen, wenn ich mich an einen derzeitigen oder ehemaligen Bankkunden wenden sollte. Als Dessert gewissermaßen servieren sie mir zuletzt noch die Nachricht, daß sie sich mit der Bankenaufsicht in Verbindung setzen werden, um dafür zu sorgen, daß ich in Zukunft nie wieder für eine andere Bank arbeiten darf.
    »Fein«, erwidere ich. »War’s das?«
    Der Anwalt schaut Lapidus und Quincy an. Beide nicken.
    »Wundervoll«, sage ich. »Dann ist das für Sie …« Ich werfe einen Briefumschlag auf den Tisch und schiebe ihn Lapidus zu. Er ist nicht beschriftet. Lapidus schaut den Anwalt an.
    »Keine Sorge, das ist keine Vorladung«, sage ich.
    Lapidus dreht ihn um und liest seine eigene, zerfetzte Unterschrift auf der Rückseite.
    Dieser Moment ist der einzige Grund, warum ich überhaupt hergekommen bin.
    Er öffnet den Umschlag und faltete seinen »Empfehlungsbrief« an die Business School auseinander.
    Ich wollte sein Gesicht sehen. Und ich wollte auch, daß er meine Gründe begreift.
    Sein Blick klebt auf dem Brief, und er weigert sich, mich anzusehen. Allein sein Unbehagen entschädigt mich für jede Sekunde, die ich hier gesessen habe. Er faltet das Papier zusammen, stopft es in den Umschlag zurück und geht schweigend zur Tür.
    »Wohin gehen Sie?« fragt Quincy.
    Lapidus antwortet nicht. Er und Quincy hatten vielleicht tatsächlich nichts mit dem Geld und den anderen Vorfällen zu tun, aber deshalb sind sie noch lange keine Engel.
    Das Treffen selbst dauert genau sechs Minuten. Vier Jahre, um sich ein Leben aufzubauen, das dann in sechs Minuten niedergerissen wird. Der Anwalt fordert mich auf zu warten, während sie meine Sachen einpacken.
    Als sie gehen, fällt die Tür hinter ihnen laut ins Schloß, und ich schaue durch das Glas in die Lobby. Die zwei Dutzend Angestellten sehen sofort wieder weg. Der bandagierte Schnitt in meinem Bauch schmerzt jedesmal, wenn ich mein Gewicht verlagere, und bei jedem Atemzug erinnert mich ein Stechen an meine gebrochene Nase. Aber dies hier schmerzt noch mehr.
    Auch fünfundzwanzig Minuten später hat sich nichts geändert. Der Zoo ist immer noch geöffnet. Ich nicke Jersey Jeff zu. Er übersieht es geflissentlich. Mary tritt aus dem Aufzug und weigert sich, auch nur meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe mich vier Jahre lang für die Partner ins Zeug gelegt, für die Klienten Geld gescheffelt und mich in jedes noch so winzige Detail vertieft, das die Bank mir hingeworfen hat. Aber in all den Jahren habe ich nicht einen einzigen Freund gewonnen.
    Ich versuche, nicht daran zu denken, und starre auf den Konferenztisch. Es ist derselbe Tisch, an dem ich neben meinem ersten Klienten saß, der Lapidus’ Aufmerksamkeit erregt hatte und der mich vom Erdgeschoß in den siebten Stock befördert hatte. Als ich heute das Muster des Tisches betrachte, fällt mir ein häßlicher Kratzer auf, der wie eine Narbe über die Mitte des Tisches verläuft. Vorher habe ich ihn nie bemerkt, aber ich wette, daß er schon immer da war.
    Schließlich bin ich das Warten leid und stehe auf, um zu gehen. Doch gerade als ich meinen Stuhl zurückgeschoben habe, klopft jemand an die Tür.
    »Herein«, sage ich, obwohl die Tür bereits aufschwingt.
    Eine vertraute Gestalt erscheint, die zwei Kartons trägt. Joey weiß nicht genau, was sie sagen soll. Sie kommt herein und stellt die Kartons auf den Tisch. In der einen sind meine Management-Bücher und meine Schreibtischlampe, die andere ist mit Knetmasse und dem Rest von Charlies Spielzeug gefüllt.
    »Man hat mich gebeten, Ihnen das zu bringen«, sagt sie. Ihre Stimme ist ungewöhnlich leise.
    Ich nicke und untersuche

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